Die neu beschworene Einigkeit in der Union hält nicht lange vor. Für seine Anregung, einen muslimischen Feiertag einzuführen, erntet Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) scharfe Kritik aus dem eigenen Lager, besonders von der CSU. In einer ganzen Serie von Tweets setzt sich CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer davon ab - wobei er allerdings nicht auf den Fraktionspartner, sondern auf eine zustimmende Wortmeldung aus der Kirche zielt.
"Ich bin tief bestürzt, ja fassungslos, dass sich jetzt auch noch die Spitze des Zentralkomitees der Katholiken für einen Islam-Feiertag ausspricht. (...) Ich bin Katholik und ich bin mir felsenfest sicher, dass dies nicht die Meinung der überwältigenden Mehrheit der Christen in Deutschland ist. () Wir geben unsere Identität nicht auf. Bedenke das Ende bei all dieser Beliebigkeit. () Mit der CSU wird es keinen Islam-Feiertag geben." Andreas Scheuer auf Twitter
Ähnlich wie Scheuer hatten sich zuvor auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und CSU-Innenexperte Stephan Mayer geäußert. In den sozialen Medien stieß Scheuer auf Zustimmung, aber auch Spott. "Sagt dem @AndiScheuer bloß nichts von Gemeinsamkeiten monotheistischer Religionen. Der fällt dann vom Balkon", so ein Tweet; ein anderer Post fasst Scheuers Einlassungen in einem Screenshot zusammen, der "Zustand und Themenspektrum der CSU" verdeutliche.
Debattenbeschleuniger: die Zustimmung der katholischen Laienorganisation
Angeheizt hatte die Debatte um de Maizières Vorschlag eine Wortmeldung des Zentralkomitees deutscher Katholiken.
"In einer multireligiösen Gesellschaft kann in Gegenden mit hohem Anteil an frommen Muslimen ein islamischer Feiertag hinzukommen, ohne dass die christliche Tradition unseres Landes verraten würde." Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
Wo es einen nennenswerten Anteil an Muslimen gebe, sollte man auch deren Festkultur zur Kenntnis nehmen, so Sternberg. Christliche Feiertage würden weniger durch eine Einführung eines muslimischen Feiertages gefährdet, sondern dadurch, dass immer weniger Menschen etwas mit diesen Tagen anfangen könnten.
Geteiltes Echo auch bei Muslimen
Nicht nur unter Katholiken ist der Vorstoß umstritten. Auch unter Muslimen fällt das Echo gespalten aus. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte, ein muslimischer Feiertag könne integrationsfördernd wirken. Die Debatte auf Twitter bezeichnete Mazyek, der sich bereits 2013 dafür stark gemacht hatte, als "Farce".
Die Islamlehrerin Lamya Kaddor kritisierte den Vorstoß hingegen als "unangebracht". Alles, was mit Muslimen und mit Integration zu tun habe, beschränke sich oft auf "Symbolpolitik". Muslimen in Deutschland sei ein solcher Feiertag nicht wichtig.
Özdemir (Grüne) sieht "keinen Handlungsbedarf"
Neben der Union und Religionsvertretern beschäftigen sich auch die anderen Parteien mit de Maizières Aussage. Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte, er sehe in dieser Frage keinen Handlungsbedarf. Auch SPD-Chef Martin Schulz reagierte auf den Vorschlag des Bundesinnenministers zurückhaltend. Schulz wörtlich: "Herr de Maizière ist ja sonst in dieser Hinsicht nicht der Fantasievollste." Die empörten Reaktionen darauf findet Schulz allerdings unangemessen: Man müsse in Deutschland in der Lage sein, einen Vorschlag zu unterbreiten und diesen dann in Ruhe und seriös zu diskutieren.