Auf einem Bildschirm in der E-Health-Showpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin ist eine elektronische Patientenakte ePA dargestellt
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Jens Kalaene

Ab 2025 wird die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Krankenversicherten eingeführt. Darin werden medizinische Daten gespeichert.

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E-Patientenakte: Was müssen Versicherte jetzt wissen?

Seit drei Jahren müssen gesetzliche Krankenkassen elektronische Patientenakten (ePA) anbieten. Im kommenden Jahr startet die "ePA für alle". Das Projekt wirft bei vielen Nutzern Fragen auf. Antworten auf wichtige Fragestellungen.

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Noch müssen Patienten selbst aktiv werden, damit eine elektronische Patientenakte (ePA) für sie eingerichtet wird - erst ab 2025 bekommt sie jeder gesetzlich Versicherte.

Wie komme ich aktuell an die elektronische Patientenakte (ePA)?

Aktuell müssen Patienten mit ihrer jeweiligen Krankenkasse Kontakt aufnehmen. In vielen Fällen lassen sich Patienten ihre ePA über eine entsprechende Smartphone-App freischalten. Dazu muss man sich durch ein mehrstufiges Anmelde-Verfahren arbeiten. Ziel ist es, sicherzustellen, dass tatsächlich nur der jeweilige Patient auf seine eigene ePA zugreifen kann.

Die Authentifizierung kann über den Personalausweis erfolgen oder über die elektronische Gesundheitskarte. Voraussetzung ist jeweils, dass die Plastik-Karten mit der NFC-Technik ausgestattet sind, dass sie also mithilfe der sogenannten Near Field Communication auf kurze Distanz Daten übertragen können. Dann kann die Freischaltung mit einem Smartphone geschehen, wenn es ebenfalls NFC-fähig ist. Dazu ist jeweils eine entsprechende PIN nötig. Auch eine Identifizierung mit dem Post-Ident-Verfahren ist möglich.

Was bedeutet "ePA für alle"?

Ab 2025 werden dann für alle gesetzlich Versicherten automatisch elektronische Patientenakten angelegt. Sie müssen sich, anders als jetzt, nicht selbst darum kümmern.

Kann man der "ePA für alle" widersprechen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit der "ePA für alle" umzugehen. Patientinnen und Patienten können grundsätzlich widersprechen, dass Daten eingestellt werden, ohne dass die neu eingerichtete ePA gelöscht wird. Sie bleibt dann erst einmal leer. Patienten können aber auch veranlassen, dass die ePA ganz gelöscht wird.

Wer pflegt die Akte?

Im Moment müssen Patientinnen und Patienten bei Arztbesuchen oder im Krankenhaus selbst ansprechen, dass Daten in der ePA gespeichert werden. Das tun nur wenige. Auch Befürworter räumen deshalb ein: Die ePA ist noch nicht annähernd im Versorgungsalltag angekommen.

Ab kommenden Jahr soll es Schritt für Schritt einen immer größeren Automatismus geben, indem etwa Daten über Medikamente in die Akte eingestellt werden.

Was wird in der elektronischen Patientenakte gespeichert?

In der ePA können Patienten Dokumente zu ihrer Krankengeschichte ablegen lassen, also etwa Arztbriefe, Labor-Befunde oder Röntgenaufnahmen. Das ist derzeit allerdings im Wesentlichen nur möglich, indem Dokumente eingescannt und entsprechend abgespeichert werden. Auch Impfpass, Mutterpass oder Zahn-Bonus-Heft sollen dort abgelegt werden können.

Was sind die Vorteile der elektronischen Patientenakte?

Wenn die ePA bestmöglich genutzt wird, erhoffen sich ihre Befürworter einen wesentlich reibungsloseren Austausch zwischen Praxen oder Kliniken über Diagnosen und Therapien. Dadurch könnten Doppeluntersuchungen vermieden oder auch gefährliche Wechselwirkungen zwischen Medikamenten, so die Hoffnung.

Als Beispiel werden schwere Gesundheitsprobleme von Patienten genannt, die vor rund 20 Jahren neben dem Blutfett-Senker Lipobay auch andere Medikamente nahmen. Es kam zu mehreren Todesfällen. Bei der Aufarbeitung wurde unter anderem die Forderung laut, mit einem Medikationsplan, der in einer elektronischen Patientenakte gespeichert wird, gefährlichen Wechselwirkungen vorzubeugen.

Wer entscheidet, welche Daten zu sehen sind?

Die Patienten sollen nach dem Willen der Bundesregierung die Daten bestmöglich selbst steuern und kontrollieren können. Das heißt: Sie können erlauben, dass Praxen oder Krankenhäuser, in denen sie behandelt werden, die Daten möglichst lückenlos ablegen und auch einsehen können. Sie können aber auch einzelne Daten sperren, die sie für besonders sensibel halten, etwa über psychische Erkrankungen, eine HIV-Infektion oder Abtreibungen.

Und sie können entscheiden, dass nur bestimmte Behandler einzelne Daten einsehen können: Dass zum Beispiel die Zahnärztin nicht sieht, welche Behandlungen der Frauenarzt vorgenommen hat.

Wie sicher sind die in der ePA gespeicherten Daten?

Die halbstaatliche Gesellschaft Gematik, die für die technische Umsetzung der elektronischen Patientenakte zuständig ist, ist überzeugt: Die ePA erfüllt höchste Sicherheitsstandards. Für die intensivere digitale Übertragung von Informationen im Gesundheitssystem wurde ein eigenes Datensystem aufgebaut, die sogenannte Telematik-Infrastruktur.

Die Server würden in Deutschland und anderen EU-Ländern gehostet, erklärt die Gematik. In den USA oder anderen Nicht-EU-Staaten erfolge keine Datenspeicherung. Außerdem würden sie nach der Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) der Europäischen Union betrieben und durch unabhängige Gutachter geprüft.

Entstehen den Versicherten Kosten?

Nein. Die Einrichtung der ePA ist für die Patienten kostenlos. Die Entwicklung der technischen Strukturen kostet nach verschiedenen Schätzungen zwar mehrere Milliarden Euro. Die Bundesregierung sieht aber auch das Potenzial für hohe Einsparungen, wenn etwa Doppel-Untersuchungen vermieden werden, und weniger vermeidbare Komplikationen auftreten.

Erhalten auch Privatversicherte eine ePA?

Die vom Bundestag beschlossene elektronische Patientenakte ist nur für gesetzlich Krankenversicherte vorgesehen. Viele private Krankenversicherer wollen ihren Kunden ebenfalls die Möglichkeit eröffnen, Daten digital zu speichern und auszutauschen. Die verschiedenen privaten Anbieter arbeiten dabei allerdings primär jeweils für sich und sind auch unterschiedlich weit bei ihren Plänen vorangeschritten.

Wie weit verbreitet ist die ePA derzeit?

Die Zahl der freigeschalteten elektronischen Patientenakten liegt bei gut einer Million und wächst langsam. Das heißt, dass weniger als zwei Prozent der 73 Millionen gesetzlich Versicherten eine ePA eingerichtet haben.

Gibt es künftig zwei Patientenakten: Eine von der Gematik und eine von der jeweiligen Krankenkasse?

Ab nächstem Jahr sollen zwar alle eine ePA eingerichtet bekommen, doch es wird keine "Einheits-ePA" der Gesellschaft Gematik sein. Vielmehr werden weiterhin die Krankenkassen die ePAs ihrer jeweiligen Versicherten betreuen.

Was sind zentrale Kritikpunkte an der elektronischen Patientenakte?

Es gibt weiterhin Stimmen, die den Datenschutz bei der ePA für nicht ausreichend gegeben halten. Doch bei allen großen Verbänden, die mit der Gesundheitsversorgung zu tun haben, herrscht Einigkeit, dass die Chancen die Risiken deutlich überwiegen. Spitzenverbände von Ärzten, Zahnärzten, Kliniken und Apothekern bemängeln allerdings in einer gemeinsamen Erklärung, es fehlten "elementare Bestandteile, die für eine nutzenstiftende Verwendung im Versorgungsalltag benötigt werden". So sei beispielsweise keine Volltextsuche der Inhalte einer elektronischen Patientenakte möglich.

Der Sozialverband VdK warnt davor, dass nur Menschen, die mit modernen Smartphones oder Computern arbeiten, wirklich gut mit der ePA umgehen können. Es müsse ein möglichst barrierefreier Zugang gewährleistet werden, fordert der VdK.

Dieser Artikel ist erstmals am 15.02.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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