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Bürgerkrieg im Nordirak? Einschätzungen von Carsten Kühntopp

Großoffensive der irakischen Armee im Norden des Landes bei Kirkuk. Truppen sind in den kurdisch dominierten Teil des Landes und bis ins Zentrum der Provinzhauptstadt vorgedrungen. Ein neuer Bürgerkrieg? ARD-Korrespondent Carsten Kühntopp berichtet.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bayern 2-radioWelt: Steht der Irak vor einem neuem Bürgerkrieg? Was soll die Offensive der irakischen Armee?

Carsten Kühntopp, ARD-Korrespondent: Im Sommer 2014 fegte der IS durch weite Teile des Landes und nahm auch Kurs auf Kirkuk. Die irakische Armee ist damals geflohen und hat die Ölfelder schutzlos zurückgelassen. Die kurdischen Peschmerga, deren Autonomiegebiet eigentlich nicht bis nach Kirkuk geht, sind in die Stadt und haben so verhindert, dass der IS seine Hand auf die Ölfelder bekommt. Nun hat offenbar der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi entschieden, den Zustand vor der Besetzung Kirkuks durch die Kurden wieder herzustellen. Auch als Reaktion auf das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden am 25. September.

Bayern 2-radioWelt: Die Kurden haben den IS vertrieben, gehören also aus westlicher Sicht und eigentlich auch aus irakischer Sicht in diesem Fall zu den "Guten".

Carsten Kühntopp: Richtig. Kurios an der Situation ist, dass die irakische Armee, die kurdischen Peschmerga, schiitische Milizionäre und sunnitische Stammeskämpfer in letzter Zeit an einem Strang gezogen haben - vereint im Kampf gegen den gemeinsamen Feind, den IS. Jetzt sind alle wichtigen Schlachten gegen den IS im Irak geschlagen, und die alten ungelösten Konflikte brechen wieder hervor - etwa um die umstrittenen Gebiete: Regionen, die sowohl von den Kurden als auch von der Zentralregierung in Bagdad beansprucht werden.

Bayern 2-radioWelt: Da ein eigener kurdischer Staat in Bagdad nicht gewollt ist, könnte dieser Angriff auf Kirkuk auch ein genereller Angriff auf die Kurden sein?

Carsten Kühntopp: Nachdem es in der vergangenen Nacht keine weiteren Vorstöße der Regierungskräfte gegeben hat, scheint man sich mit den bisher eroberten Ölfeldern, der Militärbasis und dem Flughafen zunächst zufrieden zu geben. Der gestrigen Situation nach zu urteilen, wird es zunächst keinen Bürgerkrieg geben.