Bierbänke und (Klapp-)Biertische in Reih und Glied in einem mit Gras bewachsenen Biergarten.
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Basisdemokratie Biergarten: Biertische und Bierbänke laden zum Verweilen ein, zum Anstoßen, Trinken und sich Auszutauschen.

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Bierbank & Biertisch: Designklassiker oder Alltagsgegenstände?

Dichter haben sie besungen, Künstler verewigt: Die Bierbank und der dazu gehörige Klapptisch sind Möbel von schlichter Eleganz und höchster Effizienz. Sie gehorchen dem alten Design-Motto "Weniger ist mehr". Sind sie jetzt reif fürs Designmuseum?

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Das Schöne liegt oft im Einfachen. Nehmen wir die Bierzeltbankgarnitur. Ein Tisch, zwei Bänke, klappbare Beine: das berühmteste Serienmöbel der Welt. Eigentlich müsste sie längst zu den großen Klassikern des Möbeldesigns gezählt werden und im Museum stehen. Zum Beispiel in der Neuen Sammlung in München. Erkundigung bei Kurator Josef Straßer: "Ja, das ist so eine Frage: Ist es ein Designstück? Design ist eigentlich Gestaltung. Und dann muss man sich so eine Bierbank ganz genau anschauen, was ist daran gestaltet. Ist das jetzt schon Design eigentlich, ist es noch nicht wirklich Design? Das kommt jetzt drauf an, wie definiere ich das."

Seit über 70 Jahren in Gebrauch

Sagen wir es mal so: Ihr Design besticht durch Klarheit: Ein exakt 50 Zentimeter breites Holzbrett als Tisch, 25 Zentimeter schmale Bretter als Bänke. Länge zwei Meter 20, Kanten leicht gerundet, Oberfläche in der Urversion meist Orange. So sieht das Bier in den Maßkrügen besser aus, fand der Erfinder der Bierbankgarnitur, der Holzunternehmer Rudolf Kurz aus dem bayerisch-schwäbischen Illertissen. 1952 meldete er sein Patent an. Devise: Form follows function. Die Form ergibt sich aus der Funktion.

Demokratische Sitzordnungen

Die Sitzgelegenheit aus Bayern steht für klassenlose Weltoffenheit und Völkerverständigung. Auf dem Oktoberfest setzten sich die Bänke übrigens erst in den Siebziger Jahren durch, bis dahin gab es Stühle. Schunkeln war schwierig.

Inzwischen haben auch Künstler die Bierbank für sich entdeckt. Rolf Sachs goss sie für seine Werkserie "typisch deutsch" in Bronze. Der Designer Konstantin Grčić bestückte 2006 eine Ausstellung seiner Werke im Haus der Kunst mit einer Installation aus mäandernden weißen Bierbänken. Josef Straßer ordnet die Bierbank in eine große, designgeschichtliche Tradition ein: "Das ist ein Klappmöbel eigentlich. Und das ist eine lange Geschichte, eine alte Geschichte, das geht weit zurück über Tausende von Jahren. Eigentlich bis zu den alten Ägyptern."

Ja, Kleopatra saß schon auf einem Klappstuhl. Genauso wie die römischen und die deutschen Kaiser. Auf mittelalterlichen Burgen durfte der berühmte klappbare Scherenstuhl nicht fehlen.

Design oder un-designed? Das ist hier die Frage!

Nun aber zur alles entscheidenden Frage: Schafft es die Bierbank mit ihrer langen Tradition als funktionales Klappmöbel ins Museum? Wäre sie am Bauhaus erfunden worden, stünde sie wahrscheinlich schon längst in den Designsammlungen der Welt. Josef Straßer: "Zu den Stuhlklassikern würd' ich sie nicht nehmen. Aber das bedeutet ja nicht, dass sie nicht doch ins Museum kommt. Es gibt ja diese Richtung des ganz einfachen Design, diese Dinge, die so ganz selbstverständlich sind. Also sei's ein Aktenordner, sei's ein Tetrapack, das hat sich entwickelt im Lauf der Zeit, aus der Funktion, aus dem Gebrauch heraus. Und in diesen Kontext ist auch so eine Bierbank einzuordnen."

Es ist also nicht mehr die Frage, ob, sondern wann sie ins Museum kommt, die Bierbank. Und wenn nicht als Designklassiker, dann zumindest als bedeutsamer Kulturträger. Kein Fest ohne Bierbank.

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