Leopard 1-Panzer auf dem Truppenübungsplatz Klietz
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Leopard 1-Panzer auf dem Truppenübungsplatz Klietz

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Die Zeit drängt: Ukrainer im Intensivtraining auf Leopard 1

In nur sechs Wochen lernen ukrainische Soldaten, wie sie den deutschen Leopard 1 im Gefecht einsetzen können. Dann müssen sie mit dem alten Panzer in einen Krieg, der tödlich für sie enden kann. Den deutschen Ausbildern ist das sehr bewusst.

Über dieses Thema berichtet: Rundschau Magazin am .

Andreas Marlow steht auf einer mehrere Meter hohen Stahltribüne. Vor dem deutschen Generalleutnant öffnet sich der Blick auf eine der Schießbahnen des Truppenübungsplatzes Klietz in Sachsen-Anhalt.

Ausbildung auf einem alten Panzer

Der 60 Jahre alte General, selbst Offizier der Panzertruppe des Heeres, leitet den deutschen Teil der europäischen Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten. Rechts und links von der Tribüne, auf der Marlow mit anderen Offizieren und vielen Medienvertretern steht, haben insgesamt drei Leopard-1-Panzer Position bezogen.

Es sind Modelle des Typs A5. Die Bundeswehr bekam die ersten Leopard 1 ab 1965 und vor rund 20 Jahren musterte sie den Panzer aus. Er hätte nie gedacht, dass er den Leopard 1 noch einmal in der Gefechtsausbildung sehen werde, sagt Marlow.

Üben unter Gefechtsbedingungen

In den drei Panzern auf der Schießbahn sitzen nun jeweils vier ukrainische Soldaten. Die Panzerbesatzungen trainieren das gemeinsame Gefecht als sogenannter "Zug". Sie sollen Ziele koordiniert und abgestimmt bekämpfen. Die rund 42 Tonnen schweren Panzer rollen einige Hundert Meter durchs Gelände, dann klappen in der hügeligen Landschaft vor ihnen die ersten Zielscheiben auf.

Die Leopard-Panzer schießen, mal einzeln, mit Abstand, mal fast zeitgleich. Insgesamt geben sie 17 Schüsse aus den 105-Millimeter-Kanonen ab, 15 davon sind Treffer, wie die deutschen Ausbilder später anerkennend bilanzieren. Sie sind mit dem Übungsergebnis zufrieden – auch vor dem Hintergrund der aus Ausbildersicht nicht optimalen Rahmenbedingungen.

Panzertraining als Druckbetankung

Einige der ukrainischen Soldaten, die nach Klietz kommen, haben bereits Panzererfahrung, andere nicht. Mit einem westlichen Panzertyp wie dem Leopard 1 hatte noch keiner von ihnen zu tun. Für die Ausbildung in Deutschland stehen nur sechs Wochen zur Verfügung. Er bitte die ukrainische Seite immer wieder, die Mannschaften länger zur Ausbildung zu schicken, erzählt Generalleutnant Marlow, aber aus, wie er sagt, "nachvollziehbaren Gründen" gehe das nicht.

Das Bedauern darüber ist dem deutschen Chef der Ausbildungsmission deutlich anzuhören. Man versuche, aus der zur Verfügung stehenden Zeit das Bestmögliche herauszuholen, auch um die Überlebenschance der ukrainischen Soldaten zu erhöhen, sagt Marlow. In Klietz wird sechs Tage die Woche jeweils zwölf Stunden lang ausgebildet.

Leopard 1 - Aus der Lagerhalle aufs Schlachtfeld

Als Marlow als junger Soldat zur Bundeswehr kam, wurde er auf dem Leopard 1 ausgebildet. Die deutschen Soldaten, die nun für das Training der Ukrainer zuständig sind, kannten den Leopard 1, wenn überhaupt, nur aus dem Panzermuseum. Sie mussten sich mit dem Modell selbst erst vertraut machen. Das gilt auch für einige der dänischen und niederländischen Soldaten, die jetzt in Klietz, zusammen mit den Deutschen, die ukrainischen Panzerbesatzungen ausbilden.

Die Leopard 1, mit denen trainiert wird, und auch jene, die der ukrainischen Armee geliefert werden, stammen aus eingemotteten Beständen der Rüstungsindustrie und wurden instand gesetzt. Dass die Ukraine jahrzehntealte Panzer erhält, ist für den deutschen General Marlow nicht automatisch ein Nachteil. Er verweist darauf, dass die russische Armee auf vergleichbar alte Panzertypen setzt.

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Die ukrainischen Soldaten zeigen sich vor der Kamera oft nur vermummt

Eine emotionale Belastung – auch für die Ausbilder

Die ukrainischen Soldaten - sie sind während der Interviews aus Sicherheitsgründen vermummt - loben im Gespräch mit Journalisten den deutschen Kampfpanzer, nennen ihn zum Beispiel besonders beweglich oder dem Feind überlegen beim Schießen während der Fahrt. Wenn man die Männer danach fragt, mit welchen Gefühlen sie dem möglicherweise schon bald bevorstehenden Kampfeinsatz entgegensehen, werden sie einsilbig und möchten teils nicht antworten.

Wie gehen die deutschen Ausbilder damit um, dass die jungen Männer, die sie mehrere Wochen ausgebildet haben, nun bald in einen Kampf ziehen könnten, der tödlich für sie enden kann? Er versuche, sich damit nicht zu beschäftigen, erzählt einer der Bundeswehrsoldaten, der namentlich nicht genannt werden möchte und Kommandeur Marlow betont, er vermeide auch, sich das vorzustellen, weil "einem dann das Herz schwer wird".

Rund 6.200 ukrainische Soldaten wurden in Deutschland bisher an verschiedenen Waffensystemen ausgebildet. Ziel der europäischen Ausbildungsmission ist es, bis Ende nächsten Jahres rund 30.000 Ukrainer zu trainieren.

Dieser Artikel ist erstmals am 22. August 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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