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Verena Bentele

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Verena Bentele: Paralympics-Frauen an der Weltspitze

Das deutsche Team hat bei den Paralympics in Pyeongchang für viel Edelmetall gesorgt. Verena Bentele, Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, ist seit ihrer Geburt blind und hat selber 12 Goldmedaillen daheim.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bayern 2-radioWelt: Die deutsche Mannschaft schlägt sich beachtlich in Pyeongchang. Allerdings fällt auf, dass die Medaillen fast alle auf das Konto von Frauen gehen.

Verena Bentele, Behindertenbeauftragte der Bundesregierung und Medaillenträgerin: Das ist mit Sicherheit damit zu erklären, dass wir im Moment einfach ganz herausragende weibliche Athletinnen haben. Andrea Eskau ist eine ganz tolle Biathlon-Athletin im Rollstuhl und hat schon ihre dritte Goldmedaille gewonnen bei diesen Paralympics. Und wir haben mit Anna Schaffelhuber, Anna-Lena Forster zwei herausragende Frauen im Alpinsport. Bei den Männern haben wir gerade in meiner ehemaligen Mannschaft im Langlauf und Biathlon Männer, die noch ein bisschen jünger sind, die noch im Nachwuchsbereich sind. Aber bis die an die Weltspitze kommen, dauert es einfach noch ein bisschen. Aber natürlich hoffen wir, dass wir dann in vier Jahren in Peking noch mehr Medaillen gewinnen, weil dann die Männer auch zuschlagen und nicht immer Frauen, die Anna, Anna-Lena oder Andrea heißen.

Bayern 2-radioWelt: Haben Sie mit einem so überragenden Erfolg dieser Frauenmannschaft gerechnet?

Verena Bentele: Das habe ich natürlich gehofft, weil in Sotschi die paralympische Mannschaft im Biathlon, im Alpin und im Langlauf wirklich super war. Deshalb habe ich auch damit gerechnet. Aber das ist natürlich nie ein Selbstläufer, weil die Weltspitze immer enger zusammenrückt. Und auch in anderen Ländern werden die Bedingungen für paralympischen Sport immer besser. Manchmal fährt man zu den Paralympics dann mit einer gewissen Unsicherheit hin, weil natürlich auch neue Athletinnen und Athleten auftauchen, die man noch nicht kannte. Deshalb kann man vorher nie so ganz wissen, wie es läuft. Und das andere ist natürlich: Beim Alpinsport ist immer wichtig, dass man konzentriert fährt und nicht ausscheidet. Beim Langlauf - vor allem beim Biathlon - ist natürlich neben der Laufform auch noch das Schießen wichtig. Schießen ist neben Können immer auch ein ganz klein wenig Glück.

Bayern 2-radioWelt: Neben Ski alpin, Biathlon und Langlauf waren wir auch im Rollstuhl-Curling am Start. Nicht vertreten ist die deutsche Mannschaft beim Eishockey und beim Snowboard. Warum?

Verena Bentele: Gerade beim Snowboard hoffe ich, dass wir tatsächlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem deutschen Behindertensportverband auch die Trendsportarten ein bisschen nach oben bringen - und auch mal in Deutschland eine Halfpipe haben, an der ein professionelles Training möglich ist. Das wäre auch im Para Snowboard total klasse. Im Ice Sledge Hockey ist für mich auch ein bisschen die Frage, warum wir da eigentlich bisher nicht so eine tolle Mannschaft hatten. Für Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder eine Beinbehinderung haben, ist Ice Sledge Hockey ein richtig toller Sport - mit Schlitten auf dem Eis, da geht es richtig ab. Ich habe mir das jetzt in Pyeongchang angeschaut: Es war wahnsinnig toll mit richtig Körpereinsatz, ein schnelles Spiel. Ich kann wirklich nur Werbung machen.

Bayern 2-radioWelt: Wie gut ist die Förderung des Behindertensports in Deutschland generell - sowohl was den Breitensport angeht, als auch den Leistungssport?

Verena Bentele: Was sicherlich immer besser wird sind die Rahmenbedingungen für Leistungssport. Sie sind noch nicht perfekt, aber sie werden besser. Wir haben einige Sportlerinnen und Sportler, die beispielsweise beim Zoll angestellt sind oder im öffentlichen Dienst, und dann freigestellt werden. Und das ist schon der richtige Weg, dass wir ermöglichen, dass Karriereplanung und Sport Hand in Hand gehen. Das ist ganz wichtig. Andererseits, was für mich immer noch ein ganz großes Problem ist, ist die Förderung im Breitensport. Wir haben immer noch nicht so viele barrierefreie Sportanlagen oder genügend flächendeckende Sportangebote, dass alle Menschen mit Behinderungen auch inklusiv mit Menschen ohne Behinderung Sport treiben können. Und da wünsche ich mir noch deutlich mehr. Wir sehen auch, dass wir immer noch deutlich zu wenig Nachwuchs haben, auch im paralympischen Sport, und die Mannschaften können ruhig noch viele neue Sportler vertragen.