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Gelüste Was verbirgt sich hinter der Lust auf Chips und Schokolade?

Heißhunger auf Schokolade, Gummibärchen oder Chips? Das könnte hinter den Gelüsten stecken. Plus: Verändert sich unser Geschmackssinn im Herbst und Winter?

Stand: 23.10.2023

Eine junge Frau isst Chips | Bild: mauritius images / Chris Rout / Alamy / Alamy Stock Photos

Woher unsere Lust auf Süßigkeiten kommt, dass lässt sich wissenschaftlich nicht genau nachweisen, erklärt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern. Das liegt vor allem daran, dass unsere Ernährung durch die Fülle der Angebote, die große Menge an Nahrungsmitteln, die wir jeden Tag zu uns nehmen, und durch die vielen Geschmacksverstärker so verfremdet ist, dass es nahezu unmöglich ist für eine wissenschaftliche Studie eine repräsentative Vergleichsgruppe finden, die sich "normal" ernährt und auch "normal" schmeckt. Deshalb kann man nur Theorien darüber aufstellen, woher die Lust auf Süßes kommt. 

Immer wieder kann man davon lesen, dass ein Mangel von Magnesium und Zink der Grund für die Lust auf Schokolade oder Natriummangel der Grund für die Lust auf Chips ist. Daniela Krehl ist aber skeptisch, dass ein Mangel die Erklärung für das Verlangen nach Süßigkeiten ist, denn dieser Mangel ließe sich ja auch mit anderen Lebensmitteln ausgleichen. Die Lust auf das "ungesunde Zeug" bleibt trotzdem.

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Ist ein Hormon schuld an unseren Gelüsten?

Manche Wissenschaftler geben dem Hormon FGF21 (Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21) die Schuld für ungezügelten Appetit auf Süßigkeiten. Forscher der Universität Kopenhagen haben herausgefunden, dass bei Liebhabern von Naschzeug dieses Hormon produziert wird, bei anderen Menschen dagegen nicht. Forscher Matthew Gillum und Niels Grarup glichen die genetische Ausstattung der 6.500 Teilnehmer mit ihren Essensvorlieben ab. Dabei fanden Sie heraus, dass bei Personen mit einer genetischen Veranlagung für die Produktion von FGF21, die Wahrscheinlichkeit, dass sie Naschkatzen sind, um etwa 20 Prozent höher liegt als bei den anderen Teilnehmern. Den Forschern zufolge kann man die Lust auf Süßes aber trotzdem nicht nur auf das Hormon FGF21 schieben.

Gelüste auf Süßigkeiten sind erlernt 

Laut Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern ist unser Verhältnis zu Süßigkeiten vor allem erlernt. Wir essen Süßes, wenn wir gestresst sind, wenn wir uns belohnen wollen oder manchmal auch aus Langeweile. Damit hat der Verzehr von Süßigkeiten eher einen psychologischen Hintergrund, denn einen biologischen. Der Genuss von Süßem ist einfach nur erlerntes Verhalten, das wir uns, laut Krehl, auch abtrainieren können.

Wer im Kindesalter häufig sehr süße Dinge gegessen hat, der wird immer wieder nach noch süßeren Geschmäckern suchen. Je nachdem, wie viel und was wir essen, ist auch unser Süßempfinden ganz unterschiedlich. Doch auch das kann geschult werden, erklärt Krehl.

Trockenobst statt Gummibären - Gelüste umschulen

In Gummibärchen stecken ausschließlich sogenannte leere Kalorien, denn Gummibären bestehen quasi nur aus Zucker. Damit liefern Sie unserem Körper zwar sehr schnell sehr viel Energie, allerdings ist diese nur kurzfristig nutzbar. Der Grund: Gummibärchen enthalten keine Vitalstoffe, also keine Vitamine, keine Mineralstoffe und keine sekundären Pflanzenstoffe, erklärt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern.

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Diese Fruchtschnitten sind ein herrliche Alternative zu Gummibärchen oder Schokolade und schmecken Kindern genauso gut wie Erwachsenen. Ein Rezept für den gesunden Snack zwischendurch. [mehr]

Eine deutliche bessere Alternative zu Gummibärchen ist Trockenobst. Bei der industriellen Trocknung der Früchte wird dem Obst das enthaltene Wasser entzogen, wertvolle Inhaltsstoffe bleiben aber erhalten. Die Mineralien und Vitamine werden durch das Trocknen sogar konzentriert und steigen im Vergleich zum frischen Obst deutlich an. Bevor Sie also in die Gummibärchentüte greifen, probieren Sie es doch mit dem gesünderen Trockenobst.

Allerdings sollten Sie auch Trockenfrüchte nur in kleinen Mengen verzehren, denn auch sie enthalten sehr viel Zucker. Beim Trocknen wird nämlich auch der fruchteigene Zucker konzentriert. Eine Portion (1 Hand voll) getrocknete Aprikosen liefert beispielsweise 3-mal so viel Zucker wie 1 Portion (1 Hand voll) frischer Aprikosen. So kann aus einer vermeintlich gesunden Alternative schnell eine Zuckerbombe werden.

Nüsse statt Schokolade

Mit gut 500 Kilokalorien und 50 Prozent Fett pro 100 Gramm haben Nüsse – egal welcher Sorte – die gleiche Energiemenge wie Schokolade. Allerdings sind die Fette in Nüssen viel hochwertiger als die Fette in Schokolade. Nüsse enthalten sehr viele ungesättigte Fettsäuren, die sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken. So sind Nüsse ein guter Schokoladenersatz.

Und das Beste daran ist: Wer täglich eine Handvoll Nüsse isst, der senkt auch sein Risiko für Übergewicht. Das ist das Ergebnis einer Langzeitstudie. Dabei analysierten Forscher die Gesundheitsdaten und Ernährungsgewohnheiten von mehr als 300.000 Europäern über fünf Jahre lang. Sie fanden heraus, dass Nussesser ihr Risiko für Übergewicht deutlich reduzieren - im Vergleich zu Menschen, die keine Nüsse essen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass unser Körper nur zwei Drittel der Kalorien aus Nüssen nutzen kann. Werden Nüsse beim Kauen nicht vollständig zermahlen, sondern gelangen in kleinen Stückchen in unseren Verdauungstrakt, dann verlassen sie den Körper auch teilweise wieder genau so. Das Fett aus den Nüssen wird also nicht vollständig resorbiert und schlägt damit nicht auf das Kalorienkonto.

Tagesration

Laut Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern ist es vollkommen in Ordnung, hin und wieder ein bisschen Schokolade und Gummibärchen zu naschen. Sie empfiehlt, sich seine Tagesration an Süßigkeiten zur Seite zu legen, um genau zu wissen, wie viel man davon isst und um den Überblick nicht zu verlieren. 

Was ist eine geeignete Tagesration Süßigkeiten? Krehl empfiehlt so viel Süßigkeiten, wie in zwei Hände passen. Damit haben Kinder mit kleineren Händen etwas weniger und Erwachsene etwas mehr. In Zahlen ausgedrückt sind das nicht mehr als 10 Prozent des täglichen Energiebedarfs. Bei einer erwachsenen Frau also ca. 200 Kalorien, bei Männern etwas mehr.  

Teilen Sie sich Ihre Tagesration so ein, dass immer noch etwas davon übrig ist, wenn Sie große Lust auf Süßigkeiten verspüren. Und dann nehmen Sie sich Zeit, die Süßigkeiten bewusst zu genießen – nicht nebenbei vor dem Rechner oder vor dem Fernseher. 

Je öfter Sie Gummibärchen kauen oder je länger Sie die Schokolade auf der Zunge zergehen lassen, umso schneller haben Sie auch keine Lust mehr darauf, weil ein Sättigungsgefühl eintritt. Wenn Sie sich also etwas Süßes gönnen, dann genießen Sie es ganz bewusst. 

Hat man im Herbst wirklich mehr Lust auf Gulasch?

Ist es nur so ein Gefühl, oder verändert sich mit den Jahreszeiten auch wirklich der Geschmacksinn?

"Tatsächlich wird unser Geschmackssinn und auch unser Appetit von vielen äußeren Faktoren beeinflusst."

Professor Guido Ritter, Ernährungswissenschaftler

Die Jahreszeiten und auch die damit zusammenhängenden Temperaturen beeinflussen uns über das Jahr hinweg. Es verändert sich das Angebot an Lebensmitteln im Supermarkt, aber auch, ob wir lieber warme oder kalte Gerichte essen. Auch die Lichtintensität spielt eine große Rolle, was unser Konsumverhalten angeht – so ist im dunkleren Finnland vergleichsweise der Kaffeekonsum besonders hoch. Und um Weihnachten herum ist uns vom Geschmack her eher nach etwas Süßem, weil das eher stimmungsaufhellend wirkt.

Zu den äußeren Einflüssen kommen die inneren Einflüsse – hier spielen Lieblingsspeisen, Gewohnheiten, Verfügbarkeiten, aber auch die körperliche Aktivität eine Rolle. So ganz kann man die beiden Einflüsse nicht auseinanderhalten.

Gerade im Winter verändern die kalten Außentemperaturen unser Konsumverhalten - wir essen mehr und anders, auch das Angebot im Supermarkt wird eher herzhaft und geht in Richtung  Kohl, rote Beete und Eingemachtes.

"Der Mensch hat auch immer für den Winter konserviert, so dass wir eher den Rumtopf essen, als dass wir die Früchte frisch genießen."

Professor Guido Ritter, Ernährungswissenschaftler

Neben den Temperaturen spielen auch Gewohnheiten eine Rolle, dass wir eher auf Süßeres umsteigen und auch mehr essen – natürlich gekoppelt an die vielen Festtagsspeisen, aber auch daran, dass wir uns einen kleinen Puffer anessen. Theoretisch kostet uns die Kälte von außen nämlich mehr Energie. Wenn man sich also etwas Winterspeck anisst, ist das eigentlich eine völlig normale Entwicklung. Dadurch, dass wir uns aber den Großteil der Zeit in geheizten Räumen aufhalten, ist es nicht so, dass wir das Zusätzliche automatisch verbrauchen. Gepaart mit womöglicher Bequemlichkeit und einem von den Jahreszeiten entkoppeltem Angebot der Supermärkte, ist es womöglich auch schwerer, den "Puffer" im Frühjahr wieder loszuwerden.

In unserem Podcast Besser leben hören Sie, welche Schokolade Sie guten Gewissens kaufen kann. Unseren BAYERN 1 Nachhaltigkeits-Podcast können Sie in der ARD Audiothek kostenlos downloaden und abonnieren:

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/welche-schokolade-kann-ich-mit-gutem-gewissen-kaufen/bayern-1/94182716/


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