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Guido Knopp

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Der Geschichts-Unterhalter - Guido Knopp wird 70

Guido Knopp war lange das Synonym für Geschichte im deutschen Fernsehen. Sein "Infotainment" machte ihn unter Historikern zur Reizfigur, Zeitzeugen bekamen bei ihm nicht mehr als 20 Sekunden am Stück - mit einer Ausnahme. Von Rainer Volk

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Nur wer sich was traut, wird was. Guido Knopp stellte sein Licht nie unter den Scheffel – und brachte es zum Geschichtserklärer des ZDF. Wirklich gut kannte er sich eigentlich nur beim Streit von SPD und USPD in der Weimarer Republik aus, seinem Promotionsthema. In späteren Berufsjahren war das aber egal. Da ordnete er die Welt auch bereits ein, wenn die Trümmer der jüngsten Entwicklungen noch rauchten.

Quote mit Hitler

Seitdem hat sich Europa erinnert: Geschichte ist immer offen – und die Bewohner des Kontinents sind weniger optimistisch. Doch war zu viel Theorie nie Knopps Sache: Er bevorzugte flott Formuliertes. Dafür verschaffte er sich, nach wenigen Lehrmonaten bei der "Bunten", der "Welt am Sonntag" und der FAZ, ab den 1990er-Jahren beim ZDF zunehmend Sendezeit. Die ersten Serien schlummern zumeist in den Archiven, sie waren bloße Fingerübungen für jene, bei denen der GRÖFAZ im Titel dabei war: "Hitlers Helfer", "Hitlers Krieger", "Hitlers Kinder" oder "Hitlers Manager".

Mit ihnen berieselte Knopp das Publikum um 20:15 Uhr, lief Arztschnulzen und anderen fiktionalen Produkten der Konkurrenz den Quoten-Rang ab. Es ist nicht übertrieben, ihm zu bescheinigen, dass er den Geschichtsboom im Land mit auslöste. Er machte ihn zum King auf dem Mainzer Lerchenberg, der Heimat seines Senders. Mit einer Truppe von 30 Mitarbeitern lieferte er eine Geschichts-Dokumentation nach der anderen.

Geschichte bebildern mit "szenischen Zitaten"

Der Spott von Professoren und Fernseh-Kollegen perlte an Knopp weitgehend ab. Zwar witzelten auch die eigenen Mitarbeiter über die Machart ihrer Geschichts-Fabrik: Kein Zeitzeuge dürfe länger als 20 Sekunden am Stück reden. Einzige Ausnahme: Der Papst. Dem genehmige Knopp 30. Doch wer ästhetisch anspruchsvollere Geschichte im Fernsehen vorgesetzt bekommen wollte, der musste halt bei Heinrich Breloers "Thomas-Mann"-Serie einschalten oder sich Zeit nehmen für Wiederholungen alter Dokumentationen von Eberhard Fechner.

Blenden, Kamerafahrten, fließende Übergänge und andere handwerkliche Feinheiten waren nicht Knopps Priorität. Er war bekennender Unterhalter, der auch Arbeiter und Angestellte nach deren Feierabend erreichen wollte. Holzschnitt ist auch Kunst, egal, wenn in nachgespielten historischen Szenen Geschichte zum Stadttheater schrumpfte. Knopp nannte diese Fernseh-Eselsbrücken ins Damals – vermutlich ohne Ironie – "szenisches Zitat".

Ein Archiv von Zeitzeugen-Interviews

Stolz war – und ist – er auf den Fundus an Interviews mit Zeitzeugen der deutschen Geschichte, aufgebaut in jahrelangen Fahrten mit einem Bus durch ganz Deutschland: "Diese Erfahrungen sind es wert, dass sie formuliert werden, weil man aus ihren Erfahrungen lernen kann, wie Menschen von der Geschichte auch durcheinander gerüttelt werden. All das ist es wert, in einem großen elektronischen Archiv 'Gedächtnis der Nation' aufbewahrt zu werden. Auch für künftige Generationen."

Die Bücher zu seinen Doku-Serien machten den gebürtigen Hessen nebenbei zum erfolgreichsten Sachbuch-Autor im Land. Verständlich, dass Knopp im vergangenen Herbst auch eine Autobiografie publizierte. Titel: "Meine Geschichte". Unschwer zu erraten: Der große Popularisierer der deutschen Vergangenheit im 20.Jahrhundert ist mit sich am 70. Geburtstag im Reinen.