Auch in diesem Winter dürfte sich der Trend verstärken, prognostizierte die Storchenexpertin beim Bayerischen Landesbund für Vogelschutz (LBV), Oda Wieding, in Hiltpoltstein. Besonders in Schwaben und Mittelfranken blieben die Weißstörche vor Ort. Die abfliegenden Tiere machten immer mehr Spanien statt Westafrika zu ihrem Winterquartier. Daher machten sie sich instinktiv erst später auf - und blieben bei günstiger Witterung einfach da.
Zudem blieben Störche aus Zucht- und Wiederansiedlungsprogrammen in der Schweiz, im Elsass und in Baden-Württemberg, die es nach Bayern verschlagen habe, vermehrt hier: "Wenn man sie zwei, drei Jahre am Wegfliegen hindert, damit sie in Afrika nicht umkommen, dann gewöhnen sie sich eben daran, hier zu überwintern."
Riskante Reise in den Süden
Tatsächlich lauern auf dem Vogelflug in den Süden enorme Strapazen und Gefahren. So sei unklar, ob die Störche auf dem Weg etwas zu fressen fänden. Oder es bestehe das Risiko, dass sie sich durch Strommasten oder an scharfkantigen Gegenständen auf Müllkippen tödlich verletzen. Und einmal in Afrika angekommen, machten vielen Störchen unwirtliche Bedingungen wie Dürre und Unwetter oder Öllachen zu schaffen. In Tansania habe es Fälle gegeben, bei denen Zugvögel mit Giftködern erlegt und verspeist worden seien, sagte Wieding.
Angesichts aller möglichen Gefahren rund um die Reise in den Süden sei das Überwintern in Bayern also für die Störche "gar nicht so schlecht", so die Expertin. Doch herrsche in der Bevölkerung der Tenor vor, dass "ein Storch im Winter nicht hierhergehört". Mitunter gingen Anrufe besorgter Bürger ein. Ob der Storch denn nicht friere oder verhungere?, fragten viele. Dabei seien die Sorgen unbegründet. "Denn wie alle anderen überwinternden Singvögel hat der Storch seine Daunenjacke schon an", sagte Wieding in Anlehnung an das Gefieder der Vögel.
Genug Futter in milden Wintern
Überhaupt würden die Winter in Deutschland immer milder, über Wochen geschlossene Schneedecken gebe es kaum noch. Solange kein strenger Frost herrsche, fänden Störche auch genügend Nahrung wie Mäuse, Regenwürmer, kleine Schnecken und Fische. In Bayern fühlen sich die Vögel inzwischen wieder heimisch. In den 80er Jahren wurden nur knapp 60 Storchenpaare im Freistaat gezählt - zuletzt wurden rund 490 gemeldet.