Blick in den Verhandlungssaal des Kriminalgerichts Moabit. Im Hintergrund die Richter und die Angeklagten, die ihre Gesichter verdecken.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Blick in den Verhandlungssaal des Kriminalgerichts Moabit. Im Hintergrund die Richter und die Angeklagten, die ihre Gesichter verdecken.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Leiche im Koffer nach Oberbayern: Mordprozess gegen zwei Brüder

War es ein "Ehrenmord"? Zwei Brüder aus Afghanistan sollen ihre Schwester getötet und ihre Leiche im Zug in einem Koffer nach Neuburg-Schrobenhausen gebracht haben. Die für heute geplanten Plädoyers am Berliner Landgericht wurden jetzt verschoben.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Im Prozess gegen zwei Brüder aus Afghanistan, die ihre 34-jährige Schwester umgebracht haben sollen, ist nach Planungen des Berliner Landgerichts ein Urteil in Sicht. Nach zehnmonatiger Verhandlung wollte das Gericht eigentlich heute die Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung hören, doch die verzögern sich wegen einer möglichen neuen Zeugin.

Nach einer "ergänzenden Erklärung" eines der Angeklagten am Montagvormittag entschied das Gericht, dass die Beweisaufnahme entgegen den Planungen doch nicht geschlossen werden könne. Es soll nun ermittelt werden, ob es eine in der neuen Aussage des 27-Jährigen Angeklagten genannte Maklerin gibt, die gegebenenfalls noch als weitere Zeugin befragt werden kann. Der Angeklagte hatte erklärt, er habe sich am Tattag mit seiner Schwester getroffen, um eine Wohnung für sie und ihre Kinder zu besichtigen. Die Verhandlung wird am 19. Januar fortgesetzt.

Staatsanwaltschaft: Mord wegen gebrochener Moralvorstellungen

Die beiden 27 und 23 Jahre alten Brüder sollen ihre Schwester am 13. Juli 2021 ermordet haben, weil sich die zweifache Mutter Moralvorstellungen der afghanischen Familie nicht unterworfen und zudem nach ihrer Scheidung eine Liebesbeziehung geführt habe. Die Leiche sollen die Brüder den Erkenntnissen zufolge in einem Rollkoffer vom Bahnhof Berlin-Südkreuz im ICE nach Bayern gebracht haben.

Leiche wird in Erdloch gefunden

Drei Wochen später wurde die Tote in einem Erdloch in der Nähe des bayerischen Wohnortes des 27-Jährigen entdeckt. Der ältere Angeklagte hatte nach rund sechsmonatigem Prozess sein Schweigen gebrochen und in einer verlesenen Erklärung eine angebliche Spontantat geschildert. Es sei zu einem heftigen Streit um Geld für ihre Familie in der Heimat gekommen, hieß es darin. Er habe seine Schwester nicht töten wollen. Sein mitangeklagter Bruder sei nicht anwesend gewesen. Den 23-Jährigen habe er dann gezwungen, ihm bei der Verschleierung der Tat zu helfen, so der 27-Jährige.

Verteidigung beantragt Freilassung des jüngeren Bruders

Die Anwälte des 23-Jährigen beantragten am 38. Prozesstag erneut die Freilassung ihres Mandanten. Es gebe keine Anhaltspunkte für seine Täterschaft, erklärten sie. Doch am heutigen 39. Prozesstag lehnte das Gericht eine Freilassung erneut ab. Die beiden Verteidiger waren bereits vor rund drei Monaten mit einem Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls gescheitert.

Diskussion um Integration

Der Fall hatte eine Debatte um die gescheiterte Integration von Flüchtlingen ausgelöst. Die Frau und ihre Brüder waren vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Von ihrem afghanischen Mann hatte sich die Frau 2018 scheiden lassen.

(Material von dpa)

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!