Eine Taverne in einem kleinen italienischen Küstenstädtchen. Dort sitzt der Mitt-Sechziger und Ex-DIA-Agent Robert McCall (Denzel Washington) allein an einem Tisch als die Mafia vorbeischaut. Rüde Kerle, die sofort die anwesenden Gäste drangsalieren. Der Jüngste, Anführer der Bande und Bruder eines Don, setzt sich an McCalls Tisch. Und der Kinozuschauer weiß, dass es gleich unangenehm wird. Allerdings nicht für McCall.
Eine Szene aus "The Equalizer 3" unter der Regie von Antoine Fuqua, der mit "Training Day" 2002 berühmt wurde und seitdem immer wieder mit Denzel Washington zusammenarbeitet. Der gewann für "Training Day" den Darsteller-Oscar. Zwei Könner, die sich dem anspruchsvollen Unterhaltungskino verschrieben hatten. Damals.
Washington erneut als Ein-Mann-Killermaschine
Spätestens seit 2014 nehmen beide es damit nicht mehr so genau. Ihr auf einer TV-Serie basierendes "Equalizer"-Franchise bietet Action-Rächer-Kino mit Washington als Ein-Mann-Killermaschine auf der rechten Seite des Gesetzes – schließlich war McCall mal Marine und dann DIA-Agent und hat sich stets für die kleinen, die schwachen Leute engagiert. Einer, der eine bessere Welt hinterlassen will als die, in der er lebte, so stellte ihn der erste Teil vor. Da wollte er u.a. eine Prostituierte aus den Klauen eines russischen Kartells befreien. Zuerst mit dem Versuch, ihre Freiheit mit seinem Ersparten zu erkaufen. Und als das nicht klappte, brachte er alle Gangster um. Innerhalb weniger Sekunden. Wie eine Art sportlicher Übung. Das wurde am Ende der ersten beiden Teile dann auf eine Art Killer-Parkour ausgeweitet: Washington brachte mal in einem Baumarkt, in Teil 2 dann in einer vom Hurrikan gepeitschten Küstenstadt seine Gegner mit innovativen (und höchst brutalen) Methoden zur Strecke. In "The Equalizer 3", Untertitel: "The Final Chapter", ist nun die sizilianische Mafia dran, die das beschauliche Örtchen, wo sich McCall von einer Schussverletzung erholt, terrorisiert. Denn McCall denkt über Ruhestand im warmen Süden nach.
So geht Rentner-Action!
Doch ist diese Art des Haudrauf nur die eine Seite dieser Serie. "The Equalizer" steht auch ganz in der noch gar nicht so alten Tradition Hollywoods, Männer im Rentenalter als Kampfmaschinen in den Ring zu schicken. Gestandene und innerlich auch teils gebrochene Kämpfernaturen, die als Single durch das letzte Lebensdrittel driften, sich um Kontakt zu ihren erwachsenen Kindern bemühen müssen und eigentlich stets auf der Suche nach Relevanz sind. Und dann plötzlich wieder unverzichtbar werden, als die Not Anderer sie dazu beruft, ihre Fähigkeiten im Nahkampf, in der Recherche, im Töten auszuschöpfen.
Gerade Denzel Washingtons Figur McCall übt sich dabei im Verkünden von Lebensweisheiten, unterstreicht gern, was es bedeutet, ein aufrechter Mann zu sein. So wird versucht zu überdecken, dass diese alten Recken am Ende aber doch nur eiskalte Killer sind. Und somit wenig besser als die, die sie jagen. Doch will diese Art Kino gar nicht analysieren, sind die Plots doch eher holzschnittartig und einfach konstruiert, um den Rächer auf die Mission zu schicken.
Begonnen hat dieser Trend 2008 mit dem kleinen, aber überraschend erfolgreichen Thriller "Taken – 96 Stunden" mit dem Iren Liam Neeson in der Hauptrolle. Seine 20-jährige Tochter wird beim Paris-Besuch von Menschenhändlern entführt, Neeson, natürlich Ex-CIA, heftet sich kurzerhand im Alleingang an die Fersen der Übeltäter. Einen Tag später stapeln sich in Paris die Leichen. Unorthodox, rau, krachig – "Taken" ist heute ein Action-Klassiker, zog genau wie später "The Equalizer" Fortsetzungen nach sich. Diese Erfolge inspirierten u.a. auch 80er-Jahre-Actionstar Sylvester Stallone zu seiner "Expendables"-Filmreihe, wo er es mit alten Haudegen wie Dolph Lundgren als Söldner gewaltig krachen lässt. Teil 4 kommt im Herbst. So geht Rentner-Action!
Solange der Rubel rollt, bleibt Originalität Nebensache
Hollywood gibt sich wenig Mühe, in all diesen Filmen seine Lust an Gewalt zu verstecken. Aufwendig und blutig wird auch in "The Equalizer 3" das Recht des Stärkeren oder hier des Gerechten illustriert, wird der Selbstjustiz gefrönt. Das ist alles nicht neu, einsame Kämpfer für das Gute faszinieren uns, seit wir uns Geschichten erzählen. Daran ist auch nichts falsch. Es wäre nur schön, wenn gerade Hollywood dieser Art Actionkino endlich etwas Originelles, Neues hinzufügen würde. "The Equalizer 3" ist nur ein Aufguss des ersten Teils, verlegt nach Italien. Somit eigentlich überflüssig, moralisch zwiespältig. Und doch, Denzel Washington bleibt eine Präsenz auf der Leinwand. Mit seinen 68 Jahren nehmen wir ihm die Action hier noch ab, schauen ihm auch in diesem Film gern zu. Das ist nicht wenig, bleibt aber dann doch das Einzige, was für "The Equalizer 3" spricht.
"Equalizer 3 " kommt Donnerstag in Deutschland in die Kinos.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
Mehr Kino? Hier geht’s zu kinokino in der ARD-Mediathek.