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Ralf Wohlleben (M) sitzt am 16.01.2014 im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts in München (Bayern) neben seiner Anwältin Nicole Schneiders.

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Wieso NSU-Helfer Ralf Wohlleben jetzt frei ist

Er hatte dem "Nationalsozialistischen Untergrund" die Mordwaffe beschafft - jetzt ist Ralf Wohlleben aus dem Gefängnis entlassen worden, genau eine Woche nach seiner Verurteilung im NSU-Prozess zu zehn Jahren Haft. Warum? Antworten von Thies Marsen

Warum ist Ralf Wohlleben jetzt frei?

Es war zu erwarten, dass Ralf Wohlleben so kurz nach dem Urteil freikommt. Denn das Münchner Oberlandesgericht hat ihn vor einer Woche zwar zu zehn Jahren Haft verurteilt, Wohlleben wurde allerdings schon im Dezember 2011 – also nur wenige Tage, nachdem die Terrorgruppe NSU aufgeflogen ist – festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft, also seit sechs Jahren und acht Monaten.

Damit hat er bereits mehr als zwei Drittel der Strafe, zu der er verurteilt wurde, abgesessen. Und nach dieser Zeit kann ein Strafgefangener ohnehin darauf hoffen, freigelassen zu werden. Und auch wenn das Urteil gegen Ralf Wohlleben noch nicht rechtskräftig ist – unter Umständen gibt es ja eine Revision vor dem Bundesgerichtshof – so ist wohl nicht zu befürchten, dass er sich durch Flucht einer möglichen höheren Strafe entzieht. So sieht es das Oberlandesgericht und so sieht es auch die Bundesanwaltschaft.

Es fragt sich allerdings, warum Wohlleben dann nicht gleich am Tag des Urteils entlassen wurde, so wie sein Mitangeklagter André E. Der kam letzten Mittwoch noch im Gerichtssaal frei, zur Empörung und zum Entsetzen der Hinterbliebenen der Mordopfer des NSU. Vermutlich wollten die Richter vermeiden, dass die Empörung noch größer wird, weshalb der Haftbefehl gegen Wohlleben erst jetzt aufgehoben wurde.

Weshalb wurde Wohlleben verurteilt?

Ralf Wohlleben hat die berühmt-berüchtigte Ceska 83 mit Schalldämpfer besorgt, also jene Pistole, mit der der NSU neun Menschen mit türkischer und griechischer Herkunft ermordete. Davon ist das Oberlandesgericht München überzeugt und hat ihn deshalb wegen Beihilfe zum neunfachen Mord verurteilt: zu zehn Jahren - zwei Jahre weniger als von der Bundesanwaltschaft gefordert.

Ralf Wohlleben war mit den NSU-Mitgliedern Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt vor deren Untertauchen eng befreundet. Und er hat den engen Kontakt gehalten, als der NSU schon die ersten Attentate verübte. Er hat Geld für die drei organisiert, war so etwas wie der legale Arm des NSU. Viele halten ihn deshalb für das vierte Mitglied des NSU. Die Bundesanwaltschaft hat ihn aber nicht wegen Mitgliedschaft angeklagt, deshalb konnte das Oberlandesgericht ihn auch nicht deswegen verurteilen.

Welche Rolle spielt Wohlleben in der rechten Szene?

Noch während er den NSU im Untergrund unterstützte, machte Wohlleben Parteikarriere in der NPD, war Kommunalpolitiker und zeitweise stellvertretender Landesvorsitzender in Thüringen. Später hat er versucht, in Jena ein Neonazi-Zentrum aufzubauen, das sogenannte "braune Haus". Nach seiner Verhaftung wurde er in der extrem rechten Szene zum Märtyrer stilisiert. Es gab Solidaritäts-Kundgebungen, T-Shirts und CDs. Auch Einnahmen von Rechtsrock-Konzerten sollen ihm zugute gekommen sein.

Dass er weiter überzeugter Neonazi ist, hat Wohlleben schon durch die Wahl seiner Anwälte klar gemacht. Unter ihnen ist ein ehemaliger NPDler, der einstige Musiker einer Rechtsrockband und der Ex-Chef der verbotenen Wiking Jugend, der im Plädoyer vor dem Oberlandesgericht eine halbe Stunde lang Adolf Hitler und andere NS-Größen zitiert hat. Wenn Wohlleben jetzt frei kommt, wird er vermutlich als Held in die Neonazi-Szene zurückkehren.