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Bahnhof Steinhöring

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Die Bahn ist noch lange nicht barrierefrei

Die Bahn ist bis heute nicht barrierefrei nutzbar, obwohl bereits viele Stationen entsprechend ausgebaut wurden. Das Problem: Die neuen Bahnsteige passen nicht zu den alten Zügen. Und wer ins Ausland fährt, erlebt die nächste Überraschung.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Einfach die Freiheit! Mobilität trotz Rollstuhl. Nicht nur bei David Kruzolka, der von Geburt an im Rollstuhl sitzt, war die Freude groß, als im oberbayerischen Steinhöring 2014 der Bahnhof barrierefrei umgebaut wurde. Statt Stufen ermöglicht jetzt eine Rampe den Zugang zum Bahnsteig. Jede Stunde fährt ein Zug nach München. Und jede Stunde auch in die andere Richtung nach Wasserburg am Inn, wo Davids Freundin wohnt. Endlich mal alleine Renate besuchen, ohne Betreuer.

Am Bahnsteig die Ernüchterung: Trotz barrierefreiem Bahnhof kann der Rollstuhlfahrer ohne Hilfe nicht Bahn fahren. Denn die Züge, die Steinhöring mit Wasserburg am Inn und München verbinden, passen nicht zum Bahnsteig. Eine Lücke klafft zwischen Bahnsteigkante und Zug. Und die Züge der Südostbayernbahn haben zudem Stufen beim Einstieg. "Das macht mich jedes Mal traurig, wenn ich meine Freundin zum Bahnhof bringe und sie kann einsteigen und ich nicht", sagt David Kruzolka

"Dabei möchte Deutschland in der Mobilität ein Vorreiter sein von Inklusion. Inklusion, Inklusion - ich kann es gar nicht mehr hören."

David Kruzolka, Rollstuhlfahrer

Fehlende Barrierefreiheit: Um Hilfe bitten ist keine Inklusion

Das betrifft nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch alle Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, mit Rollatoren, mit Kinderwägen oder auch mit Gips. Sicher, wenn man am Bahnsteig fragen würde, würde einem bestimmt jemand helfen. Wenn jemand da ist, der Kraft hat. Ein Rollstuhl ist aber enorm schwer. Wenn man aber auf Hilfe von anderen angewiesen ist, wenn man um Hilfe bitten muss, hat das nichts mit der vielbeschworenen Inklusion zu tun. Denn Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört und überall dabei sein kann: am Arbeitsplatz, beim Wohnen oder eben auch im öffentlichen Nahverkehr. 

Mit rund 680 Millionen Euro will die Bahn 2018 das bayerische Schienennetz auf Vordermann bringen. Gleise, Weichen, Brücken. Zusätzlich werden rund 340 Millionen Euro – Mittel von Bund, Land und Kommunen – für die Modernisierung der Bahnhöfe investiert. In Würzburg ist der Bahnhof jetzt gerade barrierefrei umgebaut worden. Furth im Wald, Schweinfurt und Straubing sollen noch in diesem Jahr folgen.

Hürdenlauf: Unterschiedliche Bahnsteighöhen in Europa

Besonders groß ist das Problem in ländlichen Gebieten und an kleinen Bahnhöfen mit vergleichsweise wenig Fahrgästen. In Sachen Barrierefreiheit, sagt Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene, sei Bayern unter dem Bundesdurchschnitt. Nur 75 Prozent der Bahnhöfe sind stufenfrei lediglich 40 Prozent der Stationen sind barrierefrei.

Ein Hürdenlauf schon in Deutschland. Von Europa ganz zu schweigen. Und Inklusion sollte ja möglichst nicht an der Grenze enden. Die Realität aber ist, dass Deutschland derzeit versucht, die Bahnsteighöhen auf 76 cm zu vereinheitlichen, während Nachbarstaaten wie Tschechien, Schweiz und Österreich viel niedrigere Bahnsteighöhen von 55 cm haben. "Das heißt, der grenzüberschreitende Verkehr ist dann für mobilitätseingeschränkte Personen nicht mehr möglich", stellt Flege von der Allianz Pro Schiene fest.