Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, läutet zu Beginn einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag die Glocke.
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Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, läutet zu Beginn einer Plenarsitzung im Bayerischen Landtag die Glocke.

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Aigner fordert bessere Debattenkultur: Ordnungsgeld gegen Pöbler

26 Rügen gab es in der vergangenen Legislaturperiode im bayerischen Landtag. Landtagspräsidentin Aigner spricht sogar von einem "Rügenproblem". Um mehr Disziplin im Plenum zu etablieren, wird nun der Sanktionskatalog deutlich verschärft.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Abgeordnete, die im Landtag erheblich oder wiederholt stören, könnten künftig bis zu 4.000 Euro Ordnungsgeld zahlen müssen. Laut Ilse Aigner (CSU), der Landtagspräsidentin, soll es bald ein dreistufiges Verfahren geben, bei dem zunächst ein Ordnungsruf erteilt wird. Bei besonders gravierenden Fällen oder wiederholtem Pöbeln drohe dann in einer zweiten Stufe ein Ordnungsgeld – in Höhe von bis zu 2.000 Euro, bei Wiederholung bis zu 4.000 Euro.

Als letztes Mittel könnte ein Störer auch von Sitzungen ausgeschlossen werden. Über Ordnungsgeld oder Ausschluss entscheidet laut Aigner das Präsidium – und zwar nach genauer Abwägung und Einzelfallentscheidung. Wichtig dabei: Ein Ordnungsgeld dürfe nicht wegen "einer Lappalie" verhängt werden. "Es muss um eine erhebliche oder wiederholte Verletzung der Ordnung oder der Würde des Landtags gehen."

Aigners Ziel: eine bessere Debattenkultur

Ob das neue Verfahren und das Ordnungsgeld am Ende dazu führen, dass der Tonfall in den Debatten wieder gemäßigter wird, könne die Landtagspräsidentin jetzt noch nicht sagen. "Aber es ist mein Ziel, alles daranzusetzen, dass sich die Skandal- und Empörungsspirale nicht immer weiter nach oben dreht", sagt Aigner bei einer Pressekonferenz im Landtag. Sie sei zuversichtlich, dass ein Abgeordneter sich nach einem Ordnungsruf zwei- oder dreimal überlegt, ob er die Situation noch weiter anstachelt.

Generell habe sich der Ton im Maximilianeum seit dem Einzug der AfD massiv verschärft, kritisiert die Landtagspräsidentin. 26 Rügen habe es in der vergangenen Legislaturperiode gegeben, davon 23 gegen AfD-Abgeordnete. Die hätten manche allerdings wie Trophäen vor sich hergetragen. Aigner spricht von einem "Rügenproblem".

"Eine Rechnung, die weh tut"

Doch unsere Demokratie sei wehrhaft, betont Aigner. "Sie lässt sich von niemandem auf der Nase herumtanzen." Und wer dennoch meint, provozieren, beleidigen oder verunglimpfen zu müssen, der bekomme die Rechnung präsentiert – "eine Rechnung, die sicher weh tut, und vielleicht auch abschreckt".

Die AfD im Landtag sieht in den verschärften Regeln "einen Versuch, die bayerische AfD mundtot zu machen", erklärt der parlamentarische Geschäftsführer Christoph Maier. "Wir werden uns aber nicht mundtot machen lassen!" Die AfD werde weiterhin ihre Positionen mutig vertreten, so Maier. "Wir werden auf die illegale Massenzuwanderung und weiter auf die verkorkste Energiewende hinweisen und dann den Mund aufmachen, wenn unsere Rechte als Bürgerinnen und Bürger gebrochen werden, wie zum Beispiel bei der Coronakrise."

AfD droht mit Klage gegen Ordnungsgeld

Die AfD-Abgeordneten würden viel schneller gerügt als Abgeordneter anderer Fraktionen. Das sei ungerecht, findet Maier. Die Debattenkultur sei auch nicht schärfer oder härter geworden, wie von Aigner behauptet. Eher sei eine "Verengung des politischen Diskurses" das Problem. Die AfD wolle gegen die geplanten Änderungen im Abgeordnetengesetz vorgehen. Maier kündigt an, dass die AfD dagegen klagen werde.

Schon zu Beginn der neuen Legislaturperiode im Herbst hatte die Landtagspräsidentin schärfere Regeln angekündigt. Diese wurden nun zwischen den Fraktionen der CSU, Freien Wähler, Grünen und SPD beratschlagt und Details ausgearbeitet. Die AfD war bei diesen Beratungen nicht beteiligt. In der kommenden Woche diskutiert das Plenum über die Gesetzesänderung. Danach beraten die Ausschüsse darüber. Mit Mehrheitsbeschluss des Landtags (nach einer zweiten Lesung im Plenum) könnten die neuen Regeln dann Ende April in Kraft treten.

Neue Regeln möglicherweise ab Ende April

Das Gesetz mit den neuen schärferen Regeln könnte Ende April in Kraft treten. Was dann auch neu wäre: Bei Verstößen gegen die Hausordnung sollen ebenfalls Ordnungsgelder gegen Abgeordnete möglich sein. Als Beispiel nennt Aigner das "berüchtigte Treffen von Burschenschaftlern" in der Landtagsgaststätte auf Einladung eines AfD-Abgeordneten im vergangenen Jahr. Dabei wurden rassistische Zeichen gezeigt. Künftig könne der Gastgeber für das Verhalten seiner Gäste verantwortlich gemacht werden.

Aigner startet bayernweite Umfrage

Wie steht es um unsere Demokratie? Wie gefestigt ist die Demokratie in den Herzen unserer Wählerinnen und Wähler? Gibt es eine schweigende, unzufriedene Mehrheit? Solche Fragen beschäftigen sie als Landtagspräsidentin schon länger, erzählt Aigner. Sie hat daher eine jährliche Umfrage zur Demokratiezufriedenheit in Bayern in Auftrag gegeben, "einen Demokratiespiegel". Das Projekt, das in Bayern ein Novum wäre, sei bereits in Arbeit. Nach der Sommerpause möchte die Landtagspräsidentin das Ergebnis der ersten Umfrage präsentieren.

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