Bildrechte: Komödie im Bayerischen Hof

Liebe auf dem Holzsteg

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Liebe auf dem Holzsteg: "Mirandolina" in München

Es ist das beliebteste Stück von Carlo Goldoni, dem Meister der Stegreifkomödie: Die muntere Wirtin Mirandolina lässt nichts anbrennen, zischt Brunello- und Primitivo-Wein und knackt auch hartnäckige Frauenverächter. Nachtkritik von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Sie ist wie all die anderen Frauenzimmer, die auf eine gute Partie aus sind: Zuerst umgarnen sie uns mit seidenen Fäden und ziehen dann langsam - krrrrrk - zu! - Der "Cavaliere von Ripafratta"

Ja, genauso ist sie, die fidele Wirtin Mirandolina, die in Venedig eine Herberge betreibt. 1753 hat sie Carlo Goldoni, der Meister der italienischen Stegreif-Komödie erfunden, oder besser gesagt gefunden, denn irgendein Vorbild wird er sicher gehabt haben. Er schrieb für die Marktplätze und holte sich dort auch seine Inspiration. An der Komödie im Bayerischen Hof in München brachte Intendant Thomas Pekny das muntere Stück auf die Bretter, was in diesem Fall wörtlich zu verstehen ist: Als sein eigener Ausstatter hatte er eine ironische Venedig-Kulisse entworfen.

Es fehlen nur die Kreuzfahrtschiffe

Leinwände mit Markusplatz-Motiven stehen herum, der Boden steht unter Wasser, alle müssen über hölzerne Laufstege balancieren, und einer trägt vorsorglich Anglerhosen. Es fehlen eigentlich nur die monströsen Kreuzfahrtschiffe, die in der Lagunenstadt ja derzeit für Aufregung sorgen.

Man muss ja bedenken, das Stück ist ein Vierteljahrtausend alt, und es ist so modern! Die Frauenfigur ist eine so unglaublich emanzipierte Frau. Jede Frau würde sich heutzutage wünschen, so emanzipiert und so frei und so selbstbewusst durchs Leben gehen zu können wie diese Mirandolina. Ich glaube, Goldoni war gar nicht bewusst, welche Figur er da geschaffen hat. Und es war ja völlig ungewöhnlich. Es hat mit der Aufklärung der damaligen Epoche ganz viel zu tun, dass so etwas überhaupt möglich war. - Thomas Pekny

Augenzwinkernder Frauenverächter

In der Tat erstaunlich, dass die selbstbewusste Mirandolina vier Männer gleichzeitig in Schach hält. Mariella Ahrens spielt das souverän und ohne Klamauk, Michele Oliveri ist ein augenzwinkernder Frauenverächter, der natürlich blitzschnell bekehrt wird. Herrlich eine Szene, in der Brunello- und Primitivo-Wein kreist. Bei den Nebendarstellern dagegen wird teils arg derb und unbeholfen grimassiert. Leider funktioniert auch das Schäkern mit dem Publikum nur selten: Bei Goldoni wurde häufig improvisiert, da mussten die Schauspieler keck und vorwitzig sein, den Zuschauern die Gedanken von der Stirn ablesen. Das ist nicht jedermanns Sache. Die Blicke ins Publikum wirkten eher hilflos. Gleichwohl hat sich Thomas Pekny, der sonst als erfolgreicher Bühnenbildner gefragt ist, mit der Regiearbeit einen Wunsch erfüllt.

Naja, ungewohnt ist es schon, aber es ist schon lange ein Wunsch, weil, wenn man in der Hochschule "Kommunikation im Raum" zwanzig Jahre vermittelt und "Mittelpunktsfiguren" verortet, dann möchte man das an einem Theater und mit einem Stück, das einem sehr am Herzen liegt, mal gerne selber machen. - Thomas Pekny

Kunstsinniger Spediteur

Und noch ein Wunsch ging in Erfüllung: Im teuren München hat die Komödie im Bayerischen Hof endlich neue Probenräume gefunden, und zwar bei einem Spediteur im Stadtteil Pasing.

Der Inhaber dieser Spedition ist ein unglaublich kunstsinniger Mensch, der auf Kulturreisen geht, und sich freut, dass er niemand in seinen Hallen hat, der Dosen oder Konserven verkauft, sondern dass Theatermenschen ein und aus gehen, und das ist schon sehr motivierend. - Thomas Pekny