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Wie Lobbyisten die Politik beeinflussen

Lobbys bringen das, was ihnen wichtig ist, in die Politik ein. Die Politiker wägen dann ab, was für das Gemeinwohl das Beste ist. Soweit die Theorie. Die Einflussnahme ist jedoch oftmals größer als angenommen. Von Eva Lell

Über dieses Thema berichtet: Bayernmagazin.

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) gilt als sehr mächtiger Lobbyverband in Bayern. Dass vbw und CSU sich nahe stehen, das zeigen auch personelle Verflechtungen: vbw-Chef Bertram Brossardt ist Mitglied im Präsidium der Mittelstandsunion. Und der Unternehmer Thomas Bauer, der Schatzmeister der CSU, ist Mitglied im Ehrensenat der vbw. Andere Verbände betonen, dass sie durchaus Einfluss haben auf die Staatsregierung. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft ist so mächtig, dass ihr Chef Bertram Brossardt das gar nicht erst betonen muss. Er legt gleich los mit Streitpunkten:


"Es geht in der Bildungspolitik manches zu langsam, wir sehen mit Sorge die Frage der künftigen Energieversorgung. Es gibt überall Bereiche, wo wir in einem guten, aber auch kritischen Austausch stehen." Bertram Brossardt, vbw-Chef


Knatsch mit der Staatsregierung gab es wegen der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium, die die Wirtschaft für falsch hält, bei der Energiewende und bei der Ganztagsbetreuung. Eine rhythmisierte Ganztagsschule, das fordert die vbw seit langem. Das Kultusministerium setzt auf eine Mischung aus Ganztag, Horten und Mittagsbetreuung. Nicht alles läuft in der bayerischen Politik also so, wie die vbw sich das wünscht. Trotzdem: ihr Einfluss auf die Politik in Bayern ist groß, die Vereinigung ist ein mächtiger Verband, vielleicht der mächtigste in Bayern. vbw-Chef Bertram Brossardt, der in breitestem Pfälzisch von Bayern schwärmt, stapelt tief:


"In solchen Kategorien denken wir nicht, und ich schon gar nicht." Bertram Brossardt, vbw-Chef


Lobbyarbeit: Tief vernetzt in der Politik


Brossardt ist im Wirtschaftsministerium gut vernetzt. Er war Büroleiter des früheren Wirtschaftsministers Otto Wiesheu. Viele, die heute im Ministerium Abteilungsleiter sind, sind seine Kollegen von damals. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) spricht von einem vernünftigen Verhältnis. Es sei "kein Geklüngel und keine Kumpanei", sondern eine gute Zusammenarbeit.


Wie auch die Chefs anderer Lobbyorgansiationen hat der vbw-Chef einen direkten Draht zu den Ministern und zum Ministerpräsidenten. Im Notfall kann er Ministerpräsident Horst Seehofer direkt anrufen:


"Das versuche ich zu vermeiden. Im Regelfall sind die Dinge gut vorbereitet. Dann wird man so etwas nicht brauchen. Wenn Sonderlagen eintreten, das sind Firmenlagen oder anderes, dann tue ich auch dieses, aber im Regelfall nicht." Bertram Brossardt, vbw-Chef


Opposition übt Kritik


Wie stark ist der Einfluss der Wirtschaft wirklich? Zu stark sagen einige. Beispiel Dieselskandal. Thomas Mütze, der wirtschaftspolitische Sprecher der Landtags-Grünen:


"Dieser Dieselskandal zeigt deutlich, dass die CSU und die Staatsregierung zu nah an der Wirtschaft, an der Industrie sind. Sie sind nicht kritisch gegenüber der Industrie und das hat diesen Skandal auch verursacht. Wir würden uns wünschen, dass man auch andere Aspekte in seine Entscheidungen einbezieht, zum Beispiel auch den Gesundheitsschutz der Bevölkerung in den Großstädten." Thomas Mütze, wirtschaftspolitischer Sprecher der Landtags-Grünen


Der wirtschaftspolitische Sprecher der Freien Wähler, Torsten Glauber, kritisiert in diesem Punkt auch die vbw:


"In der aktuellen Abgaskrise müsste der Verband deutlich besser im Krisenmanagement auftreten und versuchen, Vertrauen zurück zu gewinnen, anstatt der Politik zu raten, das Problem unter den Tisch zu kehren und auszusitzen." Torsten Glauber, wirtschaftspolitischer Sprecher der Freien Wähler


Der Verbandschef lässt sich von der Kritik nicht beeindrucken. Die Haltung seines Verbandes dazu sei klar: Den Dieselmotor müsse es noch länger geben. Wegen der Schadstoffbelastung gelte:


"Das bedeutet für uns zuallererst, dass bei der Reduzierung der entsprechenden Ausstöße reduziert werden, das bedeutet aber auch, dass in den Kommunen tatsächlich der ÖPNV richtig vorangetrieben wird, es bedeutet auch, dass in den Kommunen Verkehrs-Leitsysteme grüne Welle etc gefahren wird." Bertram Brossardt, vbw-Chef


Das ist ziemlich genau das, was auch beim Dieselgipfel in der bayerischen Staatskanzlei herauskam.


SPD: Interessengruppen nicht zu stark


Regiert die Vernunft oder regieren die Interessen einzelner Gruppen? Annette Karl ist die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD im Landtag. Sie findet Lobbyarbeit legitim, nur dürfe eine Interessengruppe nicht zu stark werden.


"Je stärker die einzelnen Verbände sind umso geringer ist die Gefahr, dass ein einzelner Verband zu viel Einfluss nehmen kann auf die CSU und die Staatsregierung." Anette Karl, wirtschaftspolitische Sprecherin der Landtags-SPD


1,7 Millionen Euro für die CSU


Inwieweit Einflussnahme über Parteispenden funktioniert, das wird immer wieder diskutiert. Verbände wie der Bund Naturschutz und Gewerkschaften spenden kein Geld an Parteien, die vbw durchaus. Zur Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gehören auch die bayerischen Metallarbeitgeber. Und die spenden kräftig an die CSU, mindestens 300.000 Euro jährlich. DGB-Chef Matthias Jena hat nachgerechnet. Er kommt auf die Spendensumme von 1,7 Millionen Euro in den letzten vier Jahren. Das macht den bayerischen Gewerkschaftsboss skeptisch:


"Es kann mir niemand erzählen, dass 1,7 Millionen Euro so spur- und wirkungslos bezahlt werden. Das glaube ich einfach nicht. Ich finde, man müsste wirklich drüber nachdenken, ob solche Spenden nicht verboten werden müssen." Matthias Jena, DGB-Chef


Ein CSU-Sprecher weist zurück, dass die vbw über die Spenden Einfluss auf die Politik nimmt. Er zitiert CSU-Chef Seehofer mit den Worten „Partnerschaft ja, Kumpanei nein“ und ergänzt: So agiere die CSU auch, das gelte für den Umgang mit der vbw ebenso wie für den Umgang mit dem DGB. Und vbw-Chef Bertram Brossardt sagt:


"Wir tragen auf die verschiedenste Weise zur demokratischen Willensbildung in unserem Land bei, durch Informationen, durch Gespräche. Und ein Teil ist es auch, über Parteispenden die demokratische Willensbildung bei uns zu stärken." Bertram Brossardt, vbw-Chef


Dass die SPD nur etwa 50.000 Euro im Jahr bekommt, die CSU aber das Siebenfache, das erklärt er damit, dass manche Parteien eben von ihrer Grundausrichtung und in ihrem politischen Handeln der Wirtschaft näher stünden.