ie Rede von Charles III. im Bundestag ist der Höhepunkt des zweiten Besuchstags des britischen Königspaares in Deutschland. Der Monarch begeistert mit viel Herzlichkeit.
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Die Rede von Charles III. im Bundestag ist der Höhepunkt des zweiten Besuchstags des britischen Königspaares in Deutschland.

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Charles im Bundestag: Ein bisschen Leichtigkeit in ernster Lage

Die deutsch-britische Geschichte ist wechselvoll - und der Krieg in der Ukraine prägt auch den Staatsbesuch des Königs. Charles berücksichtigt all das in seiner Bundestagsrede. Zugleich beweist er: Nachdenklichkeit und Humor schließen sich nicht aus.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Das Protokoll dieser Bundestagssitzung ist noch nicht online. Es ist aber anzunehmen, dass in der Mitschrift des königlichen Auftritts an etlichen Stellen das Wort "Heiterkeit" vermerkt sein wird. Denn Charles verbindet in seiner Rede das Schwere mit dem Leichten, was ihm immer wieder Lacher einbringt. Dabei hat kurz vor der Ankunft des Monarchen noch Stille geherrscht – und das im fast voll besetzten Plenarsaal.

Historische Rede sechs Jahre nach Brexit-Antrag

Von vornherein war klar, dass dies ein historischer Auftritt würde: Zum ersten Mal überhaupt spricht ein Monarch zu den Abgeordneten des Bundestags. Hinzu kommt die bedeutungsvolle Terminierung. Am Mittwoch war es auf den Tag genau sechs Jahre her, dass Großbritannien die Scheidungspapiere bei der EU eingereicht hat. Charles ist nun offenbar mit dem Auftrag der britischen Regierung nach Berlin gekommen, den Weg für einen Neustart in den deutsch-britischen Beziehungen zu ebnen.

Von deutscher Seite wird dem Monarchen deshalb größtmögliche Aufmerksamkeit zuteil. Die Spitzen aller fünf Verfassungsorgane sind im Plenarsaal – also Bundespräsident, Kanzler, die Hausherrin Bärbel Bas und die Präsidenten von Bundesrat und Bundesverfassungsgericht. Auf der Bundesratsbank sind mehrere Ministerpräsidenten zu sehen, auf einer der Tribünen mit Joachim Gauck und Christian Wulff zwei frühere Bundespräsidenten.

Charles: Auftritt im Bundestag "große Ehre"

Charles revanchiert sich, indem er seine Rede teils auf Deutsch, teils auf Englisch hält – wohl, um seine persönliche Verbundenheit zum Gastgeber zu unterstreichen. Eine "große Ehre" sei es, vor den Abgeordneten zu sprechen. Der König erinnert an den Zweiten Weltkrieg, aber auch daran, dass Deutschland und Großbritannien nach dessen Ende den Weg der Aussöhnung beschritten haben. Nun sei er gekommen, "um das Bekenntnis zur Freundschaft unserer Länder zu erneuern".

Angesichts des Kriegs in der Ukraine sind die deutsch-britischen Beziehungen aus seiner Sicht noch wichtiger geworden, als sie es ohnehin schon waren. London und Berlin hätten eine wichtige Führungsrolle übernommen, sagt Charles: "Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen."

Dann schlägt der König den Bogen zu den eigenen verwandtschaftlichen Beziehungen. Charles hat auch deutsche Vorfahren, bis 1917 war die königliche Familie als Haus von Sachsen-Coburg-Gotha bekannt. So kommt er auch auf kulturelle Bande zu sprechen, auf Literatur, Musik – und aufs Reisen. Der Name von Thomas Cook fällt. Der Erfinder der Pauschalreise habe eine Sehnsucht seiner Landsleute nach deutschen Landschaften erfüllt, als er seine erste Rhein-Reise organisierte. Spätestens jetzt löst sich die erwartungsvolle Spannung im Saal auf: Der König erntet Lacher.

Charles zitiert aus "Dinner for One"

Als er dann noch Miss Sophies "The same procedure as every year" zitiert, hat er große Teile des Publikums endgültig auf seiner Seite, wie es scheint. Charles weiß, dass für viele in Deutschland keine Silvesterparty denkbar wäre, ohne den Fernsehklassiker "Dinner for One" zu schauen. Und so erfüllt Lachen das Hohe Haus. Auch das Berliner Nachtleben würdigt der Monarch, viele seiner Landsleute wüssten die kulturelle Betriebsamkeit der deutschen Hauptstadt zu schätzen.

So herzlich sei die Beziehungen beider Länder inzwischen, dass ab und zu auch ein kleines Lächeln auf Kosten des anderen möglich sei. Aber es gebe auch Rivalität, sagt der Monarch mit einer Prise Ironie in der Stimme: beim Fußball nämlich. Der EM-Sieg der englischen Fußball-Frauen gegen das deutsche Team im vergangenen Jahr sei jedenfalls etwas ganz Besonderes gewesen.

Charles bekommt stehenden Applaus

Zum Abschluss dann wieder versöhnliche Worte: Die Geschichte beider Länder enthalte noch "viele ungeschriebene Kapitel". Und vor Deutschland und Großbritannien liegen, wenn man dem König glaubt, die "Verheißungen unserer gemeinsamen Zukunft". Am Ende dieser knappen halben Stunde erheben sich die Abgeordneten zum Beifall – bis hin zur Linken-Fraktion, die nicht im Verdacht steht, allzu königstreu zu sein. Von dort kam zwar in den vergangenen Tagen Kritik am Auftritt von Charles im Bundestag, aber die Reihen der Linken sind jetzt dennoch gut gefüllt.

Der König hat in seiner Rede Staatstragendes mit Persönlichem verbunden, Nachdenklichkeit mit Humor. Und sich nebenbei noch auf die Sprache des Gastgebers eingelassen, mit feinem britischen Akzent. Das darf man als eine besondere Ehrerbietung verstehen – und als Angebot, das Drama um den Brexit endgültig hinter sich zu lassen.

König Charles III. von Großbritannien spricht am zweiten Tag seiner Deutschlandreise im Bundestag.
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König Charles III. von Großbritannien spricht am zweiten Tag seiner Deutschlandreise im Bundestag.

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