Margot Käßmann am BR-Sonntags-Stammtisch
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Margot Käßmann am BR-Sonntags-Stammtisch

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Theologin Käßmann: Kontakt zu russischer Bevölkerung pflegen

Die evangelische Theologin Margot Käßmann warb am BR-Sonntags-Stammtisch dafür, auch andere Meinungen zum Ukraine-Krieg ernst zu nehmen - und den Kontakt zur russischen Zivilbevölkerung weiter zu pflegen.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, forderte am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen, die kritischen Stimmen zu den Waffenlieferungen in die Ukraine nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Ihre eigene pazifistische Haltung hinterfrage sie seit Kriegsbeginn. "Wer eine pazifistische Haltung hat, kann schuldig werden, die Demut habe ich."

Die zentrale Frage für Käßmann ist, wie der Krieg möglichst schnell beendet werden könne. Natürlich sei es schwierig, mit Putin zu verhandeln, aber der Krieg müsse zu einem Ende kommen. Sie wünsche sich, dass die Kontakte zur russischen Zivilbevölkerung und zur inner-russischen Opposition aufrechterhalten würden. "Es ist nicht so, dass alle Russen sich freuen, einen Krieg zu führen und ihre Söhne und Ehemänner in den Krieg zu schicken. Wir werden auch in Zukunft mit Russland leben müssen", so Käßmann. Es sei daher wichtig, die Leute in Russland zu unterstützen, die den Krieg kritisieren.

Laschet: Solidarische Unterstützung richtig

Auch der ehemalige Union-Kanzlerkandidat Armin Laschet warb am Sonntags-Stammtisch für eine Pluralität der Meinungen: "Dass man in Zeiten von Krieg und Frieden auch unterschiedlicher Meinung sein kann und nicht alle nur für Panzer sein müssen, das halte ich in der Diskussionskultur für wichtig." Laschet, der mittlerweile im Auswärtigen Ausschuss sitzt, lobte den besonnenen Kurs des Bundeskanzlers Olaf Scholz und würde selbst auch "nicht so viele Waffen liefern wie möglich".

Eine solidarische Unterstützung der Ukraine sei aber richtig, vor allem, solange sie sich auf eine defensive Nutzung der Waffen konzentriere. "Heute zu sagen, wir liefern keine Waffen in die Ukraine, weil wir Pazifisten sind, das wäre falsch. Denn damit würden wir ein Volk, das sich nach Freiheit sehnt, alleine lassen. Das können wir nicht machen."

Hat Merkel falsch agiert?

Laschet verteidigte auch den Kurs der ehemaligen Bundesregierung unter Führung von Angela Merkel in Sachen Ukraine-Politik. Merkel habe auf den Minsker Prozess gesetzt, um zu versuchen, dass es nicht zum ganz großen Krieg komme. Theoretisch hätte Russland auch schon 2014 die Ukraine komplett angreifen können. "Das ist verhindert worden, weil man im Gespräch war, weil man die Diplomatie genutzt hat. Ich glaube, 2014 wäre die Ukraine sehr schnell überrollt worden."

Dass der Ukraine 2008 kein Nato-Beitritt in Aussicht gestellt wurde, sieht Laschet auch heute noch als richtig an. "Ich teile auch diese Vorsicht, denn sonst wären wir heute Kriegspartei."

Laschet über Zustand der Bundeswehr besorgt

Besorgt äußerte sich Laschet über den Zustand der Bundeswehr: Hier müsse der Bundeskanzler seine Versprechen der Zeitenwende einhalten. "Man muss diagnostizieren, dass in dem Zustand, in dem die Bundeswehr ist, sie in einem ernsthaften Konflikt nicht stark genug wäre. Deshalb muss man jetzt vieles nachholen, was man über Jahre nicht gemacht hat."

Theologin Margot Käßmann warnte dagegen vor einer Rüstungsspirale. "Ist denn die Lösung, dass sich alle immer mehr bewaffnen?"

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