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Warum es immer weniger Kirchenchöre gibt

In Bayern sinkt die Zahl der Kirchenchöre deutlich. Das zeigen Daten der evangelischen Landeskirche und der katholischen Bistümer. Die Ursachen sind vielfältig.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

In der evangelischen Landeskirche sank die Zahl der Chöre zwischen 1999 und 2015 um mehr als 500 auf nur noch gut 1.300. Eine Gesamtübersicht zur Entwicklung der katholischen Kirchenchöre gibt es zwar nicht, Angaben einzelner Bistümer zeigen allerdings, dass es auch hier einen Rückgang gibt. Im Bistum Augsburg ist die Zahl der Chöre in den vergangenen zehn Jahren von 905 auf 680 gesunken. Im Bistum Würzburg gibt es derzeit 175 Chöre weniger als vor siebzehn Jahren. Christian Heiß, Domkapellmeister im Bistum Eichstätt, spricht von einem "leichten Rückgang". Einzig im Bistum Regensburg ist die Zahl in den vergangenen Jahren gestiegen.

Regelmäßiges Proben unbeliebt

Die Bereitschaft zu einer langfristigen Bindung sei nicht mehr so vorhanden, sagt eine Sprecherin der Erzdiözese München und Freising. Während es schwieriger werde, Mitglieder für wöchentlich probende Chöre zu finden, seien andere Kirchenmusikgruppen aber nach wie vor populär - etwa Projektchöre, die nur zu bestimmten Anlässen proben. Ähnlich sieht das auch Marius Schwemmer, Dommusikdirektor vom Bistum Passau. Während die traditionellen Kirchenchöre altern, entstünden neue Ensembles, die auch junge Leute begeistern könnten. Diesen Eindruck bestätigt eine Sprecherin des Erzbistums Bamberg.

Fachkräftemangel auch bei den Kirchen

Doch dass die Mitglieder der Kirchenchöre immer älter werden, ist nicht das einzige Problem. Nach Einschätzung von Experten gibt es vielerorts auch einen Mangel an Kirchenmusikern. "Wir haben tatsächlich - sowohl in der katholischen wie evangelischen Kirche - einen Fachkräftemangel und Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen", sagt Stefan Baier, Rektor der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik in Regensburg. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Gestaltung der Gottesdienste, darunter leidet auch die weltberühmte deutsche Kirchenmusik.

"Dadurch, dass immer weniger Menschen in die Kirchen gehen, ist das Potenzial an verfügbaren Chorsängern natürlich auch minimiert". Kunibert Schäfer, Dozent der Hochschule Regensburg

Weil es in Bayern viele kleine Pfarreien gebe, gebe es auch viele kleine Chöre, erklärt Schäfer. Da kleine Pfarreien allerdings meist wenig Geld für die Kirchenmusik übrig hätten, würden die Chöre dann oft von Laien und von nebenberuflichen Chorleitern geleitet. "Diese verrichten ihre Aufgabe im Idealfall auch gut, aber natürlich nicht professionell. Das Niveau bleibt dann leider häufig auf der Strecke." Eine Idee wäre, die Chöre kleinerer Gemeinden zusammenzulegen, und gleichzeitig mehr hauptberufliche Kirchenmusiker anzustellen, so Schäfer. Sterben die Kirchenchöre, wäre das nicht nur aus musikalischer Sicht traurig, so Baier. "Die Kirchenmusik ist nicht nur schmückendes Beiwerk, das die Liturgie verschönert", erklärt er. "Quis cantat bis orat" lautet ein alter Spruch, der dem Heiligen Augustinus zugerechnet wird: Wer singt, betet doppelt