13.02.2023, Bayern, München: Der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun sitzt vor Beginn der Fortsetzung im Wirecard-Prozess auf seinem Platz im Gerichtssaal. Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte sind Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt. Laut Anklage sollen sie seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben. 100 Verhandlungstage sind bis ins Jahr 2024 hinein anberaumt. Foto: Angelika Warmuth/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Erstmals seit Prozessbeginn sagt der ehemalige Vorstandschef des Zahlungsdienstleisters Wirecard, Markus Braun, aus.

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Braun sagt im Wirecard-Prozess aus: "Hatte keinerlei Kenntnisse"

Erstmals seit Prozessbeginn sagt der ehemalige Vorstandschef des Zahlungsdienstleisters Wirecard aus. In seiner mehrstündigen Erklärung spricht Markus Braun frei und betont selbstsicher. Und er bleibt dabei: Er selbst wurde Opfer eines Betrugs.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Hauptangeklagte im Wirecard-Prozess hat zum ersten Mal ausgesagt: Den ganzen Tag über drehte sich im Stadelheimer Gerichtssaal alles um Markus Braun. Der ehemalige Chef des Zahlungsdienstleisters Wirecard sitzt seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, als Teil einer Bande Bilanzen gefälscht und damit Anleger, Banken und Kundschaft betrogen zu haben.

Aber Braun bleibt bei der Aussage, die auch sein Anwalt Alfred Dierlamm seit Wochen macht: Er wusste nichts von den kriminellen Vorgängen in seinem Unternehmen. "Ich hatte keinerlei Kenntnisse von Fälschungen oder Veruntreuungen", sagte der ehemalige Wirecard-Chef. Gerichtssprecher Laurent Lafleur kam im Laufe des Tages zu dem Schluss: "Ein von Unrechtseinsicht getragenes Geständnis war das sicherlich nicht.“

Kein "absolutistischer CEO"

Die Beteiligten im Gerichtssaal bekamen zunächst eine ausführliche Abhandlung über die Entstehung und Abläufe der Wirecard AG seit den 1990er-Jahren. Braun beginnt seine Ausführungen mit der Gründung, stellt die verschiedenen Machtkonstellationen und vor allem später seine eigene Rolle im Konzern dar. Er sei eine Art Mediator zwischen den verschiedenen Ressorts gewesen, so Braun.

Ein "absolutistischer CEO" sei er nie gewesen, Entscheidungen seien gemeinsam getroffen worden. Den nach wie vor flüchtigen Jan Marsalek beschreibt er als talentierten jungen Mann mit überragenden Tech-Fähigkeiten. Zwischen den beiden habe es über Jahre ein tiefes Vertrauensverhältnis gegeben.

Wirecard-Zusammenbruch war "Schock"

Der Zusammenbruch von Wirecard im Juni 2020 sei für ihn dann ein Schock gewesen, so Braun vor Gericht. "Ein Tag des tiefsten Bedauerns" – der Schicksalstag, an dem der Wirecard-Vorstand einräumen musste, dass 1,9 Milliarden Euro nicht auffindbar waren. Es folgten die Insolvenz des Unternehmens und für Braun die Untersuchungshaft. Für ihn sei damals eine Welt zusammengebrochen, so Braun.

Diese Aussage bezeichnet der Anwalt des Mitangeklagten Oliver Bellenhaus, Florian Eder, als "hanebüchen" und sagte gegenüber dem BR "Dass da Ernsthaftigkeit dahinter ist, das glaubt doch kein Mensch.“

Braun widerspricht Mitangeklagtem grundsätzlich

Mit seinen Aussagen widerspricht Braun sehr deutlich dem Mitangeklagten Oliver Bellenhaus. Der ehemalige Wirecard-Statthalter für Dubai gilt in dem Verfahren als Kronzeuge. Er hat sich den Behörden früh gestellt, die Vorwürfe eingeräumt und belastet Braun und andere seitdem schwer. In seiner gut siebenstündigen Einlassung hat Braun unter anderem Bellenhaus als schnell aufbrausenden Angestellten bezeichnet, der für das tägliche Geschäft nicht weiter wichtig gewesen sei. Bellenhaus' direkter Vorgesetzter war damals Jan Marsalek.

Im Laufe des Tages befragte der Vorsitzende Richter den Hauptangeklagten noch intensiv zu Drittpartnern und Geschäftsmodellen. Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt und dann sollen weitere Fragen an Braun gestellt werden. Nicht nur von Richter Markus Frödisch, sondern auch von den anderen Prozessbeteiligten.

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