Smartphone zeigt Check-In mit Luca-App
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Ein Smartphone zeigt die Zeit, die seit einem Check-In mit der Luca-App vergangen ist.

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Kampf gegen Corona: Hat die Luca-App noch eine Zukunft?

Die Luca-App wirbt mit neuen Funktionen für Nutzer und Gesundheitsämter. Doch die Kritik am Konzept der App ist groß, ihr Nutzen umstritten, die Kosten hoch. Weil eine andere App immer mehr Anhänger findet, könnte der Luca-App das Aus drohen.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie ist die Kontaktnachverfolgung ein wichtiger Baustein. Natürlich gibt es auch einige Apps für diesen Zweck, Marktführer ist aber die Luca-App. Sie kommt seit April 2021 in 13 Bundesländern, darunter Bayern, zum Einsatz. Mehr als 300 Gesundheitsämter sind inzwischen angeschlossen, die App wurde mehr als 40 Millionen Mal heruntergeladen.

In der Luca-App meldet man sich einmal mit seinen persönlichen Daten an. Man kann dann bei Veranstaltungen einchecken, indem man den QR-Code des Veranstalters scannt - oder seinen eigenen QR-Code scannen lässt.

Die Gesundheitsämter sind gleich mit dabei

Alleinstellungsmerkmal von Luca ist, dass die App die Gesundheitsämter direkt in sein System einbindet. Erfährt das Gesundheitsamt von einem Corona-Fall, beantragt es vom Gastgeber einer Veranstaltung die Freigabe der Kontaktdaten aller Personen, die zum fraglichen Zeitpunkt anwesend waren. Mit diesen Daten können die Gesundheitsämter alle Kontaktpersonen über den Corona-Fall und die nötigen Konsequenzen informieren - direkt in der Luca-App.

In der neuesten Version der Luca-App soll es eine verschlüsselte Chat-Funktion geben, über die personalisierte Direkt-Nachrichten zwischen Gesundheitsämtern und den Anwendern ausgetauscht werden können.

CCC kritisiert Sicherheitslücken

Doch seit dem Start von Luca ist die Kritik an der Konstruktion der App nie abgerissen. Datenschutz-Aktivisten, vor allem aus dem Chaos Computer Club (CCC), kritisieren die zentrale Datenspeicherung und eine Reihe von Sicherheitslücken wie etwa die neue Funktion, seinen Impfstatus in den zum Check-In-genutzen QR-Code aufnehmen lassen. Dem CCC zufolge ist es nämlich möglich, ein gefälschtes Impfzertifikat in den QR-Code zu integrieren.

Immer wieder wird auch die Kosten-Nutzen-Frage gestellt. Die Kosten für Lizenzen und die Installation bei den Gesundheitsämtern belaufen sich auf etwas mehr als 20 Millionen Euro. Der CCC spricht von einem "Millionengrab für die Steuerzahler".

Gesundheitsämter nutzen Luca-App kaum

Ende April ergab eine Anfrage des CCC, dass nur drei der damals 137 angeschlossenen Gesundheitsämter die Luca-App-Daten überhaupt für die Kontaktverfolgung genutzt hätten. Allerdings befand sich Deutschland zu dieser Zeit weitgehend in einem Lockdown. Patrick Hennig, Geschäftsführer von Nexenio, der Firma hinter der Luca-App, spricht von höheren Zahlen: "Wir hatten im April/Mai/Juni dauerhaft ca. 180 bis 190 täglich aktive Gesundheitsämter, die Kontakte nachverfolgt haben", schreibt er BR24.

Einer Spiegel-Umfrage im August zufolge hätte die Hälfte der ans Luca-System angeschlossenen Gesundheitsämter noch nie Daten damit abgefragt. Insgesamt seien in rund 130 Fällen Luca-Daten in Geschäften und Restaurants abgefragt worden, rund 60 Mal hätten die Daten geholfen, Infektionsketten nachzuverfolgen - bei insgesamt 130.000 Neuinfektionen.

Viel mehr ist es offenbar noch immer nicht: Auf der Luca-Website steht, dass es innerhalb der letzten 14 Tage 128 Anfragen durch Gesundheitsämter an Betreiber gegeben hat. Es seien mehr als 160.000 Kontaktdaten angefragt worden. Dabei hätten die Gesundheitsämter 5500 Hinweise auf ein mögliches Infektionsrisiko und 1700 Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko ausgespielt, wie eine Luca-Sprecherin auf BR24-Anfrage schreibt.

Jens Rieger vom CCC Freiburg ist der Ansicht, dass die Luca-App nicht zur Infektionsbekämpfung geeignet ist: "Jede Person, die im Moment noch die Luca-App benutzt, muss sich im klaren sein, dass sie in aller Regel nicht gewarnt werden wird, dass sie selbst keinen Beitrag in der Warnung anderer leisten wird." Selbst dann nicht, wenn Sie positiv getestet werde und ihre Infektion proaktiv einem Gesundheitsamt melden würde.

Luca-Verträge mit den Ländern laufen im März 2022 aus

Die Verträge, die Nexenio mit den Bundesländern geschlossen hat, laufen noch bis Ende März 2022. Ob alle 13 Länder ihre Luca-Lizenz verlängern, ist allerdings höchst fraglich. Der hessische SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann bezeichnet die Luca-App als "Geldverbrennungsmachine" und rät den Bundesländern davon ab, neue Verträge zu schließen, wie er der Welt sagte.

Brandenburg denkt sogar schon über einen vorzeitigen Luca-Ausstieg nach, weil die Landes-Datenschutzbeauftragte die zentrale Datensammlung für unzulässig hält. Und Bayern? Ende November teilte das bayerische Digitalministerium auf BR24-Nachfrage mit, dass über eine Verlängerung der Luca-Lizenz und das weitere Vorgehen noch nicht entschieden sei.

Auch bei Luca kann man noch nicht viel sagen: "Wir sind in Gesprächen mit den Ländern. Derzeit hat sich unserem Kenntnisstand noch kein Land für oder gegen eine Verlängerung der Lizenzen entschieden", schreibt die Luca-Sprecherin auf BR24-Anfrage.

Kontaktdatenerfassung nicht mehr überall vorgeschrieben

In den acht Monaten seit dem Start der Luca-App haben sich auch die Rahmenbedingungen geändert. Im April sahen die Infektionsschutzgesetze der Bundesländer noch eine generelle Pflicht zur Erfassung von Kontaktdaten vor. Einige Länder haben die Kontaktdatenerfassung gelockert, in Bayern ist sie zum Beispiel nur noch bei Veranstaltungen in Innenräumen mit mehr als 1000 Besuchern vorgeschrieben.

Außerdem wird in einigen Ländern auch die Nutzung der Corona-Warn-App (CWA) als Mittel zur Unterbrechung von Infektionsketten anerkannt. Die CWA erhebt im Gegensatz zur Luca-App keine personenbezogenen Daten, sondern warnt ihre Nutzer, wenn sie eine kritische Zeitspanne in kurzem Abstand mit Personen in Kontakt waren, die mit dem Coronavirus infiziert sind.

CWA als Alternative zur Unterbrechung von Infektionsketten

Auch ins Bundes-Infektionsschutzgesetz ist die CWA vor kurzem aufgenommen worden: Um Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können, sei die QR-Code-Registrierung der Corona-Warn-App ein geeignete Alternative zur Kontaktdatenerfassung. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Luca-App vor diesem Hintergrund ihre Verträge mit den Bundesländern verlängern kann oder nicht.

Transparenzhinweis: Wir haben im Vergleich zur ersten Version dieses Artikels noch die Stellungnahme des Nexenio-Geschäftsführers zu den Nutzungszahlen der Luca-App im Frühjahr ergänzt und hinzugefügt, dass Deutschland damals weitgehend im Lockdown war.

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