In diesem Gewässer, das von den Neustädter Fischerfreunden genutzt wird, wurden PFAS nachgewiesen.
Bildrechte: BR/Andreas Wenleder

In diesem Gewässer, das von den Neustädter Fischerfreunden genutzt wird, wurden PFAS nachgewiesen.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Schädliche PFAS in Neustadt: Ein Problem für Jahrzehnte

In Neustadt an der Donau wurde auf dem Bayernoil-Raffinerie-Gelände jahrelang bedenklicher Löschschaum mit PFAS eingesetzt, der noch heute die Umwelt belastet. Eine geplante Anlage soll Abhilfe schaffen. Eine schnelle Lösung ist aber nicht in Sicht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Es ist das Jahr 2009, als eine Nachricht der Firma Bayernoil bei Erhard Garbe ein mehr als mulmiges Gefühl entstehen lässt. Garbe ist seit Jahren Vorstand der Neustädter Fischerfreunde. Ihm wird berichtet, dass ein vereinseigenes Gewässer mit Chemikalien belastet ist. Etwas später folgt eine weitere Nachricht – dieses Mal vom Landratsamt: Fische aus dem Gewässer dürfen demnach nicht mehr verkauft werden, wird Garbe mitgeteilt.

Recht viel mehr erfährt er von den Behörden aber nicht. Informationen, wie gefährlich die Belastungen sein könnten oder Verhaltensregeln für die Fischer gibt es nicht. Was soll er nun seinen Vereinsmitgliedern sagen? Können die geangelten Fische noch selbst gegessen werden? Was ist mit den Menschen im Gebiet, die mit dem belasteten Grundwasser ihren Garten gießen? Garbe wusste es damals nicht und fühlte sich alleingelassen.

Wenig Informationen über Gefahren

Die betroffene Goldau liegt zwischen der Raffinerie der Firma Bayernoil in Neustadt und der Donau. Auch andere Gewässer und das Grundwasser, das hier in Richtung Donau abfließt, sind seit Jahren belastet. Auf dem Gelände der Raffinerie wurde von den frühen 90er-Jahren bis 2005 Löschschaum eingesetzt, der schwerabbaubare Perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) enthielt.

Der Löschschaum eignet sich dank der Stoffe zur Bekämpfung von Flüssigkeitsbränden. Mit dem auch bei Übungen verwendeten Schaum kamen die PFAS in den Boden, bauten sich dort nicht ab und gelangen somit auch jetzt noch nach Jahren kontinuierlich ins Grundwasser. "Damals war nicht bekannt, dass Umweltauswirkungen bestehen und insofern gab es da auch kein Problembewusstsein", sagt Bayernoil-Geschäftsführer Alexander Struck. "Das ist erst zwischen 2005 und 2010 aufgekommen und seitdem nehmen wir uns des Themas an."

Tabelle: PFAS in Bayern

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Jahrelang ohne Bedenken eingesetzt

Das Wissen über die Auswirkung der vielverwendeten Stoffe ist aber nach wie vor spärlich. Bei "neuerfundener Chemie" sei es immer ein Problem, dass mögliche Risiken erst Jahre später bekannt werden, sagt Konrad Pöppel vom Bund Naturschutz im Landkreis Kelheim. "Das wird dann Jahre später erst verboten, dann hat es sich in der Umwelt aber schon festgesetzt."

Die Politik habe hier zu spät reagiert, sagt auch Erhard Garbe, der weniger der Firma Bayernoil, sondern mehr der Staatsregierung Vorwürfe macht. Dass es Bedenken gibt, habe man nicht erst 2009 gewusst, sagt der Fischer-Vorstand. "Interessanterweise hat Bayernoil schon sehr viel früher von sich aus keine PFAS im Löschschaum mehr eingesetzt, also war das Thema schon bekannt. Ich hätte mir schon erwartet, dass die Politik sehr viel früher reagiert hätte", sagt Garbe heute im Rückblick.

Brunnengalerie soll helfen

Die Belastung bei den Fischen ist mittlerweile laut Garbe zurückgegangen, doch noch immer gelangen die Chemikalien Tag für Tag über das Grundwasser vom Raffineriegelände in die Umwelt – wenn auch in sehr geringen Mengen. Langfristig soll jetzt eine technische Anlage Abhilfe schaffen. Rund um das Firmengelände soll eine Kette mit bis zu 24 in regelmäßigen Abständen angeordneten Brunnen errichtet werden. Diese Brunnen-Perlenkette soll das abfließende Grundwasser abschöpfen und zu einer Aktivkohle-Filteranlage pumpen. So kann das Wasser gereinigt werden, damit die Chemie-Rückstände das Raffineriegelände nicht mehr verlassen.

Bei Bayernoil hofft man, die Anlagen spätestens im Jahr 2025 in Betrieb nehmen zu können. Aktuell läuft das Genehmigungsverfahren. Allerdings sei das Problem mit dem Einschalten der Anlage noch lange nicht gelöst, heißt es aus der Firmenleitung. Bis zu 20 Jahre könnten vergehen, bis der Eintrag in die Umwelt komplett gestoppt werden kann. Die Brunnen müssten aber auch danach noch Jahrzehnte weiterlaufen. "Das ist absolut kein Problem, das wir uns gewünscht haben", sagt Bayernoil-Geschäftsführer Struck, auch mit Blick auf die langfristigen Kosten der notwendigen Maßnahmen.

Sorge um Grundwasserstand

Bis zu 350 Kubikmeter Wasser in der Stunde sollen die zwei Dutzend Brunnen einmal pro Stunde fördern, damit kein belastetes Wasser das Werksgelände mehr verlässt, teilt der Raffineriebetreiber mit. Geplant ist, das gereinigte Wasser zu einem Großteil als Brauchwasser für die Raffinerie zu verwenden. Was mit dem restlichen Wasser passiert, ist derzeit noch unklar und sorgt jetzt bereits für Diskussionen. Sollte das überschüssige gereinigte Wasser direkt in die Donau abgeleitet werden, wird befürchtet, dass der Grundwasserspiegel im Abflussbereich der Raffinerie durch die Entnahme deutlich sinkt. Deshalb wird teilweise gefordert, dieses Wasser wieder ins Grundwasser einzuspeisen.

Wie es am Ende gemacht wird, hänge vom Genehmigungsverfahren und den Umweltverträglichkeitsprüfungen ab, teilt Bayernoil mit. Noch stehen die Ergebnisse aus. Auch wenn Bayernoil betont, eine möglichst gute Lösung für alle finden zu wollen, ist heute schon klar: Das PFAS-Problem wird die Region noch Jahrzehnte beschäftigen.