Frau mit Verbandskasten im Auto
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Ein Verbandskasten im Auto ist Pflicht. Er sollte regelmäßig ausgetauscht werden.

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Faktenfuchs: Warum haben Verbandskästen im Auto ein Ablaufdatum?

Verbandskästen fürs Auto haben ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Der Faktenfuchs klärt, warum das so ist und welche Gefahren bestehen, wenn Sie im Erste-Hilfe-Fall abgelaufenes Verbandsmaterial verwenden.

Verbandskästen haben ein Ablaufdatum – danach sollen sie ersetzt werden. Ein Video dazu auf der Facebook-Seite von BR24 rief viele Kommentare hervor. Einige Nutzer sehen das Ablaufdatum kritisch. Einer von ihnen behauptete, der Austausch von Verbandskästen sei Geldmacherei.

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Das Mindesthaltbarkeitsdatum von Verbandskästen im Auto wurde von Nutzern der BR24-Facebook-Seite heftig diskutiert.

Der #Faktenfuchs geht diesen Fragen nach.

Verbandskasten im Auto ist Pflicht

Wer in Deutschland Auto fährt, muss laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung einen Verbandskasten dabei haben. Am besten einen, der der DIN-Norm 13164 entspricht. Dort ist geregelt, was im Verbandskasten enthalten sein muss.

Eine explizite Rechtsgrundlage, wie lange ein Verbandskasten haltbar sein muss, gibt es laut bayerischem Verkehrsministerium nicht. Auch die DIN 13164 legt nicht fest, dass es überhaupt ein Mindesthaltbarkeitsdatum geben muss. Doch dass es ein solches gibt, hat laut Verkehrsministerium einen medizinischen Grund:

"Da Verbandsmaterialien altern können und dadurch die Sterilität des Materials ggf. nicht mehr gegeben ist, ist das Mindesthaltbarkeitsdatum jedoch zu beachten, um den Sinn und Zweck des Erste-Hilfe-Materials und der Vorschrift zu erfüllen." Sprecher des bayerischen Verkehrsministeriums

Wundauflagen müssen steril sein

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist vor allem bei Wundauflagen wie Pflaster, Verbänden oder Kompressen wichtig, denn diese müssen steril, das heißt keimfrei sein. Wenn ein Ersthelfer eine offene Wunde bei einem Unfallopfer versorgt, ist es sehr wichtig, darauf zu achten, dass keine Keime in die Wunde gelangen. "Bei sterilen Materialien ist das durch die spezielle Verpackung gewährleistet", sagte Sohrab Taheri-Sohi, Pressesprecher des Bayerischen Roten Kreuzes zu BR24.

Die Haltbarkeit von Verbandskästen ist je nach Hersteller unterschiedlich. Hersteller müssen die Haltbarkeit ihrer Medizinprodukte bei einer entsprechenden Zulassungsstelle wie dem TÜV nachweisen. Bei Verbandskästen und den darin enthaltenen Materialen beträgt die Mindesthaltbarkeit häufig fünf Jahre.

Taheri-Sohi wies darauf hin, dass es unterschiedliche Mindesthaltbarkeitsdaten gibt: "Der Verbandskasten hat als Ganzes ein Mindesthaltbarkeitsdatum, die einzelnen sterilen Produkte haben jeweils ein eigenes. Produkte wie Fixierbinden, Dreiecktücher oder Rettungsdecken haben gar kein Ablaufdatum."

Streng genommen würde es also reichen, nur die sterilen Bestandteile des Verbandskastens auszutauschen, nachdem diese abgelaufen sind. Die Frage ist, ob sich das lohnt, denn Apotheken bieten Austauschsets oder ganz neue Verbandskästen zwischen 5 und 20 Euro an.

Abgelaufenes Verbandsmaterial sollte man nicht wegwerfen. Das Bayerische Rote Kreuz oder Feuerwehren können es gut für Schulungen brauchen.

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Wundauflagen wie Pflaster oder Kompressen müssen steril verpackt sein

Im Zweifelsfall lieber mit abgelaufenem Material helfen als gar nicht

Aber selbst wenn das Verbandsmaterial abgelaufen ist, sollte man bei einem Unfall lieber dieses verwenden, als gar nichts zu tun. Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar. "Man begegnet täglich etlichen Keimen, die für ein gesundes Immunsystem unbedenklich sind. Sei es in der U-Bahn, am Kassenband im Supermarkt oder auch bei einem Arztbesuch", sagte Taheri-Sohi.

Wichtig sei es, bei der Ersthilfe die im Verbandskasten enthaltenen medizinischen Handschuhe zu verwenden, um Blutkontakt zu verhindern. "Das gebietet schon der Selbstschutz, denn der Ersthelfer weiß ja nicht, ob der Verunfallte eine Vorerkrankung oder eine Infektionskrankheit hat. Das gilt im Übrigen auch für unsere professionellen Ersthelfer: Eigenschutz ist oberste Prämisse."

Wie schon der Begriff "Mindesthaltbarkeitsdatum" nahelegt: Das Material in den Verbandskästen hält mindestens so lange wie angegeben, in der Regel aber über das Ablaufdatum hinaus. Auch Notärztin und Feuerwehrfrau Johanna Feldmeier zufolge ist das Risiko eines nicht-sterilen Verbandes auch nach dem Ablaufdatum als eher gering einzuschätzen. Es stehe in keinem Verhältnis zu den möglichen Folgen einer unterlassenen Hilfeleistung, sagte sie zu BR24.

Fünf Euro Verwarnungsgeld

Wenn bei einzelnen oder allen Materialien des Verbandskastens das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, müssen diese Teile ausgetauscht werden. Auch bei der Hauptuntersuchung kontrollieren Prüforganisationen wie TÜV oder Dekra den Verbandskasten. Ist er abgelaufen, halten sie das als geringen Mangel fest.

Wer keinen oder einen abgelaufenen Verbandskasten dabei hat, den kann die Polizei in Bayern mit einem Verwarnungsgeld von fünf Euro bestrafen.

Fazit

Ein Verbandskasten im Auto ist Pflicht. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist vor allem bei Wundauflagen wichtig, die steril sein müssen. Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, kann es sein, dass die Verbände nicht mehr steril sind. Aber: Auch wenn man bei einem Unfall feststellt, dass der Verbandskasten oder Teile daraus abgelaufen sind, sollte man damit Erste Hilfe leisten. Die Verbandsmaterialien halten in der Regel länger als angegeben. Außerdem ist unterlassene Hilfeleistung strafbar. Wer keinen oder einen abgelaufenen Verbandskasten dabei hat, muss in Bayern fünf Euro Verwarnungsgeld zahlen.

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