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Geldkarte für Flüchtlinge

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Erdinger Landrat bleibt beim Kommunalpass für Asylbewerber

Flüchtlinge im Landkreis Erding bekommen staatliche Sozialleistungen über eine Geldkarte, mit der sie einkaufen sollen. Der Sozialausschuss des Landtags hält wenig von diesem "Kommunalpass". Der Landrat bleibt trotzdem dabei.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Nachmittag am .

Asylbewerber im Landkreis Erding sollen ihre staatlichen Sozialleistungen weiter über einen Kommunalpass und nicht als Banküberweisung bekommen. Die Gegner bekommen jetzt aber Unterstützung aus dem Landtag: Der Sozialausschuss hat deutlich gemacht, dass auch er vom viel kritisierten "Erdinger Sonderweg" wenig hält.

Petition im Bayerischen Landtag eingereicht

Mit dem Kommunalpass können die Asylbewerber nur einen Teil der Sozialleistungen bar abheben, in Geschäften sollen sie mit dem Pass bezahlen. Das funktioniert aber in der Praxis oft nicht, klagt die Erdinger Aktionsgruppe Asyl. Außerdem seien Zuwendungen über den Kommunalpass eine Sachleistung, die das Gesetz eigentlich nur in Ausnahmefällen zulasse. Deshalb hatte die Gruppe eine Petition – mit mehr als 3.000 Unterschriften – im Landtag eingereicht. Das Ziel: Der Kommunalpass wird abgeschafft, dafür gibt es Banküberweisungen. Und Asylbewerbern, die noch kein Konto haben, helfen die Ehrenamtlichen eines zu eröffnen.

Ein guter Vorschlag, fand der Sozialausschuss und legte dem Erdinger CSU-Landrat Martin Bayerstorfer nahe darauf einzugehen. Es ist aber nur eine Empfehlung und für den Landrat kein Grund, etwas zu ändern. Seine Sprecherin hat dem Bayerischen Rundfunk bestätigt: Er will am Kommunalpass festhalten. Bleibt der Landrat dabei, hat der Sozialausschuss schon angekündigt, dass er bald wieder das Gespräch suchen will.

Alleiniges Zahlungsmittel für Asylbewerber

Als der Kommunal Pass im Mai 2016 eingeführt wurde, hatten Flüchtlinge im Landkreis Erding zunächst schlagartig gar kein Bargeld mehr zur Verfügung. Sie konnten nichts mehr überweisen, ihre Handyverträge nicht mehr bedienen, denn es floss kein Geld mehr auf ihre Konten. Statt eigener Konten war jetzt der Kommunalpass alleiniges Zahlungsmittel für Asylbewerber. Nach Protesten dürfen sie mittlerweile 43 Prozent der Leistungen mit der Kommunalpasskarte bei einer Bank abheben, das sogenannte Soziokulturelle Existenzminimum. Doch das Geld fließt nicht in soziale oder kulturelle Teilhabe. Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer wie Maria Brand ärgert das:

"Das Geld ist eigentlich für Fahrkarten, für Kurskosten, etc. im Grund ganz genau aufgegliedert, was wofür reichen muss. Aber sie müssen das Geld dann doch wieder ausgeben für Lebensmittel." Maria Brand, ehrenamtliche Flüchtlingshelferin

Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Karten technisch oft auch dort nicht funktionieren, wo sie es eigentlich sollten.

Unverständliche AGBs

Der Münchner Rechtsanwalt und Spezialist für Asylrecht Hubert Heinhold hält den Kommunalpass darüber hinaus für ein rechtlich schwieriges Konstrukt. Insbesondere wundert er sich, dass die Asylbewerber vom Asylmanagement des Landkreises Erding umfassende AGBs – also allgemeine Geschäftsbedingungen der ausführenden Firma Sodexo vorgelegt bekamen und unterschreiben mussten.

"Der Gesetzgeber sieht vor, dass entweder Geldleistungen bezahlt werden oder Sachleistungen. Hier haben wir so eine seltsame Mischform, die noch dazu durch die AGBs sehr eingeschränkt ist." Hubert Heinhold, Rechtsanwalt und Spezialist für Asylrecht

Die AGBs wurden den Asylbewerbern bei der Aushändigung der Karte in deutscher Sprache vorgelegt. Viele aber hätten sie nicht verstanden, bemängeln Ehrenamtliche wie Maria Brand. Außerdem ist laut Rechtsanwalt Heinold gar nicht klar, welches Verhältnis diese AGBs denn nun regeln: Das zwischen Amt und Asylbewerber, das zwischen dem Amt und der Firma Sodexo oder das zwischen der Firma Sodexo und dem Asylbewerber. Und auch inhaltlich findet der Rechtsanwalt die AGBs problematisch.

"Wir werden Informationen verarbeiten, nutzen, verwalten, kontrollieren, veröffentlichen und erfassen, um, dann Ziffer 12.2.2 , unser Geschäft zu betreiben, zu überwachen und zu analysieren. Das ist also im Grunde die denkbar weitmöglichste Verwendung von Daten, die hier in den AGBs drinsteht." Hubert Heinhold, Rechtsanwalt und Spezialist für Asylrecht

Die private Firma Sodexo behält sich also vor, Daten über Asylbewerber zu erheben und zu benutzen. Und um ihre Leistungen vom Amt zu bekommen, müssen die Asylbewerbern das akzeptieren. Für Landrat Martin Bayerstorfer von der CSU ist der Kommunalpass laut Pressemitteilung trotzdem ein "Pionierweg". Man spare sich im Verhältnis zur Barauszahlung 80.000 Euro pro Jahr, sogar billiger als Überweisungen auf Konten der Asylbewerber sei der Kommunalpass mit Kosten von rund 75.000 Euro pro Jahr. Und der Verwaltungsaufwand sei geringer.