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Regen

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In der 11.000-Einwohnerstadt Regen leben 500 Flüchtlinge

Wie klappt das Zusammenleben der Einheimischen mit den Flüchtlingen in der niederbayerischen Stadt Regen - der Stadt, in der 17 Prozent der Bürger bei der letzten Bundestagswahl ihr Kreuzchen bei der AfD gemacht haben? Von Renate Roßberger

Das Stadtbild der kleinen Bayerwaldstadt hat sich in den letzten Monaten merklich gewandelt - Syrer, Afghanen, stellt auch Karl Zimmermann fest. Er ist Sprecher des Helferkreises Asyl in Regen, der den Flüchtlingen gegenüber positiv eingestellt ist: 

"Wir haben schon relativ viele Dunkelhäutige hier: Syrer, Afghanen, auch viele Afrikaner. Auch das Kopftuch ist sehr häufig verbreitet." Karl Zimmermann 

"Niemand will offen darüber reden"

Die nüchterne Beobachtung eines Unverdächtigen. Karl Zimmermann gegenüber schimpft auch keiner über die inzwischen mehr als 500 Flüchtlinge in der 11.000 Einwohner-Stadt. Er hat aber den Eindruck, dass bei manchen Leuten doch ein gewisses Unbehagen besteht, dass sich auch in der Bundestagswahl niedergeschlagen hat.

"Aber niemand will offen darüber reden – vielleicht weil man Angst hat, dass man als Rassist angesehen wird." Karl Zimmermann

17 Prozent haben in Regen bei der letzten Bundestagswahl ihr Kreuzchen bei der AfD gemacht - wegen der Flüchtlinge? Die Meinungen sind geteilt, wie Umfragen zeigen.

Schwierige Wohnsituation

Flüchtlinge bekommen die Wohnung bezahlt, solange sie nicht arbeiten können oder dürfen. Das stößt manchen sauer auf. Auf der anderen Seite belegen die neuen Regener Bürger oft Wohnungen, in die Deutsche womöglich gar nicht mehr einziehen würden:

"Das ist schon oft so, dass die Wohnungen nicht die modernsten sind. Da sind meistens auch nicht gut isoliert. Und dann sagt das Jobcenter, die Heizkosten seien zu hoch." Julia Länder, Jugendpflegerin

Die Jugendpflegerin Julia Länder hilft im Auftrag der Stadt anerkannten Asylbewerbern bei der Wohnungssuche. Regen leidet wie viele Kommunen in der Region an Bevölkerungsschwund, hat in den letzten Jahren rund 1.000 Einwohner verloren und damit auch viele Leerstände. Dennoch:

"Das ist eine schwierige Aufgabe, weil manche Leute Vorurteile haben. Manche sagen, dass ihnen solche Leute nicht ins Haus kommen. Ich glaube, dass die Leute ganz stark Angst vor Lärm haben oder davor, dass die Wohnungen zugemüllt werden." Julia Länder, Jugendpflegerin

Die Suche nach dem richtigen Metzger

Dabei gibt es bei denen, die untergebracht sind, keine großen Probleme, erzählt Länder. Ein Beispiel ist der Syrer Hamza Salama. Er lebt in Regen mit seinen Eltern und Geschwistern – 10 Leute insgesamt.

Am Stadtplatz betreibt er einen kleinen bunten arabischen Lebensmittelladen. Kunden sind vor allem Flüchtlinge. Manche Flüchtlinge misstrauen bayerischen Metzgern. Nicht der einzige Kulturunterschied, der sich bemerkbar macht, erzählt Bürgermeisterin Ilse Oswald:

"Es sind einige dabei, die wirklich sich integrieren wollen und können. Es gibt aber auch Schwierigkeiten. Zum Beispiel in der Schule ist es so, dass viele Jungs Probleme haben, sich von Lehrerinnen etwas sagen zu lassen. Es gab auch monatliche Sprechstunden für die syrischen Eltern. Die wurden zu wenig angenommen und deshalb leider eingestellt." Ilse Oswald   

Konkurrierende Familienclans und "herumlungernde" Flüchtlinge

Manche Flüchtlingskinder streiten untereinander, sagt sie, weil es zwei konkurrierende Familienclans unter den Flüchtlingen gibt. Mehr Schulsozialarbeiter wären nötig, außerdem staatliche Zuschüsse für die Wohnraumsanierung. Denn manche Flüchtlinge beklagen sich auch schon über die Zustände in ihren Wohnungen. Und die Stadt könnte dann den Flüchtlingszuzug nutzen, um langfristig die Leerstände auf Vordermann zu bringen. Was stört manche Einheimische sonst noch? Das "Rumlungern" , wie sie es empfinden, der jungen Asylbewerber im Kurpark, wo sie sich gern treffen. Vor allem manche Frauen trauen sich abends deshalb nicht mehr durch den Kurpark.

Einer dieser jungen Männer ist der 21-jährige Pavis aus Afghanistan. Sein Asylantrag wurde nicht anerkannt, er hat damit bisher auch keine Arbeit. Er wolle aber immer nicht zu Hause rumsitzen, sagt er, und so geht es vielen Flüchtlingen. Man trifft sich zum Reden.

Zu wenig Kontakt zwischen Flüchtlingen und Bürgern aus Regen

Wenn man mehr miteinander reden würde, es mehr Kontakte zwischen Einheimischen und gäbe, würden sich viele Probleme und Missverständnisse von selbst erledigen, sagt Karl Zimmermann vom Helferkreis Asyl. Aber das passiert viel zu wenig. Er verweist auf die sogenannten Gastarbeiter. Auch damals habe es sogenannte Clanbildungen gegeben, aber vor allem deshalb, weil sie ausgegrenzt wurden.

"Das ist aus meiner Sicht dazu gekommen, weil die sogenannten Gastarbeiter nie aus dem Status des Gastarbeiters rausgekommen sind. Die sind immer als Menschen zweiter Klasse gesehen worden und auch so behandelt worden." Karl Zimmermann

Dasselbe wird bei den Flüchtlingen passieren, fürchtet er.