Michael Stolze
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Nach Rücktritt: Markt Schwabener wollen Bürgermeister umstimmen

Markt Schwabens Bürgermeister will das Amt schmeißen. Der Grund: Anfeindungen und Beleidigungen, aber auch "enorme" Erwartungshaltungen der Bürger. In einem offenen Brief baten ihn nun Hunderte Bürger darum, doch zu bleiben.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Es war eine Überraschung für viele Markt Schwabener, als ihr Bürgermeister Michael Stolze (parteilos) Ende Februar ankündigte, dass er von seinem Amt zurücktreten will. "Bürgermeister sein, das war sein Traumberuf", sagt Hilde Haushofer. "Als er sich 2020 aufstellen ließ, wollte er den Job unbedingt machen."

Michael Stolze sei stark verwurzelt in Markt Schwaben – und ja, er sei auch äußerst beliebt, betont Haushofer. Sie organisiert den Aktivkreis "Markt und Menschen" in der Gemeinde und hat gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen der Aktivkreise am Wochenende einen offenen Brief verfasst. Darin bitten sie Bürgermeister Stolze, doch nicht zu gehen.

Offener Brief hat in wenigen Tagen über 700 Unterstützer

Den Brief konnten Bürger und Bürgerinnen von Markt Schwaben im Landkreis Ebersberg seit Sonntagnachmittag unterschreiben. Bis jetzt (Stand Mittwochmittag, 13.03.2024) seien schon mehr als 700 Unterschriften zusammengekommen, erzählt Haushofer am Telefon.

Weil dem Marktgemeinderat bereits am Donnerstag der Rücktrittsantrag von Stolze vorgelegt werden soll, übergaben die Ehrenamtlichen den Brief samt Unterschriften bereits am Dienstag im Rathaus. Zum damaligen Zeitpunkt hatte der Brief schon über 600 Unterstützer.

Das Ziel der Aktion: Der Bürgermeister sollte sehen, wie viele Bürger und Bürgerinnen der 15.000 Einwohner großen Gemeinde ihn unterstützen. Und: Er sollte sich das mit dem Rücktritt doch nochmal überlegen.

Bürgermeister: Entscheidung sei "unverrückbar"

Offiziell unterschreiben dürfe man den Brief noch bis zum 31. Mai, dem letzten offiziellen Arbeitstag von Stolze, erzählt Haushofer. Doch ob die Initiative den Bürgermeister tatsächlich davon überzeugen kann, von seinem Rücktritt zurückzutreten – daran zweifelt sie: "Ich denke, er wird von der Entscheidung nicht abrücken", so die Ehrenamtliche. "Er hat sich die Entscheidung damals nicht leicht gemacht." Das Rathaus von Markt Schwaben bestätigte diese Vermutung auf Anfrage: Seine Entscheidung sei "unverrückbar", ließ der Bürgermeister über sein Sekretariat ausrichten.

Flüchtlingsunterkunft sorgt für Spaltung

Hintergrund für diese Entscheidung waren Kontroversen über eine geplante Flüchtlingsunterkunft im Ort. Der Landkreis Ebersberg wollte in einem nicht mehr genutzten Werksgebäude der Firma Atron rund 120 Asylsuchende unterbringen. Dagegen habe sich eine Bürgerinitiative gegründet, erzählte Michael Stolze Anfang März dem Bayerischen Rundfunk. Doch nicht nur unter den Markt Schwabener Bürgern und Bürgerinnen wurde das Thema heiß diskutiert, sondern auch im Marktgemeinderat. Dort sei es zu regelrechten Zerwürfnissen gekommen.

Auch er selbst habe Beleidigungen, Beschimpfungen und viel Hass über Social Media einstecken müssen, berichtete Stolze. Und zwar nicht nur beim Thema Flüchtlingsunterkunft: Als Anfang Dezember viel Schnee gefallen und am nächsten Tag nicht überall perfekt geräumt war, wurde er beschimpft, beleidigt und angefeindet. Die Erwartungshaltung der Bevölkerung sei enorm und unrealistisch, alles müsse immer und sofort erfüllt werden, sagte Stolze. Das alles habe ihn in der Summe zu der Entscheidung bewogen, das Amt als Bürgermeister abzugeben.

Auch körperliche Angriffe

Laut Christian Erhardt-Maciejwski, Chefredakteur der Zeitschrift "Kommunal", ist die Causa Stolze kein Einzelfall: Im Interview mit BR24 TV sagte er, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu Rücktritten von Bürgermeistern gekommen sei. Wegen Beleidigungen, Anfeindungen und teils sogar körperlichen Angriffen wollte laut einer Umfrage der Zeitschrift Kommunal "jeder fünfte Bürgermeister in Deutschland beim nächsten Mal möglicherweise nicht mehr antreten", so Erhardt-Maciejwski. Das könne langfristig zu Personalmangel in den Rathäusern führen.

Markt Schwaben sucht neuen Bürgermeister

Für die Gemeinde Markt Schwaben stellt sich die Frage nach der Nachfolge spätestens am 31. Mai. Bislang sei noch unklar, wie es dann weitergeht, sagt Haushofer vom Aktivkreis Markt und Menschen. Es wird wohl Neuwahlen geben, und vorstellbar wäre auch, dass diese eventuell am selben Tag stattfinden wie die Europawahlen am 9. Juni. Doch all das sind bislang Vermutungen. Nur eins ist sicher: Markt Schwaben wird künftig ohne Michael Stolze im Rathaus auskommen müssen.

Im Video: Markt Schwabens Bürgermeister Stolze will und kann nicht mehr

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