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Forscher hegen Zweifel an Studien zu Homöopathie

Ergebnisse zur Wirksamkeit der Homöopathie könnten deutlich verzerrt und wenig aussagekräftig sein. Eine Analyse zeigt, dass es offenbar mehrfach Verstöße gegen gängige Leitlinien bei homöopathischen Studien und Publikationen gegeben hat.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Wissen kompakt am .

Die Homöopathie ist stark umstritten: Während viele Menschen auf die Heilkraft der "sanften Mittel vertrauen, sehen andere in den Globuli und Tinkturen bloße Quacksalberei. Denn die meisten homöopathischen Mittel sind so verdünnt, dass kein einziges Wirkstoffmolekül mehr enthalten ist.

Veröffentlichte Studien liefern zudem sehr widersprüchliche Ergebnisse dazu, ob diese Mittel besser wirken als ein Placebo. Dem Erfolg der Homöopathie tut dies jedoch keinen Abbruch: Im Jahr 2018 erreichten die Umsätze allein in Nordamerika und Europa 5,5 Milliarden US-Dollar.

Verstöße gegen Leitlinien der wissenschaftlichen Praxis

Doch eine neue Metaanalyse weckt nun erhebliche Zweifel an der Verlässlichkeit und Seriosität der homöopathischen Forschung. Denn wie Gerald Gartlehner von der österreichischen Donau-Universität Krems und seine Kollegen festgestellt haben, wird in diesem Bereich besonders häufig gegen die Leitlinien wissenschaftlicher Praxis verstoßen.

Nach der Deklaration von Helsinki im Jahr 2008 müssen demnach klinische Studien vorab zentral registriert und beschrieben werden sowie ihr Ausgang ungeachtet der Ergebnisse publiziert werden. Die Registrierung vorab soll zudem verhindern, dass Fragestellung und Zielpunkte einer Studie nachträglich verändert und so an die Ergebnisse angepasst werden.

Auswertung der drei größten internationalen Studienregister

Um herauszufinden, wie gut Homöopathie-Studien und -Fachartikel diesen Vorgaben folgen, haben Gartlehner und sein Team die Einträge der drei größten internationalen Studienregister bis 2019 ausgewertet – das US Clinicaltrials.gov, das EU Clinical Trials Register und die International Clinical Trials Platform (OICTRP). Anschließend recherchierten sie in Publikationsverzeichnissen, wie viele und welche Homöopathie-Studien von 2002 bis heute (2022) publiziert worden sind.

Über Hälfte der Homöopathie-Studien nicht registriert

Das Ergebnis: 53 Prozent der in Fachjournalen publizierten Homöopathie-Veröffentlichungen gehen auf Studien zurück, die nie in den offiziellen Datenbanken registriert worden sind. Dies sei auch von Seiten der Fachjournale ein klarer Verstoß gegen gängige Leitlinien, erklären Gartlehner und seine Kollegen.

Denn das International Committee of Medical Journal Editors hat 2005 vereinbart, nur Ergebnisse offiziell angemeldeter Studien zu veröffentlichen. "Diese Richtlinie wird bei den Homöopathie-Studien eindeutig nicht eingehalten", so die Forscher.

Knapp 38 Prozent der Studien nie veröffentlicht

Ein weitere Auffälligkeit: Knapp 38 Prozent der in den letzten 20 Jahren registrierten Homöopathie-Studien haben ihre Ergebnisse nie veröffentlicht. Der Anteil der ungemeldeten und nie publizierten Studien dürfte noch deutlich höher liegen. "Dies legt nahe, dass die Veröffentlichung oft von den Ergebnissen abhängig gemacht wurde", schreiben Gartlehner und sein Team. Tatsächlich ist dieser sogenannte "Publikation Bias" allerdings ein Problem bei vielen medizinischen Studien, wie frühere Analysen schon mehrfach gezeigt haben.

Bei den registrierten Studien wurde die Mehrheit nicht vorab angemeldet, wie eigentlich vorgeschrieben, sondern erst im Nachhinein. Rund ein Viertel der Studien wurde zudem nachträglich bei Zielwerten und Ausgängen verändert, wie die Wissenschaftler feststellten. Während die offiziell registrierten Studien keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Placebo und Wirkung ergaben, waren die Ausgänge der ungemeldeten Studien im Schnitt positiv.

Eklatanter Mangel an wissenschaftlichen Standards

Insgesamt enthüllten die Ergebnisse einen besorgniserregenden Mangel an wissenschaftlichen und ethischen Standards im Feld der Homöopathie und ein hohes Risiko für einen Reporting Bias, so die Forscher. Diese schlechte Praxis trägt ihrer Ansicht nach erheblich dazu bei, die Sicht auf die Homöopathie und ihre möglichen Wirkungen zu verzerren.

Dieser Artikel ist erstmals am 17. März 2022 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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