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Zum Welt-Asthma-Tag Asthma richtig behandeln

Asthma gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Rund fünf Prozent der Erwachsenen sind betroffen. Bei Kindern sind es noch deutlich mehr. Beim Asthma bronchiale sind die Atemwege dauerhaft entzündet und überempfindlich gegenüber verschiedenen Reizen. Mit einer modernen Behandlung können heute die meisten Patienten nahezu beschwerdefrei leben.

Von: Julia Richter

Stand: 30.04.2023

Endlich wieder auf dem Rennrad sitzen! Für Christiane Stuiber grenzt das an ein Wunder - denn vor wenigen Monaten kam sie kaum vom Sofa hoch. Schuld war ihr Asthma. Die 46-Jährige litt als Kind unter allergischem Asthma – als Erwachsene wurde es besser. Bis zum vergangenen Jahr: Da kam es mit voller Wucht zurück.

"Nachts habe ich immer weniger geschlafen. Ich habe meine Nächte eigentlich damit verbracht, auf dem Sofa zu sitzen und versucht, Luft zu bekommen und eine Panikattacke nach der anderen zu verarbeiten. Es ging dann so weit, dass ich tagsüber kaum das Haus verlassen und auch nicht mehr arbeiten konnte. Am Ende war ich unglaublich müde."

Christiane Stuiber

Patienten leiden - trotz Kortison

Ihr damaliger Arzt verschreibt ihr immer höhere Kortisondosen – aber die Beschwerden werden schlimmer.

"Es war einfach so, dass ich mir täglich überlegen musste, wie überlebe ich. Und das normalste auf der Welt, man trifft sich mal mit Freunden, einkaufen, kochen, ging alles überhaupt nicht mehr. Das hat letztendlich dazu geführt, dass ich auch psychisch stark eingebrochen bin."

Christiane Stuiber

Auch Rainer Wiedemann litt jahrelang unter Asthma – trotz hochdosierter Kortison-Tabletten.

"Ich musste mich ständig räuspern. Und dann ist es langsam zu so einem Pfeifen gekommen. Da waren zum Teil Atemaussetzer dabei und diese Atemaussetzer waren meistens nachts, wo es ganz schlimm wurde. Ich konnte irgendwann gar nicht mehr schlafen. Das war fast nicht mehr zu ertragen. Vor allem abends war es schlimm. Aber auch wenn es kalt war."

Rainer Wiedemann

Asthma: die klassischen Symptome

Typisch sind zudem Probleme beim Ausatmen und ein trockener rasselnder Ton, Reizhusten und zäher Auswurf. Manche Patienten sind intervallmäßig betroffen, dann wieder beschwerdefrei. Andere haben permanent Luftnot – so wie Christiane Stuiber.

Beim Asthma bronchiale sind die Bronchien chronisch entzündet. Dadurch verkrampfen die Muskeln, die Atemwege werden enger.

Asthma ist nicht gleich Asthma

Die Gründe für Asthma sind meist vielfältig:

"Es gibt im Prinzip zwei wesentliche Asthmaformen. Das eine ist das allergische Asthma, das durch Pollenallergie ausgelöst wird. Und das andere ist das nicht-allergische Asthma bronchiale. Das wird im Wesentlichen durch Infekte der Atemwege ausgelöst. Genetische Ursachen spielen eine große Rolle, auch Faktoren wie Übergewicht oder Rauchen."

Prof. Dr. med. Rainald Fischer, Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, München

Oft treten Mischformen auf zwischen dem allergischen und nicht dem nicht-allergischen Asthma.

Bei Rainer Wiedemann werden die Beschwerden durch Schmerzmittel getriggert - ausgelöst durch ASS. Analgetika-Asthma nennt man das. Dies ist keine Allergie, sondern eine Unverträglichkeit. Dem kann man im Alltag kaum aus dem Weg gehen. Denn ASS kann auch in Lebensmitteln stecken – vor allem in Fertigprodukten oder Kosmetika.

"Etwa 2016 ist das losgegangen, und es ist innerhalb von zwei Jahren immer schlimmer geworden. Es fing mit einer Kopfschmerztablette an. Und kein Arzt hat das erkannt. Das wurde dann so schlimm, dass ich es am Ende auch bei Lebensmitteln hatte."

Rainer Wiedemann

Nicht selten tritt Asthma erst spät auf, also im Erwachsenenalter. Man spricht dann von "late onset Asthma".

"Wir sehen häufig Patienten, die erst im Erwachsenalter mit Asthma bronchiale kommen. Sie haben kein allergisches Asthma, sondern ein intrinsisches Asthma, das mit einer Vermehrung der Eosinophilen einhergeht. Mit einem abrupten Auftreten, einem schweren Verlauf und akuten Verschlechterungen."

Dr. med. Sabina Wehgartner-Winkler, Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie, Augsburg

Sorgfältige Diagnose

Der neue Ansatz lautet: weg von der akuten Notfall-Behandlung hin zur konstanten Basis-Therapie. Dazu müssen die Ärzte auf Spurensuche gehen, um die genauen Medikament zu finden.

"Das Ziel der aktuellen Asthma-Therapie ist, dass der Patient beschwerdefrei ist. Das erreichen wir in 80 bis 90 Prozent der Fälle. In der Regel mit einer inhalativen Therapie. Das heißt, wir sprechen inzwischen nicht mehr von einer Behandlung des Asthmas. Sondern wir sprechen davon, dass wir das Asthma zum Stillstand bringen."

Prof. Dr. med. Rainald Fischer, Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, München

Wichtig ist eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung. Dazu gehört in jedem Fall eine Messung der Lungenfunktion, unter Umständen auch ein Allergietest. In der Blutuntersuchung wird heute nach speziellen Biomarkern geschaut – unter anderem den sogenannten Eosinophilen. Sie sind für die Entstehung des Asthmas bei Christiane Stuiber mitverantwortlich. Deshalb hat das Kortisonspray allein nicht geholfen.

Der FeNo-Test

In den neuesten Leitlinien (April 2023) wird zur Diagnostik der sogenannte FeNO-Test klar empfohlen. Hier wird der Gehalt an Stickstoffmonoxid in der ausgeatmeten Luft gemessen.

Patient beim FeNo-Test

"Der FeNO-Wert ist ein Baustein für die Diagnose. Er ist hilfreich für die Therapieplanung und auch für die Auswahl des richtigen Biologikums. Insofern ist er in der pneumologischen Praxis unverzichtbar. Und, dass er bislang von den Kassen nicht übernommen wird, ist ein Politikum. Ich denke, dadurch, dass er jetzt in die neue Leitlinie aufgenommen wurde, wird sich das in Zukunft ändern."

Dr. med. Sabina Wehgartner-Winkler, Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie, Augsburg

In den meisten Praxen wird der Test dennoch als IGel-Leistung abgerechnet.

Maßgeschneiderte Therapie

Christiane Stuiber bekommt seit vier Monaten ein Biologikum. Sechs verschiedene sind inzwischen offiziell für Asthma zugelassen.

"Bei dieser Patientin machen wir jetzt folgendes: Sie bekommt alle vier Wochen eine Spritze, die kann sie sich selbst setzen, die muss sie nicht beim Arzt setzen. Und sie bekommt morgens und abends noch ein Kombinationspräparat – aus einem Bronchienerweiterer und ein bisschen Kortison. Das ist eine lokale Therapie in den Bronchien, die nur dort gezielt wirkt und nicht im Rest vom Körper."

Prof. Dr. med. Rainald Fischer, Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie, München

Auch Rainer Wiedemann bekommt ein Biologikum – und einen kortisonhaltigen Pulverinhalator, den er täglich nimmt. Das Angebot an Inhalationsprodukten ist groß: Neben Dosieraerosolen gibt es Vernebler zum feuchten Inhalieren und Pulverinhalatoren. Wichtig ist die richtige Inhalationstechnik – bei der Atemwegsliga gibt es genaue Anleitungen. Die richtige Handhabung ist ausschlaggebend für den Erfolg:

"Das bedeutet, dass man die Patienten schulen muss. Dass man ihnen die Angst vor dem inhalativen Kortison nimmt. Dass man sie eben auch unterrichtet, wie man richtig inhaliert. Dass das Medikament auch wirklich in die Atemwege kommt und nicht nur in den Rachenbereich oder in die Speiseröhre."

Dr. med. Sabina Wehgartner-Winkler, Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie, Augsburg

Christiane Stuiber checkt zuhause täglich ihre Lungen-Werte und ist sehr zufrieden.

"Ich kann letztendlich alles wieder machen, was ich machen möchte, wie Schwimmen oder mich mit Freunden treffen. Ich pflege seit sechs Wochen wieder meine sozialen Kontakte. Ich arbeite seit zwei Monaten wieder und genieße wirklich das Leben."

Christiane Stuiber

Viele profitieren von Kombi-Präparaten

In den meisten Fällen braucht es kein Biologikum: Viele Patienten kommen mit einem modernen Kombinationspräparat gut zurecht – bestehend aus Kortison und einem langwirkenden Bronchienerweiterer - die wirken besser als die kurzfristig wirksamen Mittel der Vergangenheit.

"Mittlerweile bin ich relativ gut eingestellt, das Notfallspray brauche ich gar nicht mehr. Ich habe ein Kortisonspray, das nehme ich morgens und abends und gegen die Allergie habe ich meine Allergieaugentropfen und Allergietabletten."

Eileen Schiffner

Damit kommt sie sogar problemlos durch das Frühjahr.


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