ARCHIV - 17.07.2018, Berlin: Auf einem Smartphone ist eine Website zur Information über die Zahlung des Rundfunkbeitrags aufgerufen. (zu dpa: «Kommission empfiehlt Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf 18,94 Euro») Foto: Jens Kalaene/zb/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Wird der Rundfunkbeitrag erhöht?

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Gegen höhere Rundfunkbeiträge – Bayern will Reformstaatsvertrag

Der Rundfunk brauche umfassende Reformen und zwar dringend – so der Tenor der Aktuellen Stunde am Dienstag im bayerischen Landtag. Um den Rundfunkbeitrag stabil zu halten, will Bayern mit den anderen Bundesländern den Programmauftrag reformieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

"Ich bin ein Fan des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ich liebe den Bayerischen Rundfunk! …Überwiegend", witzelte Markus Söder vor zwei Wochen auf dem politischen Aschermittwoch. Am Dienstag folgte im bayerischen Landtag dann die seriöse Debatte – die CSU hat das Thema ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt und eine Aktuelle Stunde einberufen.

"Die Akzeptanz geht zurück"

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei ein essenzieller Teil unserer Demokratie, aber "die Akzeptanz geht zurück", stellt Alex Dorow, Landtagsabgeordneter der CSU, früher selbst Moderator und Nachrichtensprecher beim BR und heute Mitglied des Rundfunkrats, gleich zu Beginn der Debatte fest. "Die Kritik an Strukturen, an Kosten des Rundfunks, an Defiziten bei Qualität, bei Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt wächst." Und dann seien da noch die Skandale beim RBB. Was für Dorow heißt: In dieser Lage mehr Geld zu verlangen, gehe nicht. Der Rundfunk müsse sparen – der Beitrag stabil bleiben. "Wir wollen und werden keine Beitragserhöhung zum 1. Januar 2025 mittragen." Auch die Freien Wähler, der Koalitionspartner, sehen das so.

Kommission empfiehlt Erhöhung des Rundfunkbeitrags

Dass der Rundfunkbeitrag um 58 Cent steigen soll, hatte vergangenen Freitag die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), eine unabhängige Kommission, vorgeschlagen. Dass diese Kommission die Empfehlung für die Höhe der Beiträge gibt, ist extra so geregelt. So kann die Politik nicht direkt Einfluss ausüben. Aber: Der Vorschlag der KEF muss von allen Landesparlamenten gebilligt werden. Und hier regt sich aktuell viel Widerstand, der Bayerische Landtag ist längst nicht allein mit seinem "Nein" zur Beitragserhöhung. Einige Bundesländer hatten bereits in den vergangenen Monaten angekündigt, gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu stimmen.

Doch eigentlich müssen sich die Parlamente eng an dem Vorschlag der KEF orientieren, können eine Empfehlung der Kommission nicht einfach übergehen. Was passiert, wenn ein Bundesland das doch tut, hat sich vor ein paar Jahren im Fall von Sachsen-Anhalt gezeigt: Der Fall ging vor das Bundesverfassungsgericht, im Sommer 2021 wurde der Rundfunkbeitrag dann auf Beschluss des Gerichts auf 18,36 Euro erhöht.

Bayern will einen Reformstaatsvertrag

Es gebe aber einen anderen Weg, um den Rundfunkbeitrag nicht erhöhen zu müssen: Man müsse den Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anpassen, erklärt CSU-Politiker Dorow. Einen Reformstaatsvertrag erarbeiten. Genau das habe man jetzt vor – bis zum Herbst, zusammen mit den anderen Bundesländern.

Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk dringend eine umfassende Reform braucht, darin sind sich fast alle im Landtag einig. Eine Reform des Programmauftrags wollen auch die Grünen und die SPD – hin zu mehr Digital- und On-Demand-Angeboten. Martina Fehlner (SPD) hält den Rundfunk für "unverzichtbar für unsere Demokratie", und gerade deshalb müsse man ihn "demokratiefest reformieren": Damit er in Zukunft auch genügend junge Leute erreicht.

Beitragserhöhungen geringer als Inflationsausgleich

Die Grünen stört bei der Debatte um die Rundfunkreform aber der Fokus aufs Geld: Auch wenn die Erhöhung komme, wie von der unabhängigen KEF-Kommission vorgeschlagen, würde der Rundfunkbeitrag am Ende seit 2009 nur um 0,26 Prozent pro Jahr gestiegen sein. Und damit deutlich unter der Inflationsrate, argumentiert Sanne Kurz, Landtagsabgeordnete der Grünen. "Hätte man also nur mit der Inflation gerechnet, nicht mit den Empfehlungen der KEF, dann müssten wir jetzt bei einem Rundfunkbeitrag von 24 bis 25 Euro liegen. Das heißt, wir liegen aktuell ohnehin fünf bis sechs Euro drunter." Das bestätige, dass man ein sehr wirtschaftliches und effizientes System habe, findet Kurz.

Darauf hatte auch der KEF-Vorsitzende Martin Detzel hingewiesen. Es gebe bereits eine Art relative Beitragsstabilität. Eine Stabilität ohne jede Erhöhung, wie von Teilen der Politik gefordert, sei weder verfassungsrechtlich noch staatsvertraglich formuliert und könne daher kein Maßstab für die KEF sein, so Detzel. Zudem sieht der Finanzwissenschaftler die Rolle der Politik generell kritisch. Die massive Kritik an der Beitragserhöhung der Bundesländer komme "zum falschen Zeitpunkt". Er meint damit, dass die Bundesländer lange Zeit gehabt hätten, den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender anzupassen - und so auch den Beitrag zu senken. Das sei aber nicht geschehen. Eine neue Beitrags-Empfehlung vor 2025 hält Martin Detzel nun für unrealistisch. Dies sagte er dem Deutschlandfunk.

Die KEF hatte die Finanzanmeldungen von ARD, ZDF und Deutschlandradio für die Periode 2025 bis 2028 geprüft. Deren angemeldeten ungedeckten Finanzbedarf, der laut KEF einen Rundfunkbeitrag von 19,94 Euro zur Folge gehabt hätte, hatten die Experten dann deutlich gekürzt um 1,8 Milliarden Euro - und damit um knapp zwei Drittel. Die KEF erkennt einen Finanzaufwand von fast 42 Milliarden Euro für die vier Jahre an, das seien pro Jahr rund 10,4 Milliarden Euro. 

AfD will öffentlich-rechtliches System abschaffen

Ganz abschaffen will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur die AfD-Fraktion. Sie verweist auf den Skandal im RBB, ihr zufolge überbordende Intendantengehälter. "Da gibt es nichts zu reformieren. Der Rundfunkbeitrag gehört nicht stabil gehalten, er gehört nicht gesenkt oder gar erhöht. Er gehört abgeschafft, ohne Wenn und Aber", so Benjamin Nolte (AfD). Für seine Partei ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein "vergoldeter Elfenbeinturm" mit "linksgrüner Agenda".

Trotz aller Reformforderungen – dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine wichtige Säule für die Demokratie ist, das ist das, was alle Fraktionen, außer der AfD, betonen.

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