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Newscomer bilden Redaktionsteams mit geflüchteten Journalisten

Die Initiative Newscomer will geflüchtete Journalisten mit deutschen Lokaljournalisten zusammenbringen, damit sie als Tandem arbeiten. Um den Blick zu ändern und um JournalistInnen aus Syrien, Afghanistan, Afrika auch selbst zu Wort kommen zu lassen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Medien am .

Aladdin Almasri und Clara Lipkowski sitzen im Lokalbüro der Süddeutschen Zeitung in Freising. Sie arbeiten an einem neuen Artikel von Aladdin. Er ist seit zwei Jahren in Deutschland. In seinem Heimatland Syrien war er Journalist.

Aladdins Notizen sind auf arabisch. Er schreibt auf Englisch. Clara übersetzt den Text mit ihm gemeinsam ins Deutsche.

"Wichtig ist, dass er den Freiraum hat, zu arbeiten, wie er das gelernt hat. Er ist ausgebildeter Journalist, deswegen zieht er ja auch alleine los und macht das so wie er das gelernt hat. Ich will eben auch, dass es sein Text ist nachher und dass nicht ich da Teile ersetze oder so. Sondern das ist das, was er geschrieben hat und so soll’s dann auch erscheinen.“

Die beiden sind Teil des Projekts "Newscomer", das geflüchtete Journalisten mit Lokalredakteurinnen und -redakteuren in ganz Deutschland zusammenbringt. In Tandems recherchieren sie zu Themen ihrer Wahl und berichten über ihren Alltag in der deutschen Provinz. Jessica Schober ist eine der Gründerinnen, die das Projekt seit 2016 ehrenamtlich stemmen.

Die Gründerinnen und Gründer von "Newscomer" sind überzeugt, dass Journalisten wie Aladdin eine große Bereicherung für die Vielfalt in der deutschen Medienlandschaft sind.

"Da sind neue Themen, die auf einmal in den Lokalmedien stattfinden. Die lagen auch vorher schon auf der Straße, aber jetzt gibt’s eben Leute, die die auch erzählen können.“ sagt Jessica Schober.

Das Projekt dauert ein Jahr. In dieser Zeit werden die Tandems vom Gründerteam begleitet. Außerdem treffen sie sich an drei Wochenenden, um mit Referenten in Workshops zu Mentoring und journalistischen Darstellungsformen zu arbeiten. Die Workshops werden gefördert von der Stiftung für Lokaljournalismus "vor Ort NRW". Außerdem haben die vier Gründer ein Crowdfunding gestartet. Doch der ständige Kampf um Fördermittel zehrt an Jessica Schober, die zusätzlich Vollzeit als freie Journalistin arbeitet.

"Momentan wissen wir noch nicht wie’s weiter geht. Es fehlt nach wie vor eine strukturelle Unterstützung. Es gibt wenig Fördermittel für lokaljournalistische Projekte, die so arbeiten.“ Jessica Schober

Die Newscomer-Gründer wollen so lange weitermachen, wie es geht. Genug Anfragen hatten sie schon im ersten Durchlauf. Ein Sprungbrett soll das Projekt für die beteiligten Geflüchteten sein, wenn auch vielleicht nichts für immer, meint Jessica Schober:

"Langfristig muss man sich natürlich auch fragen: Wollen Menschen mit einer Fluchterfahrung überhaupt immer auf diese Rolle reduziert werden? Ich kann mir gut vorstellen, dass es Newscomer vielleicht irgendwann gar nicht mehr braucht. Ich wünsche mir, dass Redaktionen diverser werden und Medien vielfältiger.“

Aladdin Almasri jedenfalls gibt das Projekt fürs Erste Hoffnung und Ansporn:

"When you live outside and you lose everything, you have two choices: to smile and to try to continue, and to be sad and destroy yourself. So also if I am not happy, I try to smile. Always. I learn myself to smile.”
Wenn du nicht in deiner Heimat lebst und alles verloren hast, hast du zwei Optionen: lächeln und versuchen weiterzumachen, oder traurig sein und sich selbst zu zerstören. Also, selbst wenn ich nicht glücklich bin, versuche ich zu lächeln. Immer. Ich bringe mir selber das Lächeln bei." Aladdin Almasri