Bayern 1 - Experten-Tipps


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Ökobilanz bei Kartoffelbrei Aus der Knolle oder aus der Tüte?

Kartoffelbrei schmeckt gut, macht aber viel Arbeit: Kartoffeln kochen, schälen, stampfen ... Schneller geht's mit Fertigpulver fürs Püree. Der BAYERN 1 Umweltkommissar will wissen, welche Zubereitungsart die bessere Ökobilanz hat.

Von: Alexander Dallmus

Stand: 04.02.2017 | Archiv

Kartoffelbrei | Bild: mauritius-images

Auch wenn die Kartoffeln heutzutage "Sieglinde" oder "Nicola" heißen, bedeutet das nicht, dass sie ursprünglich aus Deutschland oder Europa kommen. In Bayern wird die Kartoffel erst seit Ende des 17. Jahrhunderts angebaut. Ursprünglich stammt sie aus Südamerika, wo sie auch in großer Höhe, in den Anden, gute Erträge gebracht hat. Aber bis die Kartoffel von Oberfranken aus den deutschen Mittagstisch erobern konnte, hat es ein bisschen gedauert. Heutzutage ist die Kartoffel das viertwichtigste Nahrungsmittel der Welt.

2013 war übrigens kein gutes Kartoffeljahr in Deutschland. Die Ernteerträge sind mit einem Minus von fast 13,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr deutlich unterdurchschnittlich ausgefallen. Ein Grund war die kühle und nasskalte Witterung bis in den Frühsommer hinein. Die anschließende anhaltende Hitzeperiode im Juli tat ihr Übriges. Dadurch sind die Kartoffeldämme aufgebrochen, so dass junge Knollen in der Sonne verbrannten.

Werden Früh- und Spätkartoffeln in den Erntezyklus mit einbezogen, ist es in Deutschland - auch ohne aufwändige Lagerung - möglich, das ganze Jahr über Kartoffeln aus der Heimat zu kaufen. Kartoffeln aus dem Ausland schneiden in der Ökobilanz durchweg schlechter ab, vor allem wenn sie beispielweise aus Nordafrika kommen. Darüber dürfen sich die Verbraucher auch nicht durch das Label "Bio-Kartoffel" hinwegtäuschen lassen.

Genügsam und gesund

Kartoffeln sind sehr pflegeleicht und werfen enorme Erträge ab. Würden beispielsweise auf einem Feld - von der Größe eines Küchenbalkons - im Frühjahr dreißig oder vierzig Saatkartoffeln in die Erde gesteckt, könnte man im Herbst rund 150 Kartoffeln ernten. Zum Vergleich: Getreide, das auf der gleichen Fläche angebaut würde, könnte man allenfalls zu Mehl verarbeiten. Das daraus gebackene Brot wäre nicht einmal drei Pfund schwer.

Kartoffeln sind sogenannte Nachtschattengewächse. Wie auch Tomaten oder Auberginen enthalten Kartoffeln Gifte, die Halluzinationen hervorrufen, und waren angeblich bei Hexen beliebt. Vermutlich verdankt das magische Kraut diesem "Nachtschaden" seinen Namen. Die  tomatenähnlichen Beeren, in denen der Samen steckt, sowie alle grünen Teile der Pflanze und die Keime der Knolle sind für Menschen leicht giftig. Besonders die "Augen" und die grünlichen Verfärbungen enthalten Solanin, das tödlich wirken kann. Deshalb immer großzügig wegschneiden. Kartoffeln müssen außerdem vor dem Verzehr abgekocht werden. Gießen Sie Kochwasser und überschüssiges Öl von Bratkartoffeln weg. Darin ist das giftige Solanin gebunden, mit dem sich Kartoffeln vor Fressfeinden schützen.

Auch wenn Kartoffeln in Zeiten der Trennkost einen vermeintlich schlechten Ruf haben: Kartoffeln sind kalorienarm, reich an Ballaststoffen, Vitaminen (C, B1 und B2), Mineralien (Magnesium, Kalium, Eisen, Phosphor) und Proteinen. In 100 Gramm Rohware stecken allein 17 Milligramm Vitamin C.

Wenn Kartoffeln jedoch lange und in viel Wasser gekocht werden, verlieren sie Vitamine und Mineralstoffe, denn Vitamin C ist wasserlöslich. Deshalb sollten Kartoffeln weder lange im Wasser liegen, noch zu klein geschnitten werden. Kartoffeln sollten grundsätzlich geschält werden. Zwar ist die Schale an sich gesund, enthält aber oft Rückstände. Achtung: Schälen Sie die Kartoffeln möglichst dünn, denn das wertvolle Eiweiß sitzt knapp unter der Schale.

Die Ökobilanz im Vergleich

Bei tiefgekühlten Kartoffelprodukten (wie zum Beispiel Kartoffelpuffern) ist der Unterschied bei den Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu selbst zubereiteten Kartoffeln noch gar nicht so groß. Werden Kartoffeln allerdings industriell weiter verarbeitet, ändert sich das radikal.

Vereinfacht gesagt, verschlechtert sich mit jeder Verarbeitungsstufe eines Lebensmittels die Ökobilanz. So weist nach Untersuchungen des Ökoinstituts Darmstadt eine Biokartoffel eine sehr gute CO2-Bilanz von etwa 138 CO2-Einheiten auf. Werden die Kartoffeln jedoch industriell weiterverarbeitet und kommen dann als Trockenpulver für Kartoffelpüree ins Regal, wachsen die CO2-Einheiten schon auf weit über 3.000 Einheiten an. In Form von Pommes aus der Tiefkühltruhe, die bereits vorfrittiert sind, weisen Kartoffeln dann schon über 5.500 CO2-Einheiten auf, also 40-mal so viel wie im Rohzustand. Wie groß das Biosiegel auf der Pommes-Packung auch sein mag, nachhaltig sind Tiefkühl-Pommes nie. Das gilt auch für Bio-Püree. Schließlich müssen immer auch der Einsatz von Energie bei der Verarbeitung, zum Beispiel die Trocknung der Kartoffeln, die Verpackung und auch zusätzliche Transportwege miteingerechnet werden.

Zusatzstoffe in Fertigpulver

Es kommt noch eine weitere Komponente hinzu. In selbstgemachten Kartoffelpüree sind - je nach Geschmack - lediglich Milch, Salz und je nach Geschmack noch Butter oder eine Prise Muskatnuss zu finden. Damit aus Kartoffeln gefriergetrocknetes Pulver wird, das sich später mit Wasser in ein cremiges Kartoffelpüree verwandelt, sind hingegen allerlei Zusatzstoffe nötig, darunter Schwefel, Stabilisatoren und Farbstoffe, damit auch die schöne gelbe Farbe zum Vorschein kommt. Die Vitamine der Kartoffel können hingegen nicht konserviert werden. Kein Ersatz also für echte Kartoffeln!

Die Zeitschrift "ÖkoTest" hat dazu schon 2007 festgestellt: "In einigen Kartoffelpürees war eine Butternote erkennbar, die sich aber nicht durch die Zugabe von Butter erklären lässt, sondern auf ein entsprechendes Aroma zurückgeht. Einige Produkte schmeckten auch deutlich nach Geschmacksverstärkern. Nur der typische Kartoffelgeschmack - der ja eigentlich die Hauptrolle spielen sollte - war kaum wahrzunehmen." Am besten schnitt damals übrigens "Pfanni" ab, das Schlusslicht bildete ausgerechnet das Bio-Püree.

Fazit

Dass Kartoffelpüree als Fertigprodukt so beliebt ist, ist heutzutage weniger dem Geschmack geschuldet, sondern wohl viel mehr der Tatsache, dass es einfach schneller geht.

Laut "Maggi Kochstudio" dauert es etwas über sieben Minuten, um ein Kartoffelpüree aus dem Beutel zuzubereiten. Selbstgemachtes Püree aus Kartoffeln ist dagegen erst nach gut 34 Minuten fertig. Die 27 Minuten Differenz dürften also der Hauptgrund sein, zum Püree aus Trockenpulver zu greifen. Vergleicht man die Ökobilanz, ist schnell klar, dass in Püree aus der Packung etwa die 20-fache Menge an CO2-Einheiten einer normalen Biokartoffel aus der Region stecken. Kartoffeln weisen nämlich - im Vergleich zu Reis - eine durchweg sehr gute Ökobilanz auf. Auch der Einsatz von Wasser, Energie am Herd und beim Abwasch verändern das bei der Zubereitung eines selbstgemachten Kartoffelpürees nicht sonderlich negativ.


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