Um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen weiter zu reduzieren, hat die EU-Kommission umfangreiche Einsparungen vorgeschlagen. Unter anderem soll das Energie-Sparziel der EU für 2030 von neun auf 13 Prozent erhöht werden. Dabei könnte auch ein Tempolimit eine Maßnahme sein, meint die Parteivorsitzende der bayerischen Grünen, Eva Lettenbauer.
Bayerische Grüne fordern Abkehr vom Koalitionsvertrag
In der "Münchner Runde" am Mittwochabend forderte sie von der FDP, beim Tempolimit vom Koalitionsvertrag abzurücken. "Zu einer Koalition gehört es auch, die Fakten immer mal wieder neu zu bewerten", sagte sie. "Das erwarte ich schon von der FDP, dass man sich jetzt nochmal genauer die Lage anschaut."
Für den bayerischen FDP-Chef Martin Hagen hingegen kommt genau das nicht in Frage. Er verwies darauf, dass der Koalitionsvertrag weiterhin gelte. "Da steht klar drin, die Koalition plant kein Tempolimit." Doch Lettenbauer entgegnete: "Auf Krisen zu reagieren, geht da für mich ganz klar vor."
Um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu reduzieren, sei ein Tempolimit eine einfache Möglichkeit. Sie sei überzeugt davon, dass die Bundesregierung diesen "nächsten Schritt" gehen werde. Auch für die Idee eines autofreien Sonntags zeigte sie sich offen.
FDP-Chef Martin Hagen spricht von "Scheindebatte"
FDP-Chef Hagen wiederum bezeichnete das Tempolimit als "Scheindebatte". "Es ist ein Placebo, sowohl bezogen auf den Klimaschutz, als auch auf die Frage, wie wir unabhängig werden von russischen Rohstoffen", meinte er. Dafür gebe es bessere Mechanismen.
Dass sich die Umweltminister der Länder zuletzt geschlossen für ein Tempolimit ausgesprochen haben, ist für Hagen kein Grund zum Umdenken. Dies sei ein Thema, über das der Bundestag und nicht die Länder entscheiden.
Insgesamt dürfe Deutschland nicht zu einem "Nanny-Staat" werden, der den Bürgerinnen und Bürgern kleinteilig Regeln vorschreibe. Zwar müssten die Pariser Klimaziele erreicht werden, doch das gelinge auch ohne Tempolimit.
Ökonom Marcel Fratzscher plädiert für umweltgerechte Preise
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DiW) Marcel Fratzscher kritisierte die Politik dafür, dass sie seit Jahren zu wenig in Nachhaltigkeit investiert habe. Dabei schloss er alle Parteien ein, die in den vergangenen 20 Jahren in Regierungsverantwortung waren, auch die Grünen. "Wir brauchen eine Verkehrswende und müssen viel mehr auf die Schiene verlagern", forderte er.
Im Verhältnis zum Schaden für die Umwelt und das Klima seien Autofahren und Fliegen zu günstig. "Die wirklichen Kosten von Autofahren und Fliegen müssen sich in den Preisen widerspiegeln." Derzeit lebe die Gesellschaft auf Kosten künftiger Generationen und das sei auch ökonomisch nicht sinnvoll. Dies müsse man sich bewusst machen und daher auf bestimmte Dinge verzichten.
Diskussion um nachhaltigen Lebensstil
In der Sendung ging es neben der Mobilität auch allgemein darum, wie ein nachhaltiger Lebensstil gelingen kann. Die Buchautorin Greta Taubert berichtete von ihrem Selbstversuch, ein Jahr lang auf Konsum zu verzichten. Das könne auch Freude machen. "Auch hinter dem Verzicht wartet ein gutes Leben", meinte sie. Wer beispielsweise einmal bei einer Schlachtung dabei war, konsumiere Fleisch danach bewusster.
Während FDP-Chef Martin Hagen sich generell für Eigenverantwortung einsetzte, wollte auch Grünen-Chefin Eva Lettenbauer nicht von "Verboten" sprechen. Beispielsweise bei der Fleischerzeugung plädierte Hagen dafür, dass die Haltungsformen generell verbessert werden und Lettenbauer forderte, dass sich auch Geringverdienende Bio-Fleisch leisten können.
Fratzscher hingegen widersprach. "Ich bin überzeugt, dass nicht Biolebensmittel zu teuer sind, sondern die anderen Lebensmittel zu billig", sagte er. CO2-Belastung, die Kosten für Futtermittel und Haltungsformen müssten sich auch bei konventionellem Fleisch im Preis zeigen.
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