Plötzlich sind Knallgeräusche, ähnlich wie Schüsse, am Hauptbahnhof zu hören, in der Ferne heulen Martinshörner, Streifen- und Rettungswagen rasen durch die Stadt und Polizisten in Schutzausstattung stürmen in das Gebäude. So in etwa wird sich das Übungsszenario in der Nacht von heute auf morgen im sogenannten Starnberger Flügelbahnhof abspielen. Es dauert von Mitternacht bis etwa 4.00 Uhr morgens.
Rund 1.000 Polizisten trainieren den Ernstfall
Beteiligt sind nicht nur die Münchner Polizei und die Bundespolizei, sondern auch die Feuerwehr, die Rettungsdienste sowie die Deutsche Bahn und das Landratsamt München. Mit der Übung soll unter anderem die Zusammenarbeit der Einsatzkräfte im Ernstfall trainiert werden. Nach dem Amoklauf in München, aber auch mit Blick auf die Ereignisse der letzten Jahre im In- und Ausland habe die Polizei bewährte Einsatzpläne überarbeitet, verfeinert und angeglichen. Rund 1.000 Polizisten werden im Einsatz sein, dazu 800 zum Teil geschminkte Statisten.
Starnberger Flügelbahnhof gesperrt
Was sich genau im Starnberger Flügelbahnhof abspielen wird - ob es ein Amoklauf ist oder ein Terroranschlag - darüber sagt die Polizei nichts. Schließlich sollen die Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienste spontan reagieren müssen, damit es so realitätsnah wie möglich ist. Außerdem darf nicht nach außen dringen, welche Taktik die Polizei im Ernstfall anwendet. Deshalb ist der Bereich komplett abgesperrt, auch einige Straßen werden nicht befahrbar sein. Sichtschutzwände und bereitgestellte Züge werden dafür sorgen, dass die Übung im nördlichen Teil des Bahnhofs ohne Augenzeugen über die Bühne geht.
Im Ernstfall zählt jede Sekunde
Beteiligt sind außerdem rund 500 Feuerwehrleute, THW-Mitarbeiter sowie Mediziner: Auch bei ihnen geht es darum, durch die Übung im Ernstfall noch schneller handeln zu können. Denn dann zählt jede Sekunde: Um sicherzustellen, dass die Menschen, die am schwersten verletzt sind so schnell wie möglich in die Kliniken kommen, ruft die Integrierte Leitstelle bereits beim Bekanntwerden einer Katastrophe (eines sogenannten Massenanfalls von Verletzten) die dafür vorgesehene Patientenverteilermatrix auf. Kliniken werden informiert, die Transportkapazitäten erhöht und ein Krisenstab eingerichtet.
Betreuung vor Ort
Vor Ort wird eine Stelle zur Verletztenversorgung aufgebaut, die Patienten registriert und festgelegt, wer zuerst ins Krankenhaus gebracht werden muss. Hinzu kommt, dass auch unverletzte Leute betreut werden müssten. Hierfür werden der Feuerwehr zufolge Sammelstellen eingerichtet - dort kümmert sich dann das Kriseninterventionsteam um die Betroffenen. Auch diese Anlaufstellen müssen aufgebaut und organisiert werden. Selbst die Rettungskräfte werden zum Teil direkt nach dem Einsatz von speziell ausgebildeten Kollegen betreut. All diese Konzepte greifen laut Feuerwehr ineinander - und das müsse immer wieder geübt und trainiert werden.
Bürgertelefon freigeschaltet
Zeitgleich zum Hauptbahnhof proben die Einsatzkräfte auch im Münchner Norden den Ernstfall. Davon werden die Anwohner aber wenig mitbekommen. Anders als am Hauptbahnhof und in der Münchner Innenstadt. Deshalb ist ein Bürgertelefon unter der Nummer 089/2910-1910 freigeschaltet. Am Bahnhof werden Reisende im nicht gesperrten Teil von der Bahn und von der Polizei informiert. Es wird eine Begleitung geben über Soziale Medien, so dass zu jeder Zeit klar ist: Am Hauptbahnhof wird nur geübt. So sollen auch Gerüchte, die sich gerne über Messengerdienste in Windeseile verbreiten, im Keim erstickt werden.
Bahnverkehr nicht beeinträchtigt
Der Bahnverkehr findet mit Ausnahme von vereinzelten Gleisänderungen ohne Beeinträchtigungen statt. Details werden durch die Münchner Verkehrsgesellschaft zeitnah bekannt gegeben.
Ähnliche Übungen gab es bereits in anderen Städten, etwa Frankfurt am Main, Leipzig und Lübeck. Sie waren aber bedeutend kleiner. Außerdem werden die Münchner, sowie Reisende und Passanten am Einsatztag umfassend informiert.