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Deutschland bleibt Paradies für Steuerhinterzieher

Top10-Platz für Deutschland: Das ist beim Schattenfinanzindex des "Netzwerks Steuergerechtigkeit" allerdings kein Gütesiegel. Im Gegenteil: Der Index misst, welche Finanzplätze Steuerhinterzieher und Geldwäscher anlocken. Von Wolfgang Kerler

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Das "Tax Justice Network", auf Deutsch: "Netzwerk Steuergerechtigkeit", kommt zu einem unrühmlichen Ergebnis: Diktatoren können Reichtümer, die sie ihrer Bevölkerung gestohlen haben, in Deutschland verstecken. Superreiche können ihr Vermögen hier steuerfrei parken. Mafia-Organisationen können ihre Millionen in der Bundesrepublik rein waschen.

Denn Deutschland bleibt für Steuerhinterzieher und Geldwäscher aus dem Ausland ein sicherer Hafen. Das geht aus dem "Schattenfinanzindex 2018" hervor, den das "Netzwerk Steuergerechtigkeit" jetzt vorgelegt hat. Für diesen untersuchte ein Team von Analysten die Geheimhaltung und die Größe von Finanzplätzen für insgesamt 112 Länder und Territorien.

Ranking der schädlichsten Finanzplätze

Zuerst wird dabei ermittelt, wie gut sich in einem Land vertuschen lässt, wem Geld, Immobilien oder Firmenanteile tatsächlich gehören. Dann wird dieser Wert multipliziert mit dem Anteil eines Staates am globalen Offshore-Finanzmarkt. Fertig ist das "Ranking der schädlichsten Zentren der globalen Geheimhaltungs- und Steuervermeidungsindustrie", wie das Netzwerk schreibt.

Die Negativliste wird angeführt von der Schweiz und den Vereinigten Staaten, gefolgt von den Cayman-Inseln, Hongkong, Singapur und Luxemburg. Dann kommt bereits Deutschland, auf Platz 7. Gegenüber dem Index von 2015 eine Verschlechterung. Damals belegte die Bundesrepublik Platz 8.

Geldwäsche mit deutschen Immobilien

Wie kommt diese schlechte Platzierung zustande? Zwar liegt Deutschland bei der Geheimhaltung nur im Mittelfeld. Allerdings gehört es zu den wichtigsten Finanzplätzen der Welt – und richtet daher deutlich mehr Schaden an als kleine Steuerparadiese wie Vanuatu oder die Bahamas, bei denen die Intransparenz noch größer ist. Konkret betont Markus Meinzer, Analyst beim "Netzwerk Steuergerechtigkeit", drei Probleme in Deutschland. Nummer eins: der Immobiliensektor. "Deutschland lädt ausländische Geldwäscher ein, indem es kein öffentliches Immobilienregister hat. Geldwäsche im Immobiliensektor ist ein Riesenproblem. Das BKA weist darauf seit Jahren hin." Markus Meinzer, Netzwerk Steuergerechtigkeit

Schlupfloch in deutscher Transparenz-Regel

Das nächste Problem: Zwar hat Deutschland im vergangenen Jahr aufgrund von EU-Vorgaben ein Transparenzregister eingeführt, in dem Unternehmen ihre wahren Eigentümer preisgeben müssen. Doch ein Schlupfloch in der neuen Regel erlaubt es möglichen Steuerflüchtigen oder Geldwäschern weiterhin, sich hinter Firmen-Konstrukten zu verstecken, kritisiert Meinzer.

Man müsse nur zwei Briefkastenfirmen zwischen die deutsche AG oder GmbH und den ausländischen Eigentümer schalten – und schon könne dieser anonym bleiben, denn die Pflicht für das Unternehmen, diesen im Register eintragen zu lassen, erlischt. "Das ist aus unserer Sicht europarechtswidrig", sagt Meinzer. "Hier hat Deutschland geschlampt bei der Umsetzung."

Deutsche Steuerbehörden schauen weg

Das dritte Problem: Deutsche Behörden setzten das deutsche Steuerrecht oft nicht richtig um. Als Beispiel dafür nennt Meinzer die Besteuerung von Dividendeneinkünften, die Ausländer mit Aktien deutscher Unternehmen erzielen. "Die müssten besteuert werden", sagt Meinzer. Beim Cum-Ex-Skandal habe man aber gesehen, wie das umgangen wurde, beim Cum-Cum-Skandal sogar unter langjähriger Beobachtung des Finanzministeriums.

"Hier scheint der Wille zu echter Besteuerung gerade vermögender Personen und Investoren aus dem Ausland zu fehlen." Markus Meinzer, Netzwerk Steuergerechtigkeit

Grüner Finanzpolitiker stellt Forderungen an künftige Regierung

Ähnliche Kritik kommt vom Finanzexperten der Grünen im Bundestag. Zwar weist Gerhard Schick darauf hin, dass die Gesetze in den vergangenen Jahren verschärft wurden.

"Bisher fehlte da eindeutig der politische Wille, dafür zu sorgen, dass die Geldwäsche- und Steuergesetze durchgesetzt werden. Ich erwarte vom nächsten Bundesfinanzminister, dass er endlich das Thema Geldwäsche und illegale Finanzströme nicht nur international thematisiert, sondern auch zuhause die Hausaufgaben macht." Gerhard Schick, Finanzexperte der Grünen

Ins GroKo-Sondierungspapier von Union und SPD hat es der Kampf gegen Steuerflucht Geldwäsche jedenfalls ganz ausdrücklich geschafft. Aber vorgenommen hatten sich denn auch schon frühere Bundesregierungen.