Wie der Kunstverein Ahlen auf seiner Internet-Seite mitteilt, gehe es zum fünfzigjährigen Jubiläum der "68er" darum, den "Mythos in seiner historischen Midlife-Crisis" zu würdigen. Viele Künstler hätten sich mit Arbeiten beworben, gewonnen haben schließlich Evelyn Möcking und Daniel Nehring aus München. Sie hätten nach einem "vielstundenlangen Gespräch" Rainer Langhans überredet, ihnen ein "einzelnes" Schamhaar für die "künstlerische Forschung" zu übergeben. Das überzeugte offenbar die Ahlener Jury. Ein Mythos sei durch diese Kunstaktion "profaniert" worden.
"Gleich einer Reliquie"
Die Arbeit ist zweiteilig: Eine Skulptur zeigt das mit Gold bedampfte Schamhaar auf einer kreisrunden Metall-Fläche. Dazu gibt es eine Videoprojektion, die ein Mikroskop-Bild zeigt. Die Künstler beschreiben ihr Anliegen so:
Beide Teile der Arbeit entspringen aus dem Verfahren der Raster-Elektronenmikroskopie. So ist die Goldbedampfung Voraussetzung für die REM-Untersuchung des Objekts; die verschiedenen Einstellungsmodi sind Grundlage für die Auswahl des Bildausschnitts. Durch die Goldeinfassung und auratische Aufladung des Objekts erinnert der Prozess an Konservierung oder Transformation, vor allem aber an Sakralisierung, liegt doch am Ende – einer Reliquie gleich – ein ca. 3cm durchmessenes Artefakt vor. Die Videoprojektion bildet hierzu einen Gegenpol: In nüchterner Manier wird das Schamhaar einer wissenschaftlichen anmutenden Betrachtung unterzogen; das Haar als Objekt erscheint auf den ersten Blick näher. Detaillierter. Gleichzeitig drängt sich das Verfahren selbst in der Vordergrund und abstrahiert den Blick auf das Haar. - Evelyn Möcking und Daniel Nehring
"Alles echt, nichts wahr"
Die Jury hält die Installation für so ein ebenso "abstruses" wie "scheinbar rationales" Denkmal für den Mythos der 68er. Es sei "fast eine kleine, flimmernde Kapelle" entstanden, ein abgedunkelter neuer Raum gegen das "Profane":
Der Film ist das Dokument einer technischen und abstrakten Annäherung an ein Schamhaar - er entwickelt dabei hochkomplexe Ästhetiken des Suchvorgangs, welche nur unter dem Elektronenraster sichtbar werden. Natürlich kann dabei das REM nicht etwas zeigen oder beweisen, was der rationale Verstand als sinnvolle Analyse auffassen könnte. Dennoch entwickelt sich entlang dieser "unsinnvollen" Analyse eine eigene Schönheit, an der alles "echt" ist und dennoch nichts einer wissenschaftlichen Wahrheitsfindung dient. - Stellungnahme der Jury
Die Ausstellung ist noch bis zum 10. Juni im Kunstverein Ahlen zu sehen.