Urteil im NSU-Prozess

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NSU-Prozess: Wie das Gericht das Urteil gegen Zschäpe begründet

Beate Zschäpe wurde unter anderem wegen zehnfachen Mordes verurteilt, obwohl sie wahrscheinlich an keinem der Tatorte persönlich anwesend war. In der Urteilsbegründung steht, warum das Gericht sie dennoch als Mittäterin sieht. Von Michael Bartmann

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Es war die zentrale Frage, die beim NSU-Prozess von Anfang an die Juristen beschäftigte: Kann Beate Zschäpe als Mittäterin verurteilt werden, obwohl es keine Beweise gibt, dass sie jemals an einem der Tatorte war? Ja, man kann, so lautet heute das Urteil des Oberlandesgerichts München.

Zschäpe festes Mitglied im NSU-Trio

In seiner Urteilsbegründung machte der vorsitzende Richter Manfred Götzl immer wieder deutlich, dass er Zschäpe als gleichberechtigtes Mitglied eines eingeschworenen Trios sieht. Das ist der entscheidende Aspekt für die Verurteilung.

Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. Die drei seien übereingekommen, als zusammengeschlossener Verband Menschen aus antisemitischen oder anderen Gründen zu töten, so Götzl. Er sprach von ideologisch motivierten Zielen, an denen alle drei gleich großes Interesse gehabt hätten.

Taten nur mit Zschäpes Hilfe durchführbar

Die Taten seien nur unter Mitwirkung Zschäpes durchführbar gewesen, so die Überzeugung des Gerichts. Deren Aufgabe sei etwa gewesen, für eine harmlose Legende nach außen zu sorgen, um die Entdeckung zu erschweren. "Sie unterwarf sich willentlich dieser gemeinsam gewollten Gesamtkonzeption", sagte Richter Götzl.

"Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken"

Bei jeder einzelnen Tat führte Götzl in der Urteilsbegründung aus, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten diese im "bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Beate Zschäpe" verübt. Es habe jeweils einen gemeinsam gefassten Tatplan gegeben. Kurzum: Beate Zschäpe war ein vollwertiges Mitglied des NSU. Bei ihrem Selbstmord konnten Mundlos und Böhnhardt davon ausgehen, dass Zschäpe ihre Wohnung in Brand setzen und das Bekenntervideo in Umlauf bringen würde.

Politisch motiviert und gewaltbereit

Diese Folgerungen schloss der Senat insbesondere aus dem Umstand, dass alle Taten politisch motiviert gewesen seien. Zschäpe habe bereits vor ihrem Abtauchen eine eindeutige politisch-ideologische Ausrichtung gehabt, die auch die Anwendung von Gewalt mit einschloss. Bereits vor ihrem Abtauchen ließen Zschäpe sowie Mundlos und Böhnhardt nach den Feststellungen des Gerichts bei ihren Aktionen eine deutliche Steigerung an Gewaltbereitschaft erkennen.

Diese zentralen Elemente aus der Urteilsbegründung veranlassten das Gericht schließlich dazu, Beate Zschäpe wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft zu verurteilen und die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Eine Mittäterschaft erfordere nicht zwingend eine Anwesenheit am Tatort, so die Überzeugung des Gerichts.