Jeanne Turczynski aus der Redaktion Wissen und Bildung
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Kommentar: Aussetzung der Impfpflicht ist das falsche Signal

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will die Impfpflicht im Gesundheitswesen vorerst nicht umsetzen. Ein vollkommen falsches Signal zur falschen Zeit, meint Jeanne Turczynski.

Ja, es fehlt Personal im Gesundheitswesen, besonders in der Pflege. Ja, es stehen Intensivbetten leer, weil das Personal fehlt, um die Patienten zu betreuen. Ja, es könnte sein, dass sich der eine oder die andere tatsächlich stigmatisiert fühlt, wenn Mitarbeitende im Pflegeheim oder Krankenhaus sich nun impfen lassen müssen, der Rest der Bevölkerung aber noch nicht. Und trotzdem: Bayerns Ministerpräsident gibt das vollkommen falsche Signal zur falschen Zeit, indem er die Impfpflicht im Gesundheitswesen aussetzen will.

Pflegekräfte müssen nah bei den Patienten sein

Zwar ist die Lage in den Kliniken nicht so angespannt wie noch vor ein paar Wochen befürchtet – aber die Patientenzahlen mit Corona-Infektionen steigen. Und da ist es vollkommen egal, ob sie wegen oder mit einer Infektion in der Klinik landen. Denn das betreuende Personal muss nah bei den Patienten sein. Social Distancing in der Pflege, das ist ein Widerspruch in sich.

Ja, auch Geimpfte und selbst Geboosterte können sich anstecken. Aber das passiert deutlich seltener und sie sind dann auch weniger ansteckend. Die Impfung ist also gerade für diejenigen mit engem Kontakt zu Risikopersonen der beste wirksame Schutz.

Irritierender Widerspruch

Noch wichtiger: Sie ist ein Signal: Ihr seid wichtig, wir können nicht auf euch verzichten, ohne euch bekommen wir die Pandemie nicht in den Griff. Wenn jetzt diese Impfpflicht ausgesetzt wird – dann ist das politische Signal: Die Impfung ist uns egal, sie bringt sowieso nichts. Und das ist fatal.

Deshalb ist auch der Widerspruch besonders irritierend, wenn Ministerpräsident Söder trotzdem an einer allgemeinen Impfpflicht festhält. Wie ist es zu vermitteln, dass diejenigen, die ein besonders hohes Infektionsrisiko haben, in Krankenhäusern und Pflegeheimen, sich nicht impfen lassen müssen – alle anderen aber schon?

Die nächste Virusvariante wird kommen

Medizinisch ist das jedenfalls nicht zu begründen. Wer jetzt behauptet, die Impfpflicht sei kein wirksames Mittel mehr, um die Omikron-Welle zu stoppen, der handelt fahrlässig und kurzsichtig. Denn der Herbst wird kommen und mit ihm die nächste Virusvariante. Und dann ist das Immungedächtnis wichtig, das gerade durch eine Impfung aktiviert wird, auch wenn Omikron schon weg ist. Für die nächste Welle sollten wir alle gerüstet sein. Besonders aber diejenigen, die jeden Tag nah bei den schwächsten ihre Arbeit tun.

Ein Kommentar von Jeanne Turczynski, Redaktion Wissen und Bildung

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