Eigentlich ist es eine Geschichte, die schon ein paar Jahre zurückliegt: Im Jahr 2013 und im Jahr 2014 soll der aus Bayern bekannte Salafisten-Prediger Izudin J. gemeinsam mit zwei Männern Kraftfahrzeuge an Terroristen in Syrien geliefert haben. Laut Generalstaatsanwaltschaft München gehörten Jeeps und Krankenwagen zur Lieferung an die Gruppe "Junud al-Sham" (die "Soldaten Syriens"). Vorgeworfen wird den Angeklagten unter anderem mutmaßliche Terrorunterstützung und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.
Ein Jungstar der Salafisten-Szene
Zum Zeitpunkt der Tat war Izudin im Nürnberger Raum aktiv. Aber wer ist eigentlich dieser Prediger? Wenig sei über seine Biografie bekannt, schreibt der Luzerner Religionswissenschaftler Johannes Saal im Blog "The German Jihad": Er wurde 1983 im bosnischen Tuzla geboren und soll an der renommierten Kairoer al-Azhar-Universität studiert haben. Lange lebte er in Süddeutschland, zuerst im mittelfränkischen Treuchtlingen und Pappenheim, dann in Ulm bis er irgendwann 2013/2014 nach Bonn-Tannenbusch zog."
Izudin gilt in Sicherheitskreisen als ein Salafist mit Überzeugungskraft. Haben die beiden Mitangeklagten, der Bosnier Emil K. (30) und der Kosovare Mehdi D. (38), das Charisma des Predigers gespürt? Es ist durchaus vorstellbar, dass Izudin die beiden Männer zu dieser Tat angestiftet hat. Unter anderem vom Nürnberger Raum aus sollen die Lieferungen nach Syrien organisiert worden sein.
Der Prediger galt bis zu seiner Verhaftung als aufstrebender Jungstar der Salafisten-Szene. Er war in salafistischen Moscheen oder auch in Wohnzimmern ein gern gesehener Gastredner. Zum Beispiel dozierte er im Herbst 2015 in München. Zum seinem Vortag kam nach BR-Recherchen eine Gruppe junger Männer, den Sicherheitsbehörden waren sie zumindest nicht unbekannt. Einer der Zuhörer versuchte einige Wochen später nach Syrien zu reisen, wurde aber dabei gestoppt. Inzwischen hat ihn ein Münchner Gericht wegen versuchter Ausreise in ein Terrorcamp zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.
Im März verhaftet
Auch ist Izudin als "Wohltäter" ein Begriff. Ende Juli 2013 warb er laut bayerischem Verfassungsschutz um Unterstützung für Syrien und trat dabei unter der Bezeichnung "Ansaar International-Südbayern" auf. Für das Hilfsprojekt sammelte er Spenden in Moscheen und auf Benefizveranstaltungen. Aufgrund solcher Engagements war er unter Salafisten sehr beliebt. Groß war der Aufschrei in islamistischen Internetforen, als der Prediger im März im Großraum Nürnberg-Fürth verhaftet wurde.
Die anderen beiden Männer, die mit dem Prediger auf der Anklagebank sitzen, befinden sich auf freiem Fuß.
Auf Abstand zur Szene
Der Salafisten-Aussteiger Irfan Peci sagt, er habe den ebenfalls angeklagten Bosnier Emil K. gut gekannt, sei mit ihm eine Zeit lang eng befreundet gewesen. K. sei nach Deutschland gekommen, um Fußballprofi zu werden. Unter anderem spielte der heute 30-Jährige ein Jahr lang als Torwart in der zweiten Mannschaft der SpVgg Greuther Fürth, außerdem war er für die SpVgg Weiden, den KFC Uerdingen und den ASV Neumarkt aktiv. Gleichzeitig habe er in dieser Phase als Fußballer auch Kontakte zu Salafisten geknüpft, berichtet Peci, der sich nach seinem Ausstieg mit seinem Kumpel Emil K. auseinandergelebt hat.
"Und dann habe ich erfahren, dass er nach Nürnberg gezogen ist. Dass sich da so einiges verändert hat, dass er keinen Fußball mehr spielt und verheiratet ist. Mir hat einer ein Foto gezeigt. Da hatte Emil einen längeren Bart." Salafisten-Aussteiger Irfan Peci über den Anklagten
Inwieweit Emil K. in dieser Zeit in den Einflussbereich des angeklagten Predigers Izzudin J. geraten ist, könnte im Verfahren eine Rolle spielen. Inzwischen soll sich der Bosnier K. von der Szene vollkommen gelöst haben. 24 Prozesstage sind zunächst angesetzt.