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Bayerische Agrarpolitik: Mit neuem Rat gegen "Bürokratiewahn"

Wegen zu vieler komplizierter Vorschriften hat das bayerische Landwirtschaftsministerium nun einen "Praktikerrat" ins Leben gerufen. Das bayerische Gremium will nicht nur Bürokratie abbauen, sondern auch der EU-Politik an den Kragen - wo möglich.

Über dieses Thema berichtet: Rundschau Magazin am .

Etwa die Hälfte seiner Zeit verbringt Landwirt Stefan Froschmeir aus Ingolstadt auf dem Feld, mit Arbeit, die ihm Spaß macht. Zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder bewirtschaftet er Hühnerställe und 140 Hektar Ackerland, wo sie Getreide, Zuckerrüben und Gemüse anbauen. Die andere Hälfte seiner Zeit geht für Papierkram drauf, was ihn nervt. "In den letzten Jahren hat einfach die Fülle der Vorschriften unheimlich zugenommen", erzählt der 30-Jährige.

Ziel: Praxisnähe statt sachfremder Vorschriften

Damit es künftig weniger komplizierte Vorschriften gibt, sitzt Froschmeir seit Dienstag mit etwa 30 anderen in einem neuen Gremium des bayerischen Agrarministeriums, dem "Praktikerrat". Lauter Köpfe aus der landwirtschaftlichen Praxis sind mit dabei, Landwirte wie er, aber auch Umweltschutzvertreter. Einberufen hat den Rat Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). Geplant war er laut ihr schon länger, er sei keine Reaktion auf die Bauernproteste.

Landwirtschaftsministerin: "Bürokratiewahn abbauen"

Das Ziel des Praktikerrats sei nicht nur, "den Bürokratiewahn abzubauen", sagt Kaniber. Sondern auch, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union ab 2028 weiterzuentwickeln und zu vereinfachen. Der Rat sammele Vorschläge für einen Reset der GAP. Denn: "Die Gemeinsame Agrarpolitik ist in ihrer Kompliziertheit nicht mehr fortführbar", betont Ministerin Kaniber. Wenn sich nichts ändere, könnten Landwirte die Lust am Wirtschaften verlieren und das dürfe nicht passieren. Leiten wird den Praktikerrat Marcel Huber (CSU), ehemaliger bayerischer Umweltminister und Staatskanzleichef.

Ein bayerisches Gremium will auch an EU-Politik ran

Aber: Ein bayerisches Gremium, wenn man es in der Landwirtschaft vor allem mit EU-Politik zu tun hat – bringt das überhaupt etwas? Der Bayerische Bauernverbandspräsident findet schon. Unsinnige Vorschriften gebe es genug. Er mahnt aber, dass es keine Alibi-Veranstaltung werden dürfe, in der man nur Dinge benennt, die man nur in Brüssel oder Berlin verändern kann. "Ich halte es ganz zentral für wichtig, dass dieser Praktikerrat Themen identifiziert, die wir in Bayern sofort in bayerischer Verantwortung verändern können, im Landwirtschaftsministerium."

Ein Problem, acht Regelungen

Ein Beispiel hat er gleich parat, in seinen Augen ein Sinnbild für pure Regulierungswut: Es geht um den Gewässerrandstreifen. Also die Zone, die bei Gewässern und Bächen als Abstand zum Acker eingehalten werden muss. Für diesen Streifen gebe es acht verschiedene Regelungen, schildert er. Mal vom Bund, mal vom Land, mal vom Freistaat. Jede beschreibe die Kriterien für diesen Streifen anders. Was am Ende gilt? Da blicke niemand mehr richtig durch. Die Landwirte nicht, die Verwaltung auch nicht. Obwohl sie eigentlich die Spezialisten seien, die den Durchblick haben sollten. Dringend müssten hier verschiedene Gesetzesebenen zusammengefasst werden, fordert Felßner. Damit es am Ende eine klare Regelung gibt.

Video: Interview mit Marcel Huber, Leiter des "Praktikerrats"

Ex-Staatsminister Marcel Huber (CSU) im Rundschau-Interview
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Ex-Staatsminister Marcel Huber (CSU) im Rundschau-Interview

Dass die Staatsregierung sich praxisnahe Hilfe holt, ist nicht neu

Dass die bayerische Staatsregierung Landwirte miteinbezieht, ist nicht neu. Im Mai 2019 startete zum Beispiel die Junglandwirte-Kommission, ein 37-köpfiges Gremium, in dem junge Landwirte aus allen Regierungsbezirken und verschiedenen Höfen vertreten waren. Sie sollten Ideen liefern, wie die bayerische Landwirtschaft im Jahr 2040 aussehen soll. Landwirt Stefan Froschmeir war auch dort schon Mitglied, wie jetzt auch im Praktikerrat. Damals habe sich schon etwas getan, einige Ideen des Gremiums wurden umgesetzt oder seien gerade noch dabei umgesetzt zu werden, erzählt er. Nur wenn die EU oder der Bund involviert gewesen seien und Bayern nur eingeschränkte Handlungsmacht gehabt habe, seien Vorschläge im Sande verlaufen, so Froschmeir.

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