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1568 mit Autorenporträt neu erschienen: Vasaris Künstlerviten

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Giorgio-Vasari-Ausstellung in München

Die Pinakothek der Moderne in München erinnert ab heute und bis zum 3. Juni an das Erscheinen eines der wichtigsten Bücher der Kunstgeschichte: Der zweiten Ausgabe der „Künstlerviten“ von Giorgio Vasari vor genau 450 Jahren. Von Stefan Mekiska

Gerade eine Woche lang werden einige der kostbarsten Blätter der Staatlichen Graphischen Sammlungen München im Vitrinengang der Pinakothek der Moderne zu sehen sein. Dann müssen die handgezeichneten Anatomiestudien von Michelangelo, die unendlich kostbaren Arbeiten von Raffael oder El Greco wieder in der Sicherheit und Dunkelheit der Archive verschwinden. Kurz nur kann man also wie ein Kenner alter Schule – nur getrennt durch ein Sicherheitsglas – ganz nah an die Blätter herantreten – und all die feinen Striche begutachten und vergleichen, den Disegno des jeweiligen Meisters. Das war auch für Giorgio Vasari der zentrale Begriff, dem er vor genau 450 Jahren die zweite, ausführliche Ausgabe seiner Künstlerviten gewidmet hat.

"Der Disegno ist zunächst einmal, wie er ja selbst sagt, der Vater der drei Künste: Der Malerei, der Skulptur, der Architektur. Und ihm ist es wichtig, dass auf keinen Fall die praktische Seite des Disegno vernachlässigt werden kann. Es ist die Bedingung jeder Kunst: das Vermögen, zeichnen zu können. Aber es ist eben auch der Unterschied der Kunst zum Handwerk, dass ein gewisses Ingenium in dieser Tätigkeit steckt, ein Vorstellungsvermögen, eine Erfindungsgabe, die sich ebenfalls in diesem Disegno als ein geistiger Effekt äußert und von diesem mitgetragen wird." Kurt Zeitler, Staatliche Graphische Sammlung

Der Architekt, Maler und Schriftsteller Giorgio Vasari veröffentlicht 1568 in der zweiten Ausgabe seiner Viten die Biographien von über 300 italienischen Künstlern, beginnend bei Cimabue, also im 13. Jahrhundert. Er verherrlicht wie seine Zeitgenossen die Kunst der Antike, deren Wiedergeburt – rinascita – er für seine Gegenwart erhofft. Damit erfindet er den Gattungsbegriff der Renaissance genauso wie den der Gotik - für die für ihn finstere Zeit dazwischen. Denn diese Goten konnten ja wirklich keine brauchbare Kunst hervorgebracht haben! Auch durch solche Begriffssetzungen gilt Vasari als Begründer der eigentlichen Kunstgeschichtsschreibung.

Kenner, Autor und Sammler

Sein persönliches Idol war Michelangelo. Giorgio Vasari besaß im Florenz des 16. Jahrhunderts selbst eine beachtliche Sammlung von bis zu 100 Zeichnungen. Zwei Blätter in der Ausstellung – von Antonio del Pollaiuolo und von El Greco – stammen aus ihr und wurden im 18. Jahrhundert von Kurfürst Karl Theodor aus Italien erworben. Man kann sich gut vorstellen, wie sich Vasari beim Verfassen seiner Künstler-Lebensläufe über seine Sammlung beugte und sich von ihr anregen ließ. Andererseits mischte er in seinen Texten auch munter Dichtung und Wahrheit. Mit einem gewissen Morto da Feltro, dem Verstorbenen aus Feltro, hat er sogar nachweislich einen Maler erfunden, den es nie gegeben hat.

"Er war sicherlich auch ein Literat, er war ein großartiger Schriftsteller, würde ich sagen, weil es ungeheuer unterhaltsam ist, diese Viten zu lesen. Wobei es natürlich häufig vorkommen kann, dass er ganz bestimmte Überzeichnungen von Persönlichkeiten vornimmt. Aber das darf ihm ja freigestellt sein, bzw. das darf auch einer späteren kunsthistorischen Kritik vorbehalten bleiben, da einiges richtig zu stellen." Kurt Zeitler