Logo von "Ärzte ohne Grenzen" auf französisch an einer Glasscheibe
Bildrechte: picture alliance/KEYSTONE | MARTIAL TREZZINI

Ärzte ohne Grenzen, auch Médecins Sans Frontières genannt, ist die größte unabhängige Organisation für medizinische Nothilfe. (Symbolbild)

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Ärzte ohne Grenzen Deutschland: Spenden auf Rekordniveau

Bei schwierigen Einsätzen weltweit hilft die Organisation Ärzte ohne Grenzen. 2022 erhielt sie dafür vergleichsweise viele Spenden. Zum Anlass eines Jubiläums blickt sie auf besondere Herausforderungen an die humanitäre Hilfe heute und in Zukunft.

Mit knapp 267 Millionen Euro haben die Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr die Arbeit von "Ärzte ohne Grenzen" unterstützt. Zum 30-jährigen Bestehen der deutschen Sektion ist das ein neuer Rekord und hilft, die zahlreichen und schwierigen Einsätze weltweit zu finanzieren.

Ärzte ohne Grenzen betreibt beispielsweise als eine der wenigen internationalen Hilfsorganisationen noch im Bürgerkriegsland Jemen an mehreren Standorten Kliniken. Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, sagt: "Für viele Menschen im Jemen sind das die einzigen Kliniken, zu denen sie noch kommen können." Von den deutschen Spendengeldern flossen 22 Millionen Euro in den Jemen, mehr als in jedes andere Land. "Dass wir im Jemen, in der Ukraine, im Sudan und in vielen anderen Krisengebieten weltweit Nothilfe leisten können, haben wir unseren Spenderinnen und Spendern zu verdanken", betont Parnian Parvanta, stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Ärzte ohne Grenzen Deutschland.

Besonderen Fokus legt die Organisation auf die Bedürfnisse von Frauen

Der Zugang zu medizinischen Einrichtungen im Jemen ist insbesondere für Frauen sehr schwer, auch weil sie nur in männlicher Begleitung ein Krankenhaus aufsuchen dürfen, erklärt die Gynäkologin Parnian Parvanta. Das Risiko für Mütter und Kinder, bei einer Geburt zu sterben, ist im Jemen sehr hoch. Noch katastrophaler beschreibt sie die Situation der Mädchen und Frauen in Afghanistan, das seit August 2021 wieder von den radikalislamischen Taliban regiert wird. Afghanistan ist eines der Länder mit der weltweit höchsten Sterblichkeit von Müttern und Kindern. Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich die Lage der Frauen deutlich verschlechtert.

Extremer Mangel: In Afghanistan braucht es weibliches Personal

Hinzu kommt, dass es seit dem vergangenen Dezember Mädchen und Frauen in Afghanistan verboten ist, weiterführende Schulen und Universitäten zu besuchen. Es droht ein extremer Mangel an weiblichem medizinischem Personal.

"Wenn man weiß, dass in Afghanistan Frauen in der Regel nur von Frauen behandelt werden dürfen, ist das eine Katastrophe", warnt Parvanta: "Frauen haben kein Recht, über ihren eigenen Körper zu bestimmen. Sie sind zum Beispiel gezwungen, unsichere Schwangerschaftsabbrüche und damit viele oft lebensgefährliche Komplikationen in Kauf zu nehmen." Laut Parvanta, die selbst aus Afghanstan stammt und mit acht Jahren fliehen musste, sind im vergangenen Jahr mit Hilfe von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan 42.000 Kinder zur Welt gekommen.

Folgen des Klimawandels sind deutlich spürbar

Auch die Auswirkungen der Klimakrise stellt die Organisation Ärzte ohne Grenzen vor große Herausforderungen. "Steigende Temperaturen, ausbleibende Regenzeiten und immer häufiger auftretende Extremwetterereignisse wie Wirbelstürme und Überschwemmungen haben direkte Auswirkungen auf die Gesundheit", sagt der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, Katzer.

Die Klimakrise verschärft bereits bestehende Probleme. "Die humanitären Bedürfnisse weltweit werden mit dem Fortschreiten der Klimakrise weit über das hinauswachsen, was wir und andere humanitäre Nothilfeorganisationen kennen und bewältigen können. Die Klimakrise ist auch eine Gesundheits- und humanitäre Krise.”  

Ärzte ohne Grenzen warnt vor Restriktionen an EU-Außengrenzen

Die Organisation blickt auch mit Sorge auf das Treffen der EU-Innenminister in Brüssel und die aktuell diskutierte Reform des europäischen Asylrechts. "Ärzte ohne Grenzen beobachtet seit Jahren, wie Menschen an den EU-Grenzzäunen im Wald erfrieren, im Mittelmehr ertrinken, illegale Pushbacks stattfinden und vulnerable Menschen in haftähnlichen Camps an den EU-Außengrenzen ausharren", berichtet Katzer. Die aktuell verhandelte Reform des Asylrechts bietet keine Antwort auf das Sterben an den Grenzen Europas und wird voraussichtlich zu noch mehr Leid führen.  

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