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"Münchner Note": Museen fordern mehr Bildrechte im Netz

Deutsche Museen haben ihre Bestände längst online katalogisiert - viele Werke dürfen sie aber wegen des strengen Urheberrechts im Internet nicht abbilden. Für die öffentliche Präsenz der Sammlungen ist das ein Problem. Von Julie Metzdorf

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

18 Museen, 25.000 Kunstwerke, eine Sammlung – mit diesem Slogan präsentiert sich der noch junge Online-Katalog der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Seit vergangenem Herbst ist er für jedermann im Internet frei abrufbar. Mehr als 1.300 Werke sind zum Beispiel in der Abteilung "Altdeutsche Malerei" gelistet, die meisten davon mit Bild. Dürers Selbstbildnis etwa, mit den wichtigsten Angaben – Bildgröße, Technik, wie es ins Museum kam.

Im Netz nur Alte Meister?

Ebenfalls mehr als 1.300 Werke gehören zum Museum Brandhorst, doch neben den Texten wird kein einziges Bild angezeigt. Warum das so ist, erklärt Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen: "Die Museen besitzen Kunstwerke aus Jahrhunderten und Jahrtausenden. Wir wollen diese in der Datenbank online sichtbar machen und stoßen dabei an Grenzen. Natürlich können wir Dürer, Rembrandt und Rubens zeigen, aber wir können diejenigen nicht zeigen, für die das Urheberrecht noch gilt, nämlich die Künstler, die noch nicht 70 Jahre tot sind."

Kein Geld für Bildrechte

25.000 Datensätze hat der Online-Katalog, davon können 15.000 aus rechtlichen Gründen nicht gezeigt werden, jedenfalls nicht kostenfrei. Natürlich könnten die Häuser die Bildrechte kaufen, bei einigen ausgewählten geschieht das ja auch. Aber dann müssten die Rechte für jedes einzelne Werk geklärt und bezahlt werden. Bernhard Maaz: "Wir müssten 300.000 Euro zahlen nur für Warhol."

Natürlich ist dafür kein Geld da. Informationen bezieht man heutzutage nun mal über das Internet und das Internet ist bildaffin – was nicht zu sehen ist, existiert praktisch nicht. Hinzu kommt eine völlig falsche Wahrnehmung hinsichtlich der kunsthistorischen Bedeutung der Künstler. Die Pferde und Rehe von Franz Marc sind – "dank" seines frühes Todes im Ersten Weltkrieg – heute omnipräsent. Erich Heckel, ebenfalls deutscher Expressionist der ersten Stunde, hatte aber das Glück, bis 1970 zu leben. Unser Pech: Seine Werke werden erst 2040 frei verfügbar sein.

Die "Münchner Note" fordert Sonderregelungen

Eine für eine bildwissenschaftliche Institution definitiv unbefriedigende Situation. Auf einer Tagung hat man sich im Herbst mit Kollegen anderer Häuser, mit Justiziaren, Philosophen und technischen Spezialisten beraten.

Das Ergebnis ist die jetzt veröffentlichte "Münchner Note", ein Aufruf, der sich direkt an den Gesetzgeber wendet. Museen, Bibliotheken und Archive wollen als Bildungseinrichtungen eine Sonderstellung eingeräumt bekommen – ähnlich wie es derzeit etwa auch möglich ist, kostenfrei Kopien von Werken für den Unterricht an Schulen zu machen. Die Rechteinhaber sollen sehr wohl abgegolten werden, aber eben pauschal. Anke Schierholz, Justiziarin der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst: "Wir als VG Bild vertreten 95 Prozent der geschützten Kunst, aber da sind immer noch fünf Prozent offen, für die müssten die Museen direkt an die Urheber herangehen und das ist ein unglaublicher Aufwand. Es leiden ja auch die Künstler darunter, dass praktisch das zeitgenössische Repertoire nicht sichtbar ist."

Öffentlichkeit heißt auch Internet

Das zweite Problem ist ein technisches: 2014 hat der EuGH das sogenannte "Framing" erlaubt. Jeder, der will, kann beispielsweise ein Bild Picassos von den Seiten der Staatsgemäldesammlungen mit seiner eigenen Website verlinken – ohne zu fragen, ohne zu zahlen. Werke, die einmal online stehen, sind damit praktisch vogelfrei, Autohäuser können nun damit werben, rechte Parteien hetzen. Nicht nur Anke Schierholz hält diese Entscheidung des EuGH für ein Fehlurteil: "Das ist ja in der analogen Welt auch nicht so, dass ich ein Bild in der Süddeutschen abdrucken kann, nur weil es gestern schon in der FAZ war."

Um das Werk trotzdem zu sichern, müssten die Museen das Framing technisch unterbinden – ein personeller Aufwand, den sie nicht stemmen können. Doch solange Framing erlaubt ist, wird kaum ein Künstler bzw. seine Verwertungsgesellschaft die Zustimmung zur Erstveröffentlichung im Netz geben. Forderung Nummer zwei der Kulturinstitutionen sowie der VG Bild-Kunst lautet damit: Framing muss gesetzlich eingeschränkt werden.

Bildungseinrichtungen wie Museen, Bibliotheken und Archive wollen ihre Werke nicht nur zeigen, es ist sogar ihre Pflicht, ihre Sammlungen öffentlich zugänglich zu machen. Und Öffentlichkeit beschränkt sich im 21. Jahrhundert nun mal nicht mehr auf irgendein Gebäude in München. Öffentlich heißt: im Internet. Das sollte auch die Politik verstehen.