Spatenstich für Nahwärmeleitung in Zöschingen.
Bildrechte: BR/Judith Zacher

Spatenstich für Nahwärmeleitung in Zöschingen.

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Wärme aus Luft und Licht: Erneuerbare Energien für Zöschingen

Heizen mit Luft und Licht, das will man in Zöschingen. In dem 700 Einwohner-Ort wird ein Nahwärmenetz gebaut, das durch erneuerbare Energie betrieben wird. In etwa einem Jahr sollen erste Haushalte damit auf eine eigene Heizung verzichten können.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Heizen mit der Energie aus Luft und Licht, das will die Gemeinde Zöschingen. Mit dem Spatenstich am Montag ist das Projekt jetzt auch offiziell gestartet. Geplant wird schon seit zwei Jahren. Die Gelegenheit, das Ganze jetzt in die Hand zu nehmen, war günstig, um nicht zu sagen: "Man musste sie beim Schopfe packen", meint Zöschingens Bürgermeister Tobias Steinwinter. Zurzeit wird in dem kleinen Ort auf knapp zwei Kilometern die Hauptstraße saniert. Weil die Straße sowieso schon aufgerissen ist, sollen in Zöschingen neben Glasfaser-Leerrohren auch gleich die Rohre für die Wärmeleitung verlegt werden. Denn: Nach einer solchen Baumaßnahme darf die Straße zehn Jahre lang nicht mehr aufgerissen werden.

Bereits 2024 soll in Zöschingen Nahwärme fließen

Die Resonanz im Ort ist positiv: Etwa ein Viertel der Haushalte will sich gleich komplett anschließen lassen, einige lassen zumindest eine Leitung bis zu ihrem Haus legen – um dann parat zu sein, wenn etwa die noch funktionierende alte Öl-Heizung den Geist aufgeben sollte und eine neue Heizung her muss. Verlegt wird das Netz nicht nur entlang der Hauptstraße, sondern, dank der großen Nachfrage, auch in einigen Seitenstraßen, freut sich Bürgermeister Tobias Steinwinter. Die Fertigstellung ist für Oktober 2024 geplant. Heißt: Bereits im Winter 24/25 sollen die ersten Haushalte mit der Anlage beheizt werden. Geplant ist, das Projekt je nach Nachfrage nach und nach auszuweiten. Wer sich aber nicht sofort anschließen lassen will, kann das auch später noch tun, sofern sich in einer Straße mehrere Hauseigentümer dafür entscheiden. Mittelfristig soll der gesamte Ort mit Nahwärme beliefert werden.

Luft und Licht statt Öl oder Gas für die Heizung

Während bei vergleichbaren Anlagen bisher meist Biogasanlagen oder Hackschnitzel Energie beisteuern, soll die Zöschinger Nahwärme-Versorgung als erste im Landkreis Dillingen allein mit der Energie aus Luft und Licht laufen. Dafür wird zum einen eine Photovoltaikanlage gebaut. Da die Module zu drei Viertel auf Gemeindegrund aufgestellt werden, habe es damit keine Probleme gegeben, so Bürgermeister Steinwinter. Mit dem Strom soll eine Luft-Wärmepumpe betrieben werden. Das Besondere daran: Während gerade bei weniger gut isolierten Altbauten herkömmliche Luft-Wärmepumpen als Heizung nicht ausreichen, schaffe es eine solche industrielle Wärmepumpe auch für diese Häuser genügend Wärme zu erzeugen, so Felix Schwahn, Geschäftsführer der Firma JP Joule Wärme aus Buttenwiesen.

Zöschingen beteiligt sich an Kosten – auch für mehr Mitspracherecht

Gemeinsam mit der Gemeinde Zöschingen hat JP Joule eine GmbH gegründet, an der die Gemeinde einen 25-prozentigen Anteil hat. So will Bürgermeister Tobias Steinwinter garantieren, dass die Gemeinde den nötigen Einfluss hat und außerdem immer gut informiert ist. Der Aufsichtsrat soll größtenteils mit Mitgliedern des Gemeinderats besetzt werden. Zöschingen hat außerdem 250.000 Euro in die GmbH einbezahlt. Insgesamt soll das Wärmenetz etwa neun bis zehn Millionen Euro kosten. Fünf Millionen entfallen dabei auf die Verlegung der Rohre, bis zu drei Millionen soll der PV-Park kosten, für die Wärmepumpe sind eineinhalb Millionen Euro veranschlagt. Den Bürger kostet der Anschluss bis ans Haus derzeit etwa 9.000 Euro. Wer sich nur die Option erhalten will, sich anzuschließen, zahlt 300 Euro.

Nachfrage nach Nahwärmelösungen steigt

Marlene Schmidt aus Zöschingen hat sich für den Anschluss entschieden: Von der Nahwärme erwartet sie sich eine sichere, einfache und zuverlässige Wärmequelle für ihr Haus. Klar kämen da Kosten auf sie zu, aber auch ihre Öl-Heizung müsste sie bestimmt in den nächsten Jahren austauschen, meint die Zöschingerin. Der Vorteil für die Verbraucher bei der Nahwärme ist, dass nach den Anschlusskosten nur noch die Wärme bezahlt werden muss und nicht jeder Haushalt eine eigene Heizung warten, reparieren und erneuern lassen muss. Ein Lager wie zum Beispiel einen Öltank braucht man ebenfalls nicht. Ein Modell, für das sich offenbar zahlreiche Kommunen interessieren: Die Nachfrage habe sich in den vergangenen Monaten verdoppelt bis zu verdreifacht, so eine Sprecherin der Buttenwieser Firma. Erst vergangene Woche war Spatenstich für das Nahwärmenetz in Wittislingen im Landkreis Dillingen, und auch in Mertingen im Landkreis Donau-Ries wurde kürzlich eine Luft-Wärmepumpe in Betrieb genommen. Übrigens: Während die einen von Nah-, die anderen von Fernwärme sprechen: Rein technisch gibt es keinen Unterschied. Welcher Begriff gewählt wird, hängt allein von der Länge des Wärmenetzes ab.

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