Katarina Barley beim Sonntags-Stammtisch
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Katarina Barley warnte beim Sonntags-Stammtisch vor einem Rechtsruck.

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Barley nach Angriffen auf Politiker: "Aus Worten werden Taten"

Nach dem Angriff auf ihren Parteikollegen Matthias Ecke kritisiert Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, am Sonntags-Stammtisch die aggressive Sprache von Politikern. Sie warnte auch vor einem Rechtsruck in der EU.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

"Ich habe keine Angst, wenn ich Angst hätte, dann könnte ich das nicht machen", betont Katarina Barley, zwei Tage nachdem ihr Kollege im Europaparlament, Matthias Ecke (SPD), beim Plakatieren angegriffen und schwer verletzt worden war.

Beim "Sonntags-Stammtisch" im BR Fernsehen erzählte Barley, die als SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl antritt, sie habe noch spätabends eine Textnachricht von Ecke aus dem Krankenhaus bekommen. Er habe geschrieben: "Das ist jetzt alles sehr unangenehm, aber ich lasse mich davon nicht unterkriegen."

Während der Sendung meldete die Polizei, dass sich ein 17-Jähriger gestellt habe. Er habe zugegeben, den SPD-Abgeordneten niedergeschlagen zu haben. Katarina Barley sagte dazu am "Sonntags-Stammtisch", es sei beruhigend zu hören, dass der Rechtsstaat funktioniere.

Gewaltdelikte gegen Politiker deutlich angestiegen

Kurz vor dem Angriff auf Matthias Ecke hatte eine vierköpfige Gruppe laut Polizei bereits einen Wahlkampfhelfer der Grünen in Dresden attackiert. Die Vorfälle in Sachsen waren nicht die ersten gewalttätigen Ausschreitungen im Kontext der anstehenden Wahlen. Laut vorläufigen Zahlen wurden im Jahr 2023 1.219 Gewaltdelikte gegen Partei-Repräsentanten erfasst. Das ist ein deutlicher Anstieg: 2022 waren es noch 575 Delikte.

Katarina Barley erzählte beim "Sonntags-Stammtisch", sie selbst habe noch nie eine unangenehme Begegnung erlebt. Viele Bürgerinnen und Bürger würden sich zunehmend für ihr Engagement bedanken und ihr ihren Respekt aussprechen. Online erlebe sie aber eine "unglaubliche Verrohung", die in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe.

Barley: AfD mitverantwortlich für Gewalt

Barley ärgerte sich darüber, dass es Menschen gebe, die diese Stimmung schüren. Diese lasse man reden – der Widerspruch sei nicht groß genug. Für die zunehmenden Angriffe machte sie die aggressive Sprache in der Politik mitverantwortlich. Im realen Leben gebe es dann ein paar Menschen, die sich von diesen Sprüchen berufen fühlten, "das in die Tat umzusetzen", betonte Barley. "Aus Worten werden Taten, das ist so."

Sie verwies auf den AfD-Politiker Alexander Gauland, der 2017 gesagt hatte: "Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen." Sätze wie diese kämen vor allem, aber nicht nur, von der AfD, kritisierte Barley: "Dieses persönliche Herabwürdigen, das ärgert mich schon und ich hoffe, dass da bei manchen auch ein Umdenken einsetzt."

Katarina Barley beim Sonntags-Stammtisch
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Katarina Barley berichtete beim Sonntags-Stammtisch von den vielen positiven Begegnungen, die sie mit Bürgerinnen und Bürgern erlebe.

"Menschen müssen füreinander einstehen"

Es sei wichtig, dass sich die Menschen deshalb treffen und füreinander einstehen, betonte der Kulturmanager Till Hofmann, der ebenfalls beim "Sonntags-Stammtisch" zu Gast war. "Die Demokratie muss jeden Tag neu verhandelt werden und dafür muss gekämpft werden", sagte Hofmann, der unter anderem das Lustspielhaus und das Vereinsheim in München betreibt. Hofmann organisierte in der Vergangenheit immer wieder große Demonstrationen gegen Rechts in München. Im vergangenen Jahr gingen vor der Landtagswahl 35.000 Menschen unter dem Motto "Zammreißen! Bayern gegen Rechts" auf die Straße.

Warnung vor Rechtsruck auf EU-Ebene

Nicht nur das gesellschaftliche Klima in Deutschland, auch die Entwicklungen auf europäischer Ebene machen Barley Sorgen. "Wir sehen in ganz Europa diese Antidemokraten, die in vielen Ländern sogar schon in der Regierung sind", sagte die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Das habe reale Auswirkungen auf die Menschen, die in diesen Ländern leben.

Mit Blick auf die Europawahlen am 9. Juni 2024 betonte Barley, dass sich Europa eine Gleichgültigkeit dieses Mal nicht leisten könne: "Es wäre, wenn wir jetzt nicht aufpassen und der Rechtsrutsch kommt, nicht mehr das, was wir jetzt haben: 27 Länder versuchen friedlich Lösungen zu finden, mit denen alle gut leben können. Das hätten wir dann nicht mehr."

Barley griff in diesem Kontext auch die kürzlichen Äußerungen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) auf. Diese hatte erklärt, dass sie eine Zusammenarbeit der EVP-Fraktion, der die CDU angehört, mit der rechtskonservativen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) nicht ausschließe. Zur EKR zählen unter anderem die polnische PIS-Partei, die italienischen Postfaschisten der Premierministerin Giorgia Meloni und die Partei des rechtsextremen französischen Politikers Éric Zemmour. "Das sind Hardcore-Rechtsextreme zum Teil", meinte Barley. Die SPD und die Europäischen Sozialdemokraten hätten deshalb eine Erklärung unterzeichnet, erklärte Barley. "Wir werden niemals mit Rechtsextremen oder Rechtspopulisten zusammenarbeiten."

Hofmann: "Wir wollen helfen"

Gerade auch in der Asylpolitik sei es wichtig, dass Politiker immer wieder auf die Existenz von Grundgesetz und Menschenrechten hinwiesen, betonte der Kulturmanager Hofmann. Es sei falsch, einer "gefühlten Wechselstimmung hinterher zu hecheln", wie es Konservative zum Teil machten. "Man muss da einfach stramm dabei bleiben, nämlich: Wir wollen helfen. Wir machen alles Menschenmögliche, um Menschenleben zu retten und lassen auch niemanden im Mittelmeer ertrinken."

Till Hofmann beim Sonntags-Stammtisch
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Kulturmanager Till Hofmann sprach sich dafür aus, füreinander einzustehen und die Demokratie zu verteidigen

Hofmann ist Vorstand im Bellevue di Monaco, einem Wohn- und Kulturzentrum für geflüchtete Menschen in München, und erlebt dort, wie sich die europäische und deutsche Asylpolitik auf das Leben von einzelnen Menschen auswirkt. Hofmann erzählte am "Sonntags-Stammtisch" von einem gut integrierten Mann aus Nigeria, der in Deutschland eine Band gegründet habe und kulturpolitisch engagiert sei. Der Mann habe nun eine Mitteilung erhalten, dass er abgeschoben werden soll. "Das ist höchst ärgerlich und unverständlich", sagte Till Hofmann, "Da ist der Frust, aber auch der Ansporn, dass wir dagegen auch was machen und uns für ihn einsetzen."

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