Nach gut einer Stunde war der Koalitions-Ausschuss auch schon wieder vorbei. Um Viertel vor neun kam die Kanzlerin zusammen mit Unions-Fraktionschef Volker Kauder aus dem Reichstagsgebäude, und beide stiegen in ihre Limousinen. Von Merkel und Kauder kein Kommentar. Den Kompromiss präsentierte SPD-Chefin Andrea Nahles: "Es wird keine nationalen Alleingänge geben. Es wird keine einseitigen Zurückweisungen an der Grenze geben. Es wird stattdessen ein beschleunigtes Grenzverfahren etabliert."
Transitverfahren in Polizei-Einrichtungen
Und das findet nicht einem Transitzentrum statt, sondern in einer Einrichtung der Polizei. CSU-Chef Horst Seehofer sagt über den neuen Namen, die SPD habe mit dem Begriff Transitzentrum Probleme gehabt. "Deshalb haben wir das so formuliert: Transitverfahren in Einrichtungen der Polizei, und das drückt das aus, was wir an der Grenze künftig tun", so Seehofer.
Einwanderungsgesetz soll noch dieses Jahr beschlossen werden
Die Sozialdemokraten bekommen ihr Einwanderungsgesetz, das Seehofer als "Fachkräftezuwanderungsgesetz" bezeichnet. Dafür gibt es auch schon einen konkreten Zeitplan: Damit der Gesetzentwurf noch bis Ende des Jahres vom Kabinett beschlossen werden kann, soll im Frühherbst ein Eckpunktepapier fertig sein.
Seehofer zufrieden - Europäische Verhandlungen stehen noch aus
Seehofer zeigte sich zufrieden mit dem Kompromiss. Von A bis Z sei das herausgekommen, was er sich gewünscht habe. SPD-Chefin Nahles ist wichtig, dass Abkommen mit den betroffenen Staaten ausgehandelt werden. Für solche Verhandlungen war Seehofer vor dem Koalitionsgipfel beim österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz in Wien. Konkrete Vereinbarungen haben die beiden aber nicht getroffen. Über schwerwiegende Punkte wie Finanzen oder Personal könnten nur die Regierungschefs entscheiden.
Seehofer zum Umfrage-Tief: "Das glättet sich wieder"
Der Streit mit der Kanzlerin hat sich auch negativ auf Horst Seehofers Beliebtheitswerte ausgewirkt. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend sagen nur noch 27 Prozent der Befragten, dass sie mit seiner Arbeit zufrieden sind. Und 73 Prozent sind überzeugt, dass er mit seinem Verhalten Angela Merkel gegenüber - die Union geschwächt hat. Doch Seehofer gibt sich pragmatisch: "Es hilft nichts, wenn sie ganz oben stehen und ihre Partei ganz unten. Wir arbeiten für dieses Land und eine gute Politik und wenn sie die durchsetzen, dann glättet sich das im Laufe der Zeit wieder."
Vize-Kanzler Olaf Scholz von der SPD äußerte am Abend die Hoffnung, dass das vorgezogene Sommertheater der Union jetzt vorbei ist, und dass jetzt alle ihre Arbeit machen.