Die ersten Theatergäste trudeln abends um halb acht Uhr in der Therme Bad Rodach ein. Statt einer Marke für einen abgegebenen Mantel erhalten sie ein Armband, mit dem sie das Drehkreuz am Eingang durchqueren können. Sommerkleider und Badeshorts sind der Dresscode. Aus Handtaschen und Tüten werden im Barfußgang Badelatschen gezückt und unter Gelächter an die Füße gesteckt. Wer sie vergessen hat, läuft barfuß über die Schwimmbadkacheln durch feucht-heiße Luft zum Eingang des "Baumwipfelpfades", einem Raum mit Galerie, Therapiepool, Deko-Birkenstämmen und nest-artigen Ruheliegen, in dem sonst Saunagäste chillen. 60 weiße Plastikstühle sind um den ehemaligen Therapiepool platziert. Auf die Zuschauer wartet das Theaterstück "Der thermale Widerstand" von Ferdinand Schmalz, einem jungen österreichischen Autoren.
Konflikt um ein Kurbad
Das Setting: ein Kurbad. Im Schwimmbecken dümpeln ältere Kurgäste mit Verdauungsproblemen in gelben Schwimmreifen über die Wasseroberfläche. In ihnen und im Kurbad brodelt es. Denn ein Getränkeriese möchte aus dem Bad ein elitäres Schwimmparadies, das "Tropical Paradise", machen. Minderheiten sollen draußen bleiben. Verschiedene Mitarbeitende haben verschiedene Meinungen dazu. Die Kurleiterin ist Feuer und Flamme. Doch Bademeister Hannes (dargestellt von Florian Graf) begehrt auf. Er will, dass die Therme für alle bezahlbar bleiben soll. Regisseurin Katja Ladynskaya lässt ihn sein Motto "Die Bäder denen, die baden wollen" aus dem Untergrund auf Handtücher sprühen. "Daraus erwächst ein Konflikt, unter dem vor allem die Kurgäste leiden werden", so die Regisseurin.
Ausgrenzung und Widerstand
"Der thermale Widerstand" ist keine sommerliche Komödie, sondern ein ernstes Aktivisten-Stück mit humoristischen Elementen. Die Thematik ist ebenso aktuell wie tiefgreifend. Es geht um Ausgrenzung, Abschottung und die Frage nach Widerstand und der Bereitschaft, zu teilen. "In dem Stück steht die Therme symbolisch für die Wohlfühlgesellschaft", erklärt Regisseurin Ladynskaya. "Mir war es ein großes Anliegen, uns alle als Wohlfühlgesellschaft auch darzustellen und zu zeigen, inwiefern wir die anderen an unserem Wohlstand teilhaben lassen möchten." Die anderen, das sind zum Beispiel Flüchtlinge. Häufig ist im Stück von "Überschwemmungen" oder "Wellen" die Rede.
Nach dem Entspannungsraum kommt die Sauna
"Der thermale Widerstand" wird insgesamt viermal in der Therme Bad Rodach aufgeführt. Weil alle Termine bereits ausgebucht sind, gibt es Überlegungen von beiden Seiten, weitere Vorstellungen anzubieten. Die Kooperation zwischen dem Landestheater Coburg und der Therme Bad Rodach ist mit dem Stück von Ferdinand Schmalz noch lange nicht zu Ende. Die Theatermacher haben bereits andere Räume in der Therme Bad Rodach inspiziert – und liebäugeln zum Beispiel mit der Sauna. Auch dort sind Badelatschen Pflicht für die Gäste.
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