Bildrechte: Fabrizio Caperchi/Deutsches Theater München

Hauptdarsteller Giorgio Adamo

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Buddha in der Mucki-Bude: "Siddhartha" am Deutschen Theater

Buddhismus goes Tutti Frutti: In italienischen TV-Shows lassen Darstellerinnen ihre Bikinis wackeln, schwingen die Haare und seufzen von Liebe. Mehr Unterhaltung bietet auch das Musical "Siddhartha" leider nicht. Nachtkritik von Peter Jungblut

In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts war Hermann Hesse schwer angesagt: Sein Buddha-Roman "Siddhartha" (1922) begeisterte nicht nur Esoterik-Fans und Indien-Touristen. Auch die damalige Friedensbewegung war angetan von der oríentalischen Erleuchtungs-Prosa. Inzwischen ist Hesse ziemlich "out", der Buddhismus freilich bei westlichen Großstädtern und allen Sinnsuchern nach wie vor sehr gefragt.


Erleuchtung unterm Baum


Offenbar auch in Italien, denn dort produzierte Fabrizio Carbon sein Musical "Siddhartha", sehr frei nach Hermann Hesse. Inhalt: Der junge, verwöhnte Prinz Siddhartha langweilt sich im königlichen Schloss bei Faustkämpfen, Festen und Haremsdamen, und will endlich das "wahre Leben" kennen lernen. Daran wird er von seinem besorgten Vater lange gehindert. Als Siddhartha schließlich draußen, jenseits der Palastmauern, Elend, Krankheit und Tod sieht, ändert er sein Leben, findet unter einem Baum Erleuchtung und predigt fortan sehr erfolgreich die Bedürfnislosigkeit.


Ursprünglich Musical-Therapie für Häftlinge


Offenbar ist es sehr heiß in Nordindien, denn weder Siddhartha (Winnetou-Look: Giorgio Adamo), noch seine Freunde und Freundinnen haben viel am Leib: Regisseur Daniele Cauduro setzt voll auf Muckis und Bikinis. Kein Wunder, dass diese seichte Show kreuz und quer durch Italien tourte, wo seriöse Musiktheater seit langem vor sich hin darben und das Publikum seine Erwartungen offenbar inzwischen sehr weit abgesenkt hat. Ursprünglich war "Siddhartha" eine therapeutische Freizeit-Beschäftigung für Häftlinge eines Mailänder Gefängnisses: Die sollten beim Tanzen und Singen wohl ihren Testosteron-Spiegel senken. Das war sicher ein verdienstvolles Projekt. Doch die Show, die jetzt zu erleben ist, lässt leider alles vermissen, was "Siddhartha" hörens- und sehenswert machen könnte.


Wer war am längsten im Fitness-Studio?


Stattdessen wummern die Bässe ohrenbetäubend einfältig, säuseln die Streicher kitschtriefend, enttäuscht das einfallslose Show-Licht und wabert die Leinwand, als ob sich dahinter eine Lava-Lampe aufopfert. Choreograph Edgar Reyes lässt seine Darsteller dazu martialisches Krafttraining vorführen, nach dem Motto: Wer hat den längsten - Aufenthalt im Fitness-Studio? Gesungen wird mittelmäßig bis schaurig, und obwohl "Siddhartha" im italienischen Original ohne Übertitel gegeben wird, gab es kaum Verständnisschwierigkeiten: Der Wortschatz erschöpfte sich in wenig mehr als "padre", "madre" , "vita" und "amore". ORF-Tatort-Kommissar Harald Krassnitzer durfte dazu kurze erklärende Texte auf deutsch vortragen: Sie waren nicht mal erhellend, geschweige denn erleuchtend. Ein einmaliges Experiment des Deutschen Theaters München: Das muss möglich sein. Ein "interessanter" Abend - gelungen ist er leider nicht.