Bildrechte: Loeffelberger/Landestheater Salzburg

Griff nach Liebe?

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Bella Italia: "Viel Lärm um Nichts" in Salzburg

Mit "Felicità" von Al Bano und Romina Power schunkelte sich das Publikum ein, mit "Ti Amo" ging es weiter: Shakespeare als Italo-Schlagerrevue wie in San Remo funktionierte unterhaltsam, aber auch etwas zu albern. Nachtkritik von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Erstaunlich: Der Weg von Freilassing oder Bad Reichenhall nach Sizilien dauert derzeit per PKW keine Viertelstunde - gut, mit dem Fahrrad vielleicht etwas länger. Hört sich zwar ausgesprochen merkwürdig an, wird aber jeder gern bestätigen, der im Salzburger Landestheater Shakespeares Komödie "Viel Lärm um Nichts" angesehen und angehört hat.

Taucher über dem Dorfplatz

Ausstatter Stefan Mayer hat einen typisch italienischen Dorfplatz entworfen: Ein plätschernder Renaissance-Brunnen, rechts und links Häuerfassaden mit winzigen Balkonen, gerade groß genug, um Klatsch und Tratsch auszutauschen. Hinten fällt der Blick auf die Strandpromenade, das Meer plätschert ruhig gegen allerlei pittoreske Felsen. Herrlich, hier würde der Zuschauer sofort einen Capuccino bestellen, hier sind die aktuellen März-Temperaturen sofort vergessen. Irritierend ist allerdings ein Taucher im Neopren-Anzug, der über dem Dorfplatz schwebt und sich auf der Tintenfisch-Jagd offensichtlich gehörig verschwommen hat.

Mafiosi ohne Socken

Regisseur Andreas Gergen hat sich also vom fiktiven Handlungsort Messina inspirieren lassen bei dieser Italo-Schlagerrevue mit Shakespeare-Einlagen. Gesungen wird in Sizilien ja tatsächlich viel, am meisten vermutlich dort, wo es garantiert keinen Anlass dazu gibt. Gergen, eigentlich hoch talentierter Spezialist für Musicals, zeigt einen satirischen Bilderbuch-Süden, in dem es lauter Rätsel zu lösen gilt, aber wir Touristen haben ja jede Menge Zeit dafür. Warum tragen Mafiosi keine Socken? Warum sprudelt der Dorfbrunnen nur sporadisch? Warum können die Carabinieri sich keine Fremdwörter merken?

Italiener tanzen Techno

Warum sind selbstklebende Kuverts lustig? Letzteres ist natürlich schnell geklärt, nachdem eine österreichische Präsidentenwahl an der unzuverlässigen Laminierung von Umschlägen scheiterte. Anderes ist schwerer aufzudröseln, etwa, warum sich die Drehbühne mehrmals unvermittelt in Bewegung setzt oder warum die schlagerseligen Italiener dann doch lieber zur Techno-Musik tanzen. Witzig ist dieser Shakespeare-Abend und nach gut zwei Stunden auch schnell vorbei, und doch geriet Andreas Gergen gerade im zweiten Teil manches all zu albern, zu oberflächlich, zu nichtssagend.

Eitelkeit, Eifersucht, Schadenfreude

In dieses Regiekonzept passte sozusagen nur der Text einer unterhaltsamen Postkarte, doch "Viel Lärm um Nichts" hat eigentlich noch ein paar Zeilen mehr zu bieten, ist es doch eine von Shakespeares reiferen Komödien, in der sehr intelligent über die Unfähigkeit zu lieben geplaudert wird. Alle stehen sich hier im Weg mit ihrer Eitelkeit, Eifersucht, Schadenfreude oder Begriffsstutzigkeit. Und weil die Liebe mit Einsicht zu tun hat, braucht sie ein paar Akte, bis alle vereint auf der Bühne stehen. Dies wird im Salzburger Landestheater eine Spur zu unverbindlich weg geträllert, wenngleich Sophie Berner als Beatrice mit ihrer samtigen Stimme wirklich beim Schlager-Wettbewerb in San Remo antreten könnte.

Blick aus der Bau-Sünde

Auch Sascha Oskar Weis als ihr störrischer Lover Benedikt brachte sein "Ti Amo" robust über die Rampe. Andere haderten etwas mit ihren Gesangseinlagen und klangen wie Animateure am Morgen nach der Strandparty. Aber auch das war nicht weiter schlimm, sondern passte vorzüglich zur mediterranen Urlaubskulisse, die hier angedeutet war - übrigens mit feiner Ironie, denn bei genauerer Betrachtung war der fantastische Meerblick von massivem Beton eingerahmt. Ein sublimer Hinweis darauf, dass derjenige, der aus einer Bausünde herausschaut, meist nicht so zu leiden hat wie jemand, der davor steht.

Konnte Shakespeare Schlager?

Geschossen wird übrigens auch, wie bei der echten Mafia, aber das Blutbad, das urplötzlich aus der Kanalisation herein bricht, das bildet sich der Boss der Bosse dann doch nur ein, es ist ja eine Komödie. Viel Beifall für einen vergnüglichen Shakespeare-Abend ohne schlechtes Gewissen - denn mit Sicherheit konnte der Meister alle Schlager seiner Zeit auswendig.


Wieder am 19., 27. und 28. März, sowie weitere Termine.