Iris Knobloch, Präsidentin des Filmfestivals von Cannes bei der Pressekonferenz zur Bekanntgabe des Festivalsprogramms 2023.
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Iris Knobloch, Präsidentin des Filmfestivals von Cannes bei der Pressekonferenz zur Bekanntgabe des Festivalsprogramms 2023.

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Eine Münchnerin an der Spitze des Filmfests in Cannes

Das Cannes-Filmfestival steht 2023 erstmals unter der Leitung einer Frau: Iris Knobloch wird als erste Präsidentin, die nicht aus Frankreich stammt, das Festival leiten. Eine Entscheidung, die nicht uneingeschränkt Beifall fand.

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Managerin und Rechtsanwältin Iris Knobloch ist im Filmgeschäft kein Neuling. Die gebürtige Münchnerin und Tochter der ehemaligen Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, leitete zuletzt für das US-Filmstudio Warner deren Frankreich- und Europa-Geschäft. Insgesamt war sie rund 25 Jahre für WarnerMedia tätig. Sie ist in Deutschland und den USA als Anwältin zugelassen, hat für die Bank Lazard und den Hotelkonzern Accor gearbeitet. 2021 gründete Knobloch zusammen mit dem französischen Milliardär Francois-Henri Pinault - Ehemann von Hollywoodstar Selma Hayek - die Special Acquisition Company I2PO. Ein laut dem Branchendienst deadline.com in Europa bisher einzigartiges Unternehmen, das in Entertainment- und Freizeitunternehmen investiert. Seit Anfang 2023 ist sie Vorsitzende des Verwaltungsrats des Streamingdienstes Deezer.

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Seit Anfang 2023 ist Iris Knoblich Vorsitzende des Verwaltungsrats des Streamingdienstes Deezer.

Ein Kino-Fan an der Spitze

Eine Frau, die sich auskennt mit großen Organisationen, Events. Die zudem das Kino liebt. Wurde sie doch von ihren Eltern schon von frühester Kindheit an mindestens zweimal pro Woche ins Kino mitgenommen. Knobloch ist erklärter Romy-Schneider-Fan. Sie soll , so berichtete es die FAZ, bei ihrer Anhörung als Kandidatin für die Cannes-Leitung den in Frankreich höchst verehrten François Truffaut zitiert haben: "Kino ist eine perfekte Mischung aus Spektakel und Wahrheit." Ist also Knobloch auch eine perfekte Kandidatin für die Leitung von Cannes? Möchte man meinen. Doch nicht alle sind zufrieden über die Nachfolgerin von Cannes-Präsident Pierre Lescure.

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Cannes-Festival-Leiter Thierry Frémaux und Iris Knobloch im April 2023

Es ist Knoblochs Nähe zur Industrie, die Kritiker auf den Plan ruft. Eine ehemalige Entscheiderin eines großen Hollywoodstudios meinte, das könnte für eine Favorisierung von Hollywoodfilmen gegenüber dem Weltkino im Cannes-Programm sorgen. So könnte das Weltkino in seiner Repräsentanz geschwächt werden, hat es doch an der Côte d’Azur seine größte Plattform. Kommerzialität könnte vor Kunst stehen. In Frankreich haben unter anderem deshalb bei der Auswahl der Cannes-Präsidentschaft Branchenverbände, Kritiker, Kinobetreiber und auch Filmemacher die "mangelnde Transparenz" des Wahlverfahrens beklagt, wie die FAZ berichtet. Was Knobloch mit Cannes machen wird, das ist allerdings Spekulation. Gerade auch, was den Vorwurf zu großer Kommerzialität angeht. Knoblochs Vorgänger Lescure stand, wie das Branchenblatt Blickpunkt Film unterstreicht, ebenfalls dem Kommerz nahe, leitete er doch von 1984 bis 2002 den Bezahlfernsehsender Canal+.

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Knobloch brachte "The Artist" im Wettbewerb von Cannes unter und bescherte seinen Machern einen Welterfolg und Preisregen.

Ein gutes Gespür für Erfolg einst mit „The Artist“

Dass Knobloch ein gutes Gespür für Erfolg und gute Filme - gerade auch für Cannes - hat, das bewies sie bereits 2011. Damals setzte Knobloch durch, dass der Film "The Artist" von Regisseur Michel Hazanavicius in den Wettbewerb eingeladen wird. In der französischen Branche überwog die Ansicht, der Schwarz-Weiß-Stummfilm sei zu mainstreamig für das exklusive Cannes. "The Artist" wurde ein Welterfolg, sein Hauptdarsteller Jean Dujardin gewann in Cannes den Preis für den besten Schauspieler, ein halbes Jahr später den Darsteller-Oscar, der Film holte vier weitere Oscars, darunter den Preis für den besten Film und für die beste Regie.

Knobloch wird zunächst drei Jahre ihr neues Amt ausüben. Als sie zur neuen Präsidentin ernannt wurde, sagte sie: "Als überzeugte Europäerin habe ich mich im Laufe meiner Karriere immer für das Kino eingesetzt, sowohl in Frankreich als auch auf internationaler Ebene, und ich freue mich, dass ich mein Bestes geben kann, damit dieses Weltereignis einflussreich bleibt." Es könnte schlechter um die Spitze des größten Filmfestivals der Welt stehen.

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