Die Ernte fällt gering aus mit oft verschrumpelten Oliven
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Die Olivenernte fällt in diesem Jahr gering aus. Das führt häufig zu Diebstählen und treibt die Preise für Olivenöl in die Höhe.

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Kampf um die Ernte: Was den Olivenöl-Preis nach oben treibt

"Flüssiges Gold" nennen viele Griechen ihr Olivenöl inzwischen wegen der hohen Preise. Ursachen sind, wie fast überall in Südeuropa, die Folgen des Klimawandels sowie gestiegene Herstellungskosten – und Diebe, die es auf das "Gold" abgesehen haben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Irgendwo hier draußen könnten sie sein. Es ist stockfinstere Nacht auf Kreta. Myron Hiletzakis fährt mit seinem Jeep über Feldwege nahe dem Ort Archanes, in der Hand einen gelben Scheinwerfer. Seit Generationen lebt seine Familie wie viele auf Kreta von ihren Olivenhainen, vom Öl. So etwas wie jetzt haben sie noch nicht erlebt. Der Lichtkegel reicht 200 Meter weit. Hiletzakis hält Ausschau nach Dieben. Nach Werkzeugen wie Sägen, oder nach geparkten Autos.

Viele Fälle von Oliven-Diebstahl

Aus ganz Griechenland berichten Olivenbauern von Diebstählen. Mal werden besonders volle Bäume heimlich abgeerntet. Mal ganze Äste mit den Oliven daran abgesägt und abtransportiert. Oder es wird das Öl gestohlen, wenn es in den Mühlen bereits fertig gepresst worden ist.

Diebstahl habe es immer wieder gegeben, sagt Hiletzakis, während er seine Haine mit dem Scheinwerfer absucht - aber noch nie so geballt. Zuletzt passierte es ganz in der Nähe. Bei 50 Bäumen hätten die Diebe die besten Zweige mit einer elektrischen Kettensäge abgesägt, die kaum hörbar ist. Nicht nur die jetzige Ernte würde damit fehlen. Die Zweige bräuchten auch mindestens fünf Jahre, um wieder nachzuwachsen.

Damit ihm das nicht passiert, patrouilliert er nun während der Erntezeit mehrmals in der Nacht. Sein Scheinwerfer fällt auf den Gegenhang. Wird er heute auf Diebe treffen?

Schlechte Ernte in ganz Südeuropa

Einige Stunden zuvor, 40 Kilometer weiter südöstlich, in Emparos, einem kleinen Nest am Fuße der Berge. Hier zeigt sich das ganze Dilemma der Olivenbauern: Yorgos Perogiannakis ist mitten bei der Ernte. An seinen Bäumen hängen nur wenige Oliven. Sie sind kleiner als sonst, manchmal auch verschrumpelt. Lange habe er dem Klimawandel keine Bedeutung beigemessen, sagt Perogiannakis. Jetzt bekäme er ihn voll zu spüren.

Seine Familie lebe seit 500 Jahren von den Oliven. Er selbst ist jetzt 50. So eine Katastrophe wie dieses Jahr habe er noch nicht erlebt. Statt acht Tonnen Öl werfen seine Haine dieses Jahr nur eine halbe Tonne ab, schätzt er. Wer die Bäume nicht bewässert hat, wie er, den erwischt es noch härter. Perogiannakis befürchtet, dass es in Zukunft noch schlimmer werden könnte, wenn nicht alle gemeinsam das Problem des Klimawandels angehen und der Staat sich nicht ausreichend mit dem Thema beschäftigen würde.

So wie ihm geht es Olivenbauern in ganz Südeuropa. In Spanien haben Trockenheit und hohe Temperaturen im zweiten Jahr in Folge zu massiven Ernteausfällen geführt. In Italien dagegen war es der Starkregen im Frühjahr: Gerade als die Olivenbäume in der Blüte standen. Dadurch konnten viele Bäume kaum Früchte ansetzen. In Griechenland erwarten die Olivenbauern weniger als die Hälfte der normalen Ernte. Auf Kreta war es dieses Jahr besonders lange heiß und trocken.

Hohe Preise für Olivenöl

Der Mangel in Kombination mit höheren Ausgaben für Benzin und Material hat den Preis für Olivenöl in die Höhe getrieben. Selbst qualitativ minderwertiges Öl kostet im Supermarkt derzeit um die zehn Euro pro Liter. Manche griechischen Supermärkte sind dazu übergegangen, die Ölflaschen wie Schnaps mit einem Alarm zu sichern.

Mit GPS-Oliven gegen Diebe

Bei Yorgos Perogiannakis haben die Diebe noch nicht zugeschlagen. Aber er weiß, es könnte auch ihn treffen. Er will deshalb eine neue Methode ausprobieren: GPS-Oliven. Wie eine doppelte Kirsche mit Stiel dazwischen. Sie werden in die Bäume gehängt und senden ihre Position aufs Handy.

Gegen den Diebstahl von bereits fertig gepresstem Öl hilft aber auch das nicht. In Nordgriechenland hat ein Fall für Aufsehen gesorgt: Ganze 37 Tonnen Öl sind dort aus den Tanks einer Olivenpresse entwendet worden. Marktwert rund 300.000 Euro. Die Suche nach den Tätern bisher erfolglos.

Landwirt: Olivenernte war früher ein Fest

Zurück bei Myron Hiletzakis, nachts im Geländewagen. Er leuchtet mit dem Scheinwerfer seine Olivenhaine ab. Durch den Lichtkegel huscht eine Bewegung. Nur ein Hase, der im Zickzack zwischen den Bäumen verschwindet. Diebe sind heute keine hier. Früher sei die Olivenernte ein besonderer Anlass gewesen, erinnert sich Hiletzakis. Alle hätten geerntet und das Leben gefeiert. "Ein Fest war das", betont er schwermütig.

Er hofft, dass die Ernte nächstes Jahr wieder besser wird. Das die Preise für das Öl sinken. Und dass die Diebe dann wieder die Finger vom flüssigen Gold lassen.

Dieser Artikel ist erstmals am 17. Dezember 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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